Recht und Gerechtigkeit: Ein Märchen aus der Provinz (German Edition)
nicht erreichen können, die Nebenklägerin zum Opfer eines bösen Mannes zu erklären. Es folgte eine Stunde, in der das Gericht noch einmal die Trauer- und Wutarbeit deutlich werden ließ, die erforderlich gewesen war, damit am Ende die Rationalität siegen konnte. »Erbärmlich« hat Schwenn diese Umwandlung einer Freispruchsbegründung in eine Pressekonferenz genannt, in der das Gericht die Staatsanwaltschaft und sich selbst für die Verfahrensführung lobte, die Medien rügte, meinen Verteidiger Schwenn als »respektlos« schalt, sich im Übrigen bemühte, den tragenden Grund des Freispruchs, die Unglaubhaftigkeit der belastenden Aussage, zu verschleiern und ansonsten nach allen Kräften gegen mich nachzutreten. Schwenns Charakterisierung ist nichts hinzuzufügen.
Die zwanzig größten Unwahrheiten rund um das Gerichtsverfahren
1.Frau Dinkel sei von Kachelmann vergewaltigt un d / oder bedroht worden.
2.Frau Dinkels gerichtliche Aussagen seien glaubwürdig gewesen, sie sei »im Kerngeschehen« bei ihrer Aussage geblieben und habe sich nicht in Widersprüche verstrickt.
3.Birkenstock habe das Mandat niedergelegt und nicht Kachelmann ihm das Mandat entzogen.
4.Es habe eine »Schlacht der Gutachter« gegeben.
5.Die »Schweizer Zeugin« Toini L. habe Kachelmann einer Gewalttat belastet.
6.Die »Schweizer Zeugin« Toini L. sei eine Exfreundin von Kachelmann.
7.Verena C., Marlen P. oder sonst irgendeine ehemalige Bekannte Kachelmanns seien jemals von ihm in irgendeiner Form bedroht worden.
8.Johann Schwenn habe im Gerichtssaal geschrien un d /oder auf den Tisch gehauen.
9.Die Vernehmung von Exfreundinnen des Angeklagten diene der Wahrheitsfindung.
10.Prof. Dr. Bernd Brinkmann sei befangen gewesen.
11.Dinkels Traumatherapeut, Professor Seidler, könne den Vorwurf beweisen.
12.Die Beweisaufnahme habe lediglich Zweifel an der Schuld von Kachelmann ergeben.
13.Kachelmann habe empfangene SMS auf seinem Handy systematisch gelöscht, um etwas zu verschleiern.
14.Kachelmann habe gesendete SMS auf seinem Handy gelöscht, um etwas zu verschleiern.
15.Kachelmanns Unschuld sei in dem vierundvierzig Tage dauernden Prozess nicht erwiesen worden.
16.Das Gericht sei unbefangen gewesen.
17.Es habe ein Zeitloch gegeben nach der angeblichen Tat.
18.Kachelmann habe seine Aussage vor dem Haftrichter später korrigiert.
19.Frau Birkenstock habe Kachelmann in den Prozesspausen psychologisch betreut.
20.Kachelmann habe während des Prozesses Beruhigungsmittel eingenommen.
Am 6. Juni 2011, nach Einlegen der Revision durch Staatsanwaltschaft und Nebenklage, war in der Onlineversion des Schwarzwälder Boten unter der Überschrift »Kachelmann-Prozess: Verfahren geht in die Verlängerung« Folgendes zu lesen:
»Kein Wunder, dass sich in Justizkreisen nun hartnäckig Gerüchte halten, in den Tagen vor dem Urteilsspruch habe es Absprachen zwischen Staatsanwaltschaft, Gericht und Nebenklage gegeben.
Demnach sollen sowohl Thomas Franz, Anwalt von Kachelmanns Ex-Geliebter, als auch die Staatsanwaltschaft dem Gericht angesichts der mangelnden Beweise signalisiert haben, dass sie im Fall des Freispruchs nicht in Revision gehen würden. Im Gegenzug soll das Gericht angekündigt haben, in der Urteilsbegründung eine Abrechnung mit Kachelmanns Anwalt Johann Schwenn, aber auch mit dem Wettermoderator vorzunehmen, um diesem die Geltendmachung zivilrechtlicher Ansprüche zu erschweren. In der Tat hatte der Richter scharfe Kritik an Kachelmanns Top-Verteidiger Schwenn für dessen Verhalten im Prozess geübt und ihm ›mangelnden Respekt‹ gegenüber allen Beteiligten vorgehalten.«
Ob diese Gerüchte aus Justizkreisen zutreffen, kann ich nicht sagen. Aber falls es so gewesen wäre, dann passte es ins Bild.
Abb. c
Nach dieser trostlosen Stunde wusste ich bereits, wie der Medientenor ausfallen würde. Ich hatte mir ohnehin vorgenommen, auch nach dem 31. Mai 2011 genauso herauszufahren, wie ich es bei den vielen Prozesstagen zuvor gehalten hatte: mit einem abgeschalteten Gesichtsausdruck, zu dessen Herstellung ich mir keine Mühe geben musste, denn die Abscheu vor den Geiern, die sich um die beste Position an Andrea Combés Auto rauften, war echt, und nichts lag mir ferner als ein Blickkontakt oder ein Zeichen des Triumphs. Sie waren so beeindruckt von unserer Ausfahrt, dass sie sich für das Schweizer Auto hinter uns kaum interessierten, in dem Reto Caviezel, Martin Kurer und Miriam zum ersten und letzten Mal die Tiefgarage des
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