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Recht und Gerechtigkeit: Ein Märchen aus der Provinz (German Edition)

Recht und Gerechtigkeit: Ein Märchen aus der Provinz (German Edition)

Titel: Recht und Gerechtigkeit: Ein Märchen aus der Provinz (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jörg Kachelmann , Miriam Kachelmann
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einem Spielfilm und einem Making-of. In Zukunft werden neben dem fachlich kompetenten und zeichnungsberechtigten Journalisten Jurist/innen sitzen, die Assistentin, die recherchiert hat, und [geprüft hat, Ergänzung JK ], ob man die Bilder publizieren darf, wird in Sitzungen bis zum definitiven Redaktionsschluss Belege liefern müssen. Kachelmann und seine Anwälte haben uns Medienschaffende vereist, wie kaum jemand zuvor, und auch vereint.«
    Die Krokodile jammerten darüber, dass sich ihre Beute wehrte. Dazu passt, dass Paparazzi gegen mich wegen Verletzung der Persönlichkeitsrechte klagen, weil ich Fotos ins Internet gestellt habe, die Paparazzi auf der Jagd auf mich zeigen. Es sieht so aus, als ob sich Paparazzi untereinander in ein Paralleluniversum gelogen haben, jenseits von Recht und Gewissen, in dem sie glauben, dass ihnen jeder Mensch hilflos ausgeliefert sein müsse. Erst Monate nach dem Freispruch nahm der Paparazzodruck langsam ab, und vorübergehend schlich sich ein Hauch von Normalität ins Leben zurück.
    Die schriftliche Urteilsbegründung war, wie zu erwarten, kein komplettes Zurückrudern von der mündlichen Vorstellung unmittelbar nach dem Freispruch, der versucht hatte, Claudia Dinkel so gut wie möglich vor Strafverfolgung zu schützen. Und obwohl es einen gewissen Charme gehabt hätte, die ganze Sache vor einem unvoreingenommenen, wahrheitssuchenden und rational würdigenden Gericht erneut verhandelt zu sehen, hat auch ein rechtskräftiger Freispruch viel Schönes.
    Bis zum bitteren Ende hat das überforderte Mannheimer Gericht nicht verstanden, dass ich in meinen ganzen Handyzeiten die Speicherung der gesendeten Kurznachrichten immer ausgeschaltet habe, sodass sie einfach nicht zu finden sein konnten . Und weil es ein relativ altes Handy war, habe ich empfangene Nachrichten ab und zu wahllos gelöscht. Wenn ich die umfängliche Urteilsbegründung richtig verstanden habe, ist das der Hauptgrund, warum es nur zu einem »in dubio pro reo« gereicht hat – obwohl es das, noch mal, eigentlich gar nicht gibt. Freispruch ist Freispruch.
    Dass die Nebenklägerin und die »Beziehungszeuginnen«, sollte ich eine wahnsinnig verdächtig-belastende SMS bekommen oder versandt haben, diese ebenfalls besitzen müssten, hat das hohe Gericht nicht weiter beeindruckt. Dass keine dieser Personen auch nur behauptet hat, eine merkwürdige SMS verschickt oder erhalten und diese leiderleider gelöscht zu haben, hat für das Gericht keine Rolle gespielt. Offenbar war man es sich schuldig, die Feststellung meiner erwiesenen Unschuld selbst mit den dünnsten Begründungen zu vermeiden. Oder die hohe Kunst des Weglassens zu üben, damit die Beweisketten in die richtige Richtung abbrechen.
    Anders als die Staatsanwaltschaft stellte das Gericht jedenfalls positiv fest:
    »Die Nebenklägerin hatte damit dem Vorschlag des Angeklagten zugestimmt, an diesem Abend nach seiner Ankunft zuerst den Geschlechtsverkehr miteinander auszuüben und erst ›später‹ zu essen.« [S. 28]
    In den Feststellungen des Gerichts gibt es eine zeitliche Lücke zwischen meinem Eintreffen und dem wann auch immer eingenommenen Abendessen mit anschließendem Trennungsgespräch. Festgestellt wird auch ein Geschlechtsverkehr, der sich zu einem unbekannten Zeitpunkt ereignet habe und von dem unbekannt geblieben sei, ob er einvernehmlich stattgefunden habe oder nicht. Zu den vom Oberlandesgericht Karlsruhe angesprochenen mangelhaften Angaben der Nebenklägerin darüber, warum, wieso und weshalb sie von dieser einvernehmlichen Planung plötzlich abgewichen sein will und welches Gespräch sich darüber entwickelt habe, heißt es in der gewundenen Beweiswürdigung:
    »Vor diesem Hintergrund erschien es zumindest nicht überwiegend wahrscheinlich, dass der Angeklagte das abweichende Setting, welches sich ihm nach den Angaben der Nebenklägerin bei seiner Ankunft präsentierte, völlig kommentarlos hingenommen hätte. Die entsprechenden Angaben weckten daher Zweifel.« [S. 196]
    Das war’s. Da bricht etwas ab, bevor es beginnt. Zu der »Scharnierfunktion« dieser unglaubhaften Erklärung meiner Falschbeschuldigerin, die das Oberlandesgericht für untersuchenswert hielt, wird kein Wort verloren. Schließlich erfolgte diese Diskussion nur bei der Untersuchung meiner Aussage, deren Realitätsgehalt freundlicherweise immerhin als »möglich« bezeichnet wurde. Die unglaubhafte Aussage einer Frau dient also dazu, meine Aussage als möglich zu erachten. Leben

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