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Recht und Gerechtigkeit: Ein Märchen aus der Provinz (German Edition)

Recht und Gerechtigkeit: Ein Märchen aus der Provinz (German Edition)

Titel: Recht und Gerechtigkeit: Ein Märchen aus der Provinz (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jörg Kachelmann , Miriam Kachelmann
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die Justiz in Baden-Württemberg wollte offenbar aus irgendeinem Grund ganz doll, dass ich ein Verbrecher war und auch bitte konsequent wie einer behandelt würde.
    Draußen vor dem Tor der erwartete Bohei. Es war immer klar, dass ich keinen Pieps sagen, sondern gleichmäßig geradeaus gucken und warten würde, bis es vorbei ist, um anschließend in den Birkenstock’schen Landrover zu steigen, um dann zum ersten Mal den Kampf mit den Paparazzi anzunehmen. Es war, wie ich schon vermutet hatte: Die Freiheit machte mich nicht euphorisch, denn ich hatte vor Augen, dass der Kampf womöglich vor Gericht erst richtig losgehen würde. Die psychologischen Implikationen angesichts dieser Richterpersönlichkeiten, die vom Oberlandesgericht desavouiert worden waren, waren mir bewusst. Derselben 5. Großen Strafkammer, die mich mit grotesker Verzweiflung zum Verbrecher machen und mich im Knast behalten wollte, würde ich wiederbegegnen, und sie würden sicher alles dafür tun, dem OLG Karlsruhe zu beweisen, dass Mannheim besser ist als Karlsruhe, und vor allem, dass Mannheim das letzte Wort hat vor dem Gang zum Bundesgerichtshof.

Teil III
    Die Entlassung

29.07.2010 Jörg Kachelmann wird ohne Auflagen freigelassen. Er fährt mit seinem Verteidiger Birkenstock nach Köln und wohnt einige Tage in einem Kölner Hotel.

Es ist nicht alles gut
    Draußen.
    Zuerst meine Mutter und meine Kinder anrufen, große Freude allenthalben. Beim ersten Stopp an der Tanke wünschte ich mir eine Cola light. Es ist zwar ein Mädchengetränk, weshalb man es im Knast nicht im Einkauf zur Verfügung hat, aber entscheidend war, dass es ein kühles Getränk ist – im Knast war mangels Kühlschrank immer alles warm.
    Den ersten längeren Stopp legten wir in Maria Laach ein, ich zündete Kerzen an und dankte im stillen Gebet für meine Freilassung. Wir hatten die Paparazzi zwar abgeschüttelt, aber die Leserreporter der Bild -Zeitung sind ja so weit konditioniert, dass sie für wenig Geld ihre Seele sowie die Bilder aus ihrer Handykamera verkaufen. Alles fühlte sich sehr wenig nach Freiheit an, eigentlich war ich auf der Flucht.
    In Köln angekommen, gab es in der Birkenstock-Villa den ersten Schluck Alkohol seit langer Zeit (sieht man von dem einen Apfelweinversuch im Knast ab). Das bisschen Weißwein knallte schnell, der Körper wundert sich sehr, selbst bei Kleinstmengen. Nach hundertzweiunddreißig Tagen des Entzugs der Selbstbestimmung war ich noch nicht in der Lage, selbständig zu denken und die letztlich wohl nicht wirklich gute Idee meines Anwalts zu verhindern, sich in einem italienischen Restaurant in der Kölner Innenstadt zu treffen. Ich wollte eigentlich nicht gleich in die Öffentlichkeit, und noch war mir nicht bewusst, wozu das in der Medienstadt Köln führen musste: Der Belagerungszustand des Restaurants setzte bald ein und alles nur, weil die Botschaft ausgesendet werden sollte: »Seht her, er ist frei, wir haben es geschafft!«
    Prof. Dr. Tilman Elliger, der nicht lange da war und mögliche gutachterliche Aspekte diskutierte, wurde zum Opfer dieser grotesken Veranstaltung, denn die Bild -Zeitung stempelte ihn prompt zum »Party-Gutachter«. Letztlich war es ein misslungener Abend, ein anwesender Jurist sah wegen der deutschen Eigenheit, dass am Ende wieder das Gericht zuständig ist, das einen schon vor dem Prozess verzweifelt im Knast behalten wollte, die Sache rabenschwarz: »Die Chance für ’ne Verurteilung sehe ich bei siebzig zu dreißig.« Das war genau das, was man als frisch aus dem Gefängnis Entlassener in einer Runde von zunehmend heiterer werdenden Menschen hören möchte.
    Ich wollte nicht schon wieder fotografiert werden und saß deshalb zusammen mit einem der Söhne Birkenstocks in der komplett dunklen Kneipe und hoffte, dass die Paparazzi aufgeben würden. Knast reloaded, nur diesmal im Dunkeln und hundemüde und noch nicht einmal schlafen dürfend.
    Schließlich entschieden wir dann nachts um vier, doch in ein Taxi zu hechten. Was für ein erbärmlicher, gehetzter Abschluss eines Tages, der eigentlich ein guter hätte werden sollen! Das Ganze endete in einem Kölner Hotel und dann dort erstmals mit der Erfahrung, vom eigenen Anwalt angebrüllt und zusammengeschissen zu werden. Diese Erfahrung wiederholte sich, aber ich sollte erst in vier Monaten den Mumm haben, daraus die Konsequenzen zu ziehen.
    Miriam hatte gegenüber den Birkenstocks bereits bei ihrem ersten Treffen so ihre Zweifel, wie ihre Schilderung

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