Recht und Gerechtigkeit: Ein Märchen aus der Provinz (German Edition)
bestünde auch, sollte die Mangelhaftigkeit der Aussage der Nebenklägerin zum Kerngeschehen mit dem Todesangst bedingenden Messereinsatz (Trauma) erklärt werden. Den Einsatz des Messers gälte es erst zu beweisen. Grundsätzlich gilt, dass sachverständige Erklärungen konkrete Feststellungen zum Tatgeschehen nicht entbehrlich machen (vgl. auch BGH , NStZ 1986, 373 a.E).
[…]
Bei der Würdigung der Aussagen der Nebenklägerin können Bestrafungs- und Belastungsmotive nicht ausgeschlossen werden, da sie in Anbetracht des Bestrebens der spätestens seit Septembe r/ Oktober 2009 durch Hinweise auf eine Verbindung zwischen dem Angeklagten und […] verunsicherten Nebenklägerin nicht fernliegen, dem Angeklagten eine Parallelbeziehung nachzuweisen und ihn damit ggf. zu kon frontieren. Als die Nebenklägerin ihrerseits am 8 ./ 9.2 . 2010 mit dem Eingeständnis des Angeklagten konfrontiert wurde, kam dies für sie einer Lebenslüge, gepaart mit einer fundamentalen Erschütterung ihres eigenen Selbstwertgefühls (›Ich bin gestorben‹) gleich, die Wut auf den Angeklagten, Hass, Rachegedanken und Vergeltungswünsche mit der Möglichkeit bewirkt haben könnten, ›Gleiches mit Gleichem‹ zu vergelten.
[…]
IV.
Unter Anlegung des bei der gegebenen Fallkonstellation ›Aussage gegen Aussage eines nur teilweise glaubwürdigen Zeugen‹ zu beachtenden strengen Prüfungsmaßstabes gelangt der Senat bei der gebotenen Gesamtwürdigung vorgenannter Tatsachen und Umstände und der daraus resultierenden Beweislage zu der Auffassung, dass jedenfalls zum gegenwärtigen Stadium des Verfahrens dringender Tatverdacht i. S. d. § 112 Abs. 1 StPO nicht mehr besteht.
Dahinstehen kann infolgedessen, ob in der Person des Angeklagten der Haftgrund der Fluchtgefahr (§ 112 Abs. 2 Nr. 2 StPO ) derzeit noch gegeben ist, was angesichts der persönlichen und – auch inländischen – beruflichen Bindungen des Angeklagten und seiner Erklärung vom 26.7.2010, ernsthaft und fest entschlossen zu sein, sich auch im Fall seiner Freilassung der Hauptverhandlung zu stellen, dort zu seinen Lebensführungsfehlern zu stehen und wegen des Anklagevorwurfs um seine Rehabilitierung zu kämpfen, fraglich sein könnte (vgl. hierzu Senat, 2005, 33 mit Anm. Hilger).
Der angefochtene Beschluss sowie der Haftbefehl verfallen damit der Aufhebung. Sollte der Angeklagte indes der auf den 6.9.2010 anberaumten Hauptverhandlung unentschuldigt fernbleiben oder diese eigenmächtig verlassen, würde dies freilich den Erlass eines Haftbefehls nach § 230 Abs. 2 StPO rechtfertigen.
Die Kosten- und Auslageentscheidung folgt aus einer entsprechenden Anwendung des § 467 Abs. 1 StPO .
Schwab
Vorsitzender Richter am Oberlandesgericht
Schmid
Richter am Landgericht
Münkel
Richter am Oberlandesgericht«
Zwei Minuten später waren alle Blätter durch in der JVA Mannheim, wo man herzhaft »scheiße« gesagt haben wird. Ist er also womöglich doch unschuldig. Das Theater der Knastchefs, dass ich doch endlich gehen möge, wurde immer größer, und irgendwann ging ich dann wirklich los, zog mich noch um, achtundsiebzig Kilo schwer, auf eins neunzig verteilt, und hatte zufällig das weiße Hemd an. Es war halt gewaschen und lag zuoberst, ich machte mir keine Gedanken um Außenwirkung, und wer mich nachher und vorher in den karierten Lumberjacks gesehen hat auf dem Paparazzo- und den anderen Fotos, weiß, dass mir mein Outfit herzlich egal ist.
Ich bekam das beschlagnahmte Nicht-Euro-Geld zurück, dazu meinen Koffer und meine Tasche, die ich aber zunächst noch in der JVA zurückließ. So vollbepackt aus der Tür zu kommen, stellte ich mir blöd vor, ich wollte die Hände freihaben, um mich von G. zu verabschieden. Er war nicht nur für mich wichtig in den Wochen meiner Knastzeit. G. ist zwar ein Raubauz, der auch ein wenig findet, dass es die Verbrecher fast ein bisschen zu gut haben, aber ich muss mir nicht in jeder Beziehung mit einem Menschen einig sein, vor dem ich Respekt habe. Ich hatte ihn gefragt, ob er mich vors Tor begleitet, denn er war neben René meine wichtigste Bezugsperson. Damit wollte ich durchaus auch das Statement abgeben, dass es im Mannheimer Justizwesen echte Menschen gibt, nicht mehr und nicht weniger. Es würde mich nach all dem, was ich über die Chefs der JVA und deren seltsame Zusammenarbeit mit den Staatsanwälten weiß, nicht wundern, wenn G. für den kameradschaftlichen Abschied später viel Ärger von seinen Vorgesetzten bekommen hätte –
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