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Recht und Gerechtigkeit: Ein Märchen aus der Provinz (German Edition)

Recht und Gerechtigkeit: Ein Märchen aus der Provinz (German Edition)

Titel: Recht und Gerechtigkeit: Ein Märchen aus der Provinz (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jörg Kachelmann , Miriam Kachelmann
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beweist.

Miriams Sicht: Der Anwalt
    Nach ungefähr fünfundvierzig Minuten des Wartens vor der Raststätte »Wetterau« sah ich ein schwarzes Auto einparken, ich stieg aus und ging langsam zu ihm hin. Eine Frau holte gerade etwas aus dem Kofferraum, sah mich und warf mir einen schwer identifizierbaren Blick zu, um dann wieder in den Kofferraum zu schauen. Ich weiß noch, dass mich das verunsicherte. Der Fahrer ging ums Auto herum.
    Wir begrüßten uns, er stellte zuerst sich als Jörgs Anwalt Birkenstock und anschließend seine Frau vor – sie sagte nichts zu mir. Sie schenkte mir nur erneut einen durchdringenden Blick. Wir gingen gemeinsam in die Raststätte. Ich war voller Fragen und konnte kaum erwarten zu hören, wie es Jörg ging, was überhaupt passiert war, wie es jetzt weiterginge, wann er rauskäme und so weiter. Die Birkenstocks waren wohl weniger gespannt auf das Gespräch als ich. Es sollte zuerst einmal gegessen werden.
    So standen wir an dem Büffet in der »Wetterau«, Herr Birkenstock bestellte sich eine große Portion Bratwurst mit Sauerkraut und Kartoffelbrei und Kaffee. Ich konnte nichts essen, obwohl ich den ganzen Tag noch nichts zu mir genommen hatte. Mir hatte es den Appetit verschlagen. Ich bestellte widerwillig einen Kaffee, um nicht unhöflich zu sein, und wir setzten uns an einen Hochtisch. Nachdem er gegessen hatte, begann Birkenstock mich zu fragen, ob ich denn wisse, weswegen Jörg im Gefängnis sei. Ich bejahte. Er guckte mich länger an und sagte dann, dass Jörg natürlich unschuldig sei, dass er mit ihm geredet habe und dass das für ihn ganz klar sei. Das hat mich sehr erleichtert, denn nur weil man der Verteidiger eines Beschuldigten ist, muss man ihm noch lange nicht glauben. Zudem war mir als Frau damals schon klar, dass eine falsche Anschuldigung für eine normal intelligente Frau bei entsprechender Planung unschwer vorzutäuschen ist und unbeteiligte Männer oft dazu neigen, erst einmal der armen zerbrechlichen, weinenden Frau zu glauben und den Beschützer zu geben.
    Dr. Birkenstock fragte, was bei der Verhaftung so passiert sei, insbesondere, welche Gegenstände beschlagnahmt worden seien. Ich versuchte ihm möglichst genau zu erzählen, was ich gesehen und gehört hatte. Wegen eines beschlagnahmten Gegenstands kam ich auf Jörgs Sorgerechtsstreit in Kanada zu sprechen, Birkenstock blickte interessiert auf und wollte Näheres dazu wissen.
    Bis zu diesem Zeitpunkt hatte ich kein wirklich gutes Gefühl bei den Birkenstocks. Sie waren mir zu wenig freundlich, zu sachlich – ich hatte mir Anwälte anders vorgestellt, insbesondere in der Situation, in der ich war. Ihr Umgang mit mir als einer ihrem Mandanten nahestehenden Person erschien mir gefühlsmäßig nicht optimal. Schließlich wussten sie, was ich vor ein paar Stunden erlebt hatte und dass das nicht leicht für mich gewesen war. Um es genau zu sagen: Ich vertraute ihnen nicht. Weniger noch Herrn Birkenstock als seiner Frau, die links neben mir saß und mir, wenn sie nicht gerade ihren Mann gegenüber anschaute oder in ihre Kaffeetasse sah, prüfende Seitenblicke zuwarf, die mir unangenehm waren. In meiner durch die Ereignisse des Tages erzeugten Paranoia steigerte ich mich fast in den Gedanken hinein, einen Staatsanwalt vor mir sitzen zu haben. Nach dem Erlebnis am Vormittag dieses unfassbaren Tages schien mir nichts mehr undenkbar. Für mich passte das einfach nicht zusammen: Einerseits war Herr Birkenstock Jörgs Verteidiger, andererseits verhielt er sich mir gegenüber sehr unpersönlich und sachlich und war vor allem darauf bedacht, Informationen zu sammeln. Seine Frau starrte mich prüfend an, während er mir persönliche Fragen stellte, ohne mir aber etwas von dem zu erzählen, worauf es mir ankam. Mir war das unheimlich.
    Herr Birkenstock bestellte uns eine neue Runde Kaffee, und ich erzählte ihm die Kanada-Geschichte im Abriss. Dann sagte er mir nur, dass es eine Weile dauern könnte mit Jörg, sonst nichts. Ich war ziemlich verzweifelt, weil ich mir bis zu diesem Zeitpunkt zumindest noch hatte einreden können, dass es nicht von Belang sei, wenn Polizisten meinen, dass Jörg längere Zeit im Gefängnis verbringen müsse. Bekommt man das jedoch vom Verteidiger zu hören, dann schwindet die Hoffnung.
    Schließlich fragte Herr Birkenstock, wo ich denn jetzt hinwolle. Ich wusste es nicht. Die Birkenstocks schauten einander fragend an, dann erklärte Herr Birkenstock, dass er am Abend zwar noch eine Einladung

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