Recht und Gerechtigkeit: Ein Märchen aus der Provinz (German Edition)
maximalen Alarmierung ausgesprochen angemessen ist. Dieses Kerngeschehen wird nahezu eingebrannt ins Gedächtnis, wird in aller Regel noch nach Jahrzehnten prägnant erinnert, was auch immer wieder die Prozesse gegen KZ -Täter verdeutlichen, in denen Zeugen nach Jahrzehnten schrecklichste, lebensbedrohliche Szenen exakt und bildreich erinnern.
Anders gesagt: Die traumatisierende Situation, die einen maximalen ›Arousal‹, eine maximale Anhebung der Aufmerksamkeit und der Wachheit hervorruft, führt in aller Regel nicht zur Ausschaltung der Informationen über das Kerngeschehen, sondern ganz im Gegenteil zu einer maximalen Helligkeit des Kerngeschehens. Interessanterweise gibt es aber einen anderen Schutzmechanismus, nämlich eine Reduktion von Angst und Panik im Sinne einer zeitweiligen emotionalen Anästhesie. Nicht die Kognition (und damit die Erinnerungsfähigkeit) wird ausgeschaltet, sondern – in Maßen und keineswegs immer – die begleitende Emotion. Entsprechend können Opfer in aller Regel auch sehr klar und deutlich wiedergeben, was das Kerngeschehen war.«
Dinkels Versuch, mithilfe ihres Therapeuten Seidler ihre schlecht erzählte Geschichte mit einem Trauma zu erklären, war durch Kröbers Gutachten definitiv gescheitert. Seidler war als Tollpatsch disqualifiziert worden – konsequenterweise hätten schon nach dem Kröber- Gutachten die Ermittlungen der Mannheimer Staatsanwaltschaft gegen Claudia Simone Dinkel wegen Falschaussage und Freiheitsberaubung beginnen müssen. Aber die Mannheimer und Schwetzinger hielten zusammen bis zum Ende.
Prof. Dr. Bernd Brinkmann, ein weltweit renommierter rechtsmedizinischer Gutachter, wollte die intentionale Falschbeschuldigung durch Claudia Simone Dinkel dem Gericht darlegen, weshalb er frühzeitig von den kreativen Mannheimer Rechtsauslegern, im engen Schulterschluss von Staatsanwaltschaft und Gericht, über einen grotesken, inhaltlich falschen Befangenheitsantrag zur Strecke gebracht wurde, in dem Brinkmann Aussagen sogar von Verkehrsmediziner Mattern untergejubelt wurden. Brinkmann wurde von der Staatsanwaltschaft deshalb fälschlicherweise vorgehalten, er habe andere Ursachen für die Verletzungen Dinkels an den Oberschenkeln ausgeschlossen und sich auf die These der Selbstverletzung beschränkt. Das Gericht folgte dem Antrag der Staatsanwaltschaft und gab dem Befan genheitsantrag statt.
Brinkmann ist ein Gutachter von höchstem Rang, sein Wort hat in allen Gerichtssälen der Welt Gewicht – nicht in Mannheim, wo er offenbar um jeden Preis verhindert werden musste, denn Brinkmann hatte nahegelegt, dass sich Dinkel nicht nur selbst verletzt, sondern sich auch schon ein Jahr vor besagter Nacht im Februar 2010 trainingsweise Hämatome zugefügt hatte. Mit der Befangenheitserklärung Brinkmanns sollte der Mannheimer Worst Case, ein Freispruch wegen erwiesener Unschuld, verhindert werden. Zudem hatte auch Dinkel über ihren Professor aus Heidelberg kundgetan, dass sie nicht aussagen würde, wenn Professor Brinkmann im Saal wäre. Diese Drohung haben Seidlingbockbültmann offenbar ernst genommen und den weltweit renommiertesten Rechtsmediziner aus dem Weg geräumt.
Immerhin, dank Professor Kröber endete der 6. September 2010 mit einer beschwingten Heimfahrt. Die scheinwissenschaftliche Parteinahme eines Seidler war in einer frühen Phase des Prozesses entlarvt worden. Kurz keimte wieder die Hoffnung auf, dass Kröbers inhaltlich wie sprachlich brillantes Gutachten die Herren in Mannheim überzeugt und besänftigt haben müsste. Doch wie ich an den nächsten Prozesstagen bemerkte, war das Gegenteil der Fall: Die Gegenangriffe von Seidlingbockbültmann wurden immer vehementer, und die Hoffnungen der Justizdarsteller aus Mannheim fokussierten sich wohl immer mehr in die Richtung, dass die Presse ihnen ein neues Opfer zuliefern möge, irgendeine Ersatztat, damit man mich doch noch drankriegte. Allein, Burda konnte noch so viele Zehntausende, vielleicht Hunderttausende Euro in die Hand nehmen, um Frauen für ihre Storys zu bezahlen, am Ende würde es nicht reichen. Zu schlecht haben jene Frauen in ihren Interviews gelogen, sich in Widersprüche verstrickt und in der Not vor Gericht alles umgebende Beiwerk vergessen, wo sie doch Minuten vorher fast gleichzeitig geschehene belastende Dinge haarklein zu erzählen wussten.
Es ist nicht auszudenken, wie es einem Mann vor einem ähnlich agierenden Gericht ergehen mag, wenn die Nebenklägerin nur etwas intelligenter
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