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Recht und Gerechtigkeit: Ein Märchen aus der Provinz (German Edition)

Recht und Gerechtigkeit: Ein Märchen aus der Provinz (German Edition)

Titel: Recht und Gerechtigkeit: Ein Märchen aus der Provinz (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jörg Kachelmann , Miriam Kachelmann
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irgendwelcher Spekulationen aufgefordert worden war, missachtete er in seinem in der Hauptverhandlung erstatteten Gutachten den mangels anderer Leitung durch das Gericht fortgeltenden und im übrigen sachgerechten ursprünglichen Gutachtenauftrag in doppelter Hinsicht:
    aa) Zu der Frage, ob der Angeklagte das Messer mit der Schneide oder dem Rücken (gemeint: der Klinge) gegen die Nebenklägerin eingesetzt haben soll, hatte sich die Nebenklägerin bei ihrer Vernehmung durch die Zeugin Scherzinger am 9.2 . 2010 so geäußert:
    ›Das kann ich nicht sagen. Aber ich hatte das Gefühl, dass es sich um die Klinge handelte, die er mir an den Hals gedrückt hat.‹
    Dennoch gelangte der Sachverständige Prof. Dr. Mattern in seinem am 4.5.2010 erstatteten Gutachten zu dem Ergebnis, die Verletzung der Nebenklägerin am Hals sei – eine Phase geringer Dynamik im Tatgeschehen vorausgesetzt – durch ›heftiges mehrfaches Andrücken des Messerrückens unter geringen Verschiebungen gegen den Hals‹ zu erklären. So hatte er das Verletzungsbild schon am 11.2.2010 in seinem ersten Gutachten gedeutet. Zuvor hatte er erkannt, dass ›vergleichbare Verletzungen … auch durch horizontales Kratzen entstehen‹ könnten und die ›fein gezähnelte Schneide … teilweise punktförmige Hauteffekte, teils auch parallelstreifige feinste Kratzer erwarten lassen‹ würde.
    An der Festlegung auf den Messerrücken hielt er auch in der Hauptverhandlung fest, wobei er die ›geringen Verschiebungen‹ durch ein von ihm als ›Schwenkung in der Vertikalen‹ erläutertes Drehen des Messerrückens variierte.
    Inzwischen enthielten die auch dem Sachverständigen bekannten Akten die Transkripte der Exploration der Nebenklägerin durch die aussagepsychologische Sachverständige Prof. Dr. Greuel. Der gegenüber hatte die Nebenklägerin zu der Beweisfrage Angaben gemacht. Die – nach der Aussage dieser Sachverständigen authentische – Abschrift von einem Tonträger belegt den folgenden Dialog zwischen ihr und der Nebenklägerin:
    ›(1497) –(1500)
    F.:Was mir so ein bisschen auffällt – und wir führen unser Gespräch ja schon sehr, sehr lange –, wenn jemand ein Messer am Hals fühlt, dann würden ganz wenige nur sagen, ich habe das Metall gespürt. Also, die Beschreibung ist sehr auffällig.
    A.:Mh.
    F.:Deshalb versuche ich immer wieder dahin zu kommen: Wie hat sich das denn angefühlt?
    A.:Also, mit Metall meine ich jetzt nicht das Metall an sich. Ich weiß nicht, wie sich Metall anfühlt, also nicht das Metall an sich, sondern einfach die Klinge, diese, ja, dieses Geriffelte, ich hab die Klinge gespürt, den Druck, dieses Schmale, es ist ja nur ganz schmal, dieses.
    F.:Haben Sie eine Erklärung dafür, warum Sie keine Schnittverletzungen hatten?
    A.:Am Hals? Hatte ich keine Schnittverletzungen?‹
    In der Hauptverhandlung war die Nebenklägerin dank gewissenhafter Vorbereitung durch ihren Vertreter ersichtlich darüber im Bilde, dass sie der Spekulation des Sachverständigen Prof. Dr. Mattern zum Messerrücken durch ihre Angaben in der Exploration den Boden entzogen hatte, und bekundete nun gegenüber der Kammer, sie wisse nicht, ob der Angeklagte ihr das Messer mit der Schneide oder mit dem Rücken an den Hals gedrückt habe.
    Auf diese auch für ihn erkennbare ›Nachbesserung‹ der Angaben in der aussagepsychologischen Exploration gründete der abgelehnte Sachverständige sein Gutachten in diesem Punkt und überschritt damit seinen Auftrag mit einem für den Angeklagten nachteiligen Resultat.
    bb) Auf die von der Nebenklägerin in deren Vernehmung am 9.2.2010 nicht etwa geschilderte, sondern bloß für möglich gehaltene Ablaufvariante stützte der Sachverständige seine These, die Hämatome an den Oberschenkeln der Nebenklägerin könnten durch Knien des Angeklagten auf diesen Körperpartien hervorgerufen worden sein. Dabei ließ der Sachverständige außer Acht, dass die Nebenklägerin in ihren verschiedenen Aussagen ein derartiges Verhalten des Angeklagten weder geschildert noch durch das Vorbringen spezifischer Schmerzempfindungen Umstände angegeben hatte, die Anlass zu dieser Annahme geben konnten. Zwar hatte sie gemeint, sie habe den von ihr als möglich bezeichneten Vorgang aus Angst vielleicht nicht mitbekommen. Ihr anderweitig zugefügte Schmerzen will sie jedoch wahrgenommen haben.
    […]
    d) Für die Vorbereitung seines in der Hauptverhandlung erstatteten Gutachtens hatte der Sachverständige Prof. Dr. Mattern zur

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