Rechtsdruck
ist seit einem halben Jahr als Onlineredakteurin
bei unserer Lokalpostille angestellt. Nachdem sie die Kinder aus dem Haus hatte,
wollte sie gerne wieder was arbeiten, und für eine studierte Informatikerin scheint
dieser Job genau der richtige zu sein. Vor etwa zwei Stunden bekam sie die Rohfassung
eines Interviews auf den Tisch, das der Herr Chefredakteur mit Justus Gebauer geführt
hat, und in dem er erklärt, dass er für die OB-Wahl den Hut in den Ring wirft.«
»Aber Gebauer ist doch ein Parteigänger deines zukünftigen Exmannes.
Will er gegen einen Mann aus den eigenen Reihen antreten, noch dazu den Amtsinhaber?«
»Das ist ja genau das Interessante an der Geschichte. Gebauer hat,
live und in Farbe, seiner politischen Heimat, also jener Partei, der er bestimmt
30 Jahre angehört hat, und mit deren Hilfe er seine größten Erfolge errungen hat,
den Rücken gekehrt und will als parteiloser, unabhängiger Kandidat ins Rennen gehen.«
»Wie blöd ist das denn?«
»Wenn du mich fragst, ist das alles andere als blöd, denn in der bisherigen
Konstellation wäre aus ihm politisch nichts mehr geworden; nach der Attacke auf
den Behinderten ist er garantiert für alle Zeiten verbrannt. Gebauer ist ein cleverer
Kerl, der ganz genau weiß, dass es für seine ultrarechten und manchmal ausländerfeindlichen
Stammtischparolen viele Befürworter und Unterstützer in Kassel gibt, und damit auch
Wähler.«
»Und was wird der gute Erich dazu sagen?«
»Der dürfte kotzen bei dem Gedanken. Nicht genug damit, dass er sich
mit diesem jungen, gut aussehenden Schnösel aus der anderen politischen Ecke auseinandersetzen
muss, der zu allem Übel auch noch wegen eines Formfehlers erfolgreich seine letzte
Wiederwahl angefochten hat, nun kommt auch noch ein Konkurrent hinzu, mit dem er
überhaupt nicht gerechnet hat, und den er, wie ich schon gesagt habe, durchaus ernst
nehmen sollte.«
Lenz lehnte sich entspannt zurück und legte seinen Kopf auf ihrem Bauch
ab. »Ach, Maria, was soll uns das scheren, was mit Erich und seinen politischen
Ambitionen passiert.«
Er sah sich in dem spärlich, aber geschmackvoll möblierten Schlafraum
um. »Ich bin so was von froh, dass ich jetzt mit dir hier auf dem Bett, auf unserem
Bett, liegen kann, und mich nicht mehr heimlich mit dir in einer Arztpraxis treffen
muss.«
»Aber«, widersprach sie dezent, »das hatte doch auch immer was. Den
Reiz des Verbotenen zum Beispiel.«
»Das stimmt. Aber so ist es mir allemal lieber.«
»Und der Sex mit mir wird dir nicht langsam langweilig?«, fragte Maria
vorsichtig, während sie seine Brusthaare durch die Finger kreisen ließ.
»Na ja, so ganz wie früher ist er nicht …«
Weiter kam Lenz nicht, weil sie ihn mit beiden Händen zu würgen begann.
»Ich bring dich um, du Mistkerl, wenn du auch nur noch einen Ton in dieser Richtung
von dir gibst!«, zischte sie vergnügt. Der Kommissar wand sich unter ihren Armen
hervor, schob die Bettdecke zur Seite, drehte sich blitzschnell um die eigene Achse
und lag ein paar Sekundenbruchteile später mit dem Kopf über ihrem Schoss. Er atmete
tief ein und nahm den Duft ihres Körpers in sich auf. Dann näherte sich sein Mund
dem magischen, wohlriechenden Dreieck zwischen ihren Beinen.
»Was du da machst, könnte böse Folgen haben«, gab sie ihm mit lustvollem
Stöhnen zu verstehen.
»Das hoffe ich doch sehr«, erwiderte er und war dabei kaum zu verstehen.
»Wenn du noch einmal davon sprichst, dass unser Sex schlechter geworden
sei, verlasse ich dich auf der Stelle und ziehe wieder bei meinem zukünftigen Exmann
ein«, hauchte sie eine Weile später tonlos.
Lenz, dessen Kopf auf ihren Oberschenkeln lag, fing laut an zu lachen.
»Das ist eine Drohung, die, bei allem gebotenen Respekt, an mir abperlt wie Wasser
von einem Wachstuch. Warum solltest du dir selbst den Ast absägen, auf dem du so
gut zum Sitzen gekommen bist?«
Maria beugte sich kraftlos zur Seite, griff nach einer Mineralwasserflasche,
die neben dem Bett stand, und nahm einen großen Schluck. »Da hast du recht, das
sollte ich vielleicht noch einmal überdenken«, erwiderte sie mit einem kleinen Rülpser.
»Außerdem steht in den Sternen, ob er in einem Vierteljahr überhaupt
noch OB ist.«
»Ja, auch das sollte ich in meine Überlegungen mit einbauen«, stimmte
sie zu.
»Kennst du eigentlich diesen Justus Gebauer?«
»Natürlich«, erwiderte sie schlapp, aber mit gespieltem Stolz. »Ich
kenne alle Größen aus Erichs Partei.«
»Und was
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