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Rechtsdruck

Rechtsdruck

Titel: Rechtsdruck Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthias P. Gibert
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ist das für einer?«
    »Oh, Mann, Paul, du kannst fragen.«
    »Es interessiert mich halt.«
    Sie stieß erneut leise auf und kringelte sich in seinen Arm. »Gebauer
hat es schon immer geliebt, im Mittelpunkt zu stehen, das ist das Erste, was mir
zu ihm einfällt. Und das ist garantiert nicht das Schlechteste, wenn man es in der
Politik zu etwas bringen will. Er ist noch verheiratet, lebt aber getrennt. Die
beiden Kinder sind schon länger aus dem Haus. Ich kann mich noch gut an die Rede
des damaligen Ministerpräsidenten erinnern, das muss ein paar Tage vor der Wahl
gewesen sein, und es war gleichzeitig der Abend, der Gebauer letztlich das politische
Genick gebrochen hat. Damals hat der MP dem Sinn nach gesagt, dass Gebauer der zukünftige
Mann in der Partei sei, zumindest in Nordhessen. Ich weiß nicht mehr den genauen
Wortlaut, aber so was in der Art war es. Und auf dem Weg nach draußen haut der Typ
diesem Rollstuhlfahrer eine runter.«
    Sie griff erneut zur Flasche und trank den Inhalt mit einem Zug aus.
»Sex macht durstig«, stellte sie kichernd fest.
    »Und wie ging es weiter mit ihm, nach diesem Abend?«
    »Wie es mit jedem weitergehen würde, der die Chancen der Partei auf
ein gutes Wahlergebnis mit so einer hirnrissigen Aktion gefährdet. Sie haben ihn
gemieden, geschnitten, in Urlaub geschickt, und als der zu Ende war, haben sie ihn
abserviert. So was darfst du einfach nicht machen, wenn du in einer politischen
Gruppierung noch mal einen Fuß auf den Boden bringen willst, aber bei Gebauer lag
die Sache ein klein wenig anders. Irgendwie war nämlich immer klar, dass aus dem
mal was Größeres werden würde, und so hat er auch gewirkt, nämlich arrogant und
großkotzig, zumindest im Umgang mit den anderen Parteisoldaten. Damit macht man
sich auf Dauer nicht nur Freunde, und all diese Menschen, mit denen er auf dem Weg
nach oben mal angeeckt ist, haben sich natürlich die Hände gerieben, als er zum
Abschuss freigegeben wurde.«
    »Und du bist ganz fest davon überzeugt, dass er in der Partei nichts
mehr geworden wäre?«
    »Felsenfest und absolut. Die Karawane zieht weiter, Justus Gebauer
bleibt zurück. Es gibt ein paar ungeschriebene Regeln in der Politik, gegen die
man besser nicht verstoßen sollte.«
    »They never come back?«
    »Ja, das ist eine dieser Regeln.«
    »Aber beim Boxen galt das auch mal, bis Floyd Patterson kam. Der hat
allen vorgemacht, dass es doch geht.«
    Maria zog erneut die Decke über ihren und Lenz’ Körper, bevor sie antwortete.
»Das, mein lieber Paul, mag sein, aber wer auch immer dieser Mister Patterson ist,
Justus Gebauer hat garantiert nicht seine Klasse.«
    »Aber Gebauer ist ja auch kein Boxer«, entgegnete der Polizist selbstbewusst.
    »Da muss ich dir, auch wenn es mir schwerfällt, zustimmen, aber unterschätz
bitte nicht, wie eng die Politik und der Boxsport miteinander verwandt sind. In
beiden Fällen geht es ausschließlich darum, dem anderen eine möglichst vernichtende,
eine tödliche Niederlage beizubringen, und die dabei geltenden Regeln sind für Außenstehende
höchst intransparent.«
     
    Eine ganze Zeitlang nach diesem Gespräch stiegen die beiden aus der
Badewanne, wo sie ständig warmes Wasser nachlaufen gelassen und mehr als zwei Stunden
verbracht hatten.
    »Ich habe Schrumpelhaut«, bemerkte Maria mit Blick auf ihre Beine und
Füße.
    »Ich wäre erstaunt, wenn nicht«, gab Lenz gähnend zurück und rubbelte
sich dabei die Haare ab.
    »Bringst du mich trotzdem ins Bett?«, wollte sie wissen.
    Er legte das Handtuch auf dem Rand der Wanne ab und öffnete die Badezimmertür,
um ein wenig frische Luft hereinzulassen.
    »Aber selbstverständlich, gnädige Frau. Allerdings muss ich Sie darauf
hinweisen, dass mein Vorrat an sexueller Leistungsfähigkeit für den heutigen Tag
restlos erschöpft ist.«
    »Oh Gott«, gluckste Maria, »wie soll das erst werden, wenn du wirklich
alt bist?«

23
     
    Am nächsten Morgen verabschiedete Lenz sich um Viertel vor acht von
seiner großen Liebe, stieg in seinen Kleinwagen und fuhr zum Präsidium. Dort fand
er Hain an dessen Schreibtisch vor, und der Oberkommissar saß dem Anschein nach
schon etwas länger dort.
    »Moin, Thilo. Alles klar bei dir?«
    Sein jüngerer Kollege hob kurz den Kopf und erwiderte seinen Gruß.
»Soweit schon, ja. Ich muss gerade noch unseren Skiurlaub buchen, dann bin ich für
dich da.«
    »Das mach mal«, gab Lenz brummelnd zurück. »Ich geh derweil mal bei
Uwe vorbei und trink einen

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