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RECKLESS HEARTS

RECKLESS HEARTS

Titel: RECKLESS HEARTS Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eileen Janket
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wegen Sabri ein schlechtes Gewissen zu haben ...
    Alex schluckte und presste unruhig die Lippen aufeinander.
    Ihm war bewusst, dass er Atillas Unmut auf sich ziehen würde und den der beiden Anderen erst recht. Denn statt die Kleine in ein Taxi zu setzen, wie abgesprochen, fuhr er sie nun ausgerechnet mit dem Minivan, ihrem »Tatfahrzeug«, genau zu dem Ort, wo die ‚Crime Artists‘ letzte Nacht ihren Wahnsinnscoup durchgezogen hatten und wo dann dummerweise der Unfall passiert war … Er handelte ganz klar unvernünftig, um nicht zu sagen völlig fahrlässig, um nicht zu sagen wie ein kompletter Idiot!
    Aus den Augenwinkeln schielte er hin und wieder zu Selin rüber. Zu gern hätte er ihre Gedanken gehört.
    Er fühlte sich beinah ertappt, als sie ihn unerwartet ansprach, und schluckte abermals.
    »Ich habe eine Erinnerungslücke«, begann sie, »… ich meine meinen Sturz letzte Nacht, als plötzlich die Straßen eisglatt wurden … Ich weiß, dass ich versucht habe, ohne auszurutschen über die Straße zu kommen, doch dann … wurde alles schwarz. Woran ich mich erinnere, ist, wie ich hier, in diesem Wagen, zu mir gekommen bin und mein Bein weh tat.«
    Er blieb stumm, die Stirn voller Anspannung gerunzelt, die Augen starr auf den Verkehr gerichtet … Was sollte er ihr sagen? Sie sah ihn an, als erwarte sie von ihm eine Erklärung, als wollte sie, dass er Licht in ihr Dunkel brachte.
    »Wir sind gleich da«, sagte er gepresst.
    Sie fuhren den Columbiadamm entlang. Selin sah unweigerlich zu ihrer rechten Seite. Sie mussten gerade am muslimischen Friedhof vorbei. Die beiden weißen, in dieser Jahreszeit von kahlen Bäumen umsäumten Minarette der Moschee ragten spitz in den grauen Himmel. Die immergleiche Traurigkeit, wenn sie an ihre Eltern dachte, legte sich schwer und rücksichtslos auf Selins Gemüt und verdunkelte ihren Blick. Sie drückte die Stirn gegen die kalte Fensterscheibe und versuchte, sich nicht in Erinnerungen zu verlieren. Unmöglich …
    »Meine Eltern sind hier begraben …«, bebten ihre Lippen.
    Alex sah kurz zu ihr rüber. Sie hatte eine kauernde Sitzhaltung eingenommen, blickte reglos aus dem Fenster zum vorbeiziehenden Friedhof. Beklommen richtete er seine Aufmerksamkeit wieder auf die Fahrbahn.
    »Es ist lange her«, fügte sie mit belegter Stimme hinzu, setzte sich wieder aufrecht und blickte geradeaus.
    Alex beschleunigte das Fahrtempo. Er wollte gern etwas Tröstliches sagen, doch mehr als ein »Tut mir leid« brachte er auf Anhieb nicht zustande.
    »Leben deine Eltern noch?«, fragte sie, diesmal um einen normalen Plauderton bemüht.
    Für einige Sekunden warf ihn die Frage aus der Bahn. »Ähm, meine Mutter, ja, meine Mutter lebt noch, zum Glück«, antwortete er schließlich.
    Sie sah ihn mit zusammengekniffenen Augen an. Er ahnte bereits, was sie als Nächstes fragen würde.
    »Und dein Vater?«
    Alex blickte nervös in den Rückspiegel, dann aus seinem Seitenfenster, dann wieder geradeaus, räusperte sich, fuhr sich mit der rechten Hand durch die dichten Haare, bemerkte aus dem Augenwinkel, dass sie ihn weiterhin beobachtete, und seufzte leise.
    Mein Vater …?, knurrten seine Gedanken .
    »Ich weiß nicht«, entgegnete er schließlich mit einem flüchtigen Blick in ihre Richtung. »Hab ihn nie kennengelernt ... tja, ist leider so.«
    Sie zuckte ganz leicht mit dem Mundwinkel.
    »Aber … du weißt, ähm, wer dein Vater ist, oder?«
    Er schwieg.
    Sie verstand, dass er nicht antworten wollte.
    Der Minivan fuhr die Flughafenstraße entlang. Wegen eines Lasters, der nach links abbiegen wollte, musste Alex abbremsen und ausscheren.
    »Oh!«, sagte sie berührt, mehr zu sich selber als zu ihm, »... du … du weißt es nicht«, und beließ es dabei.
    Selin dachte an ihren Baba, an sein warmes Lächeln, seine Stirnfalten, die wie Treppenstufen aussehen konnten, die grauen Schläfen, und wie er manchmal ihre Händchen gepackt und sie einmal um sich herumgewirbelt und dann auf seine Schultern geschwungen hatte. Sein krauses Haar hatte immer nach Olivenseife gerochen. Sie hatte leider nicht viel von ihm gehabt - meinte ihr Gedächtnis zumindest. Er hatte hart gearbeitet und war jeden Abend spät heimgekommen, wenn sie längst eingeschlafen war. Sogar an den Wochenenden hatte sie ihn kaum zu Gesicht bekommen, immer war er beschäftigt gewesen, immer in Eile oder erschöpft oder er schlief, und man musste leise sein. »Sei leise, Selin! Dein Baba ist auf dem Sofa eingeschlafen …«
    Selin

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