RECKLESS HEARTS

Titel: RECKLESS HEARTS Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eileen Janket

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Koffer oder einen Rucksack, hab so eine Reisende wie dich noch nie erlebt!«, rief er ihr über das Wagendach hinweg zu, lächelte, aber seine Augen blieben viel zu ernst, und sie verhakte sich in ihnen … schon wieder.
    »Ich brauche nicht viel«, behauptete sie blinzelnd. »Tschau, Alex.« Sie wandte sich mit größter Anstrengung von ihm ab und lief auf bleiernen Beinen los. Der leichte Schmerz in ihrer Hüfte ließ sich inzwischen gut unterdrücken.

    Einfach einen Schritt nach dem anderen, die dicke Glastür aufziehen und rein zu den Terminals, nicht umdrehen …
    Dreh dich jetzt bloß nicht um, Selin!

    Kaum schließt sich die Eingangstür hinter ihr, und sie ist ein paar Meter vorangekommen, bleibt sie natürlich doch stehen, verdreht den Hals, sucht ihn ... sucht seine Augen ... über vorbeihuschende Köpfe hinweg, schickt ihren nervösen Blick durch die schmutzige Glasscheibe hindurch nach draußen … und ja, er steht immer noch da, schaut, als hätte er etwas verloren ... oder aufgegeben … die Stirn gerunzelt, die Augen zusammengekniffen, der Mund halb geöffnet, als falle das Atmen schwer.
    Sie senkt den Blick und geht stur weiter.

    Der erste Ticketschalter, auf den sie stieß, gehörte der Lufthansa. Sie stellte ihre Frage. Eine adrette junge Dame informierte sie mit überbordender Freundlichkeit über Flüge in das europäische Ausland, Flugzeiten und entsprechende Preise, doch Selins Ohren waren wie mit Watte verstopft und vernahmen nur einen unverständlichen Singsang. Sie beobachtete, wie sich die rot bemalten, vollen Lippen unaufhörlich bewegten und ihr Bestes gaben, und plötzlich glaubte sie, ihren Namen zu hören.
    Hm? Sie versuchte sich auf die Uniform der Frau zu konzentrieren, und dann hörte sie ihn wieder.
    »Selin …?«
    Eine tiefe Stimme, aber auch sanft. Sie kannte sie.
    »Selin …?«

    Alex stand nur einen Meter hinter ihr, als sie sich umdrehte.
    Herzklopfen um die Wette.
    Er hielt ihr ein Stück Papier entgegen, schluckte, sah ihr kaum in die Augen, hatte die andere Hand in der Hosentasche vergraben, hoffte, dass er das Richtige tat.
    »Ich dachte … nur für den Fall … falls du mich erreichen willst, aus irgendeinem Grund … keine Ahnung … du kannst es auch wegschmeißen …«, stammelte er.
    Sie nahm den Zettel, warf einen ungläubigen Blick auf die Zahlen und die krakelig geschriebenen Buchstaben daneben, die zusammen Alexander ergaben, und steckte ihn in ihre Handtasche.
    »Danke.«
    Das anschließende Schweigen dauerte nur den Bruchteil einer Sekunde, fühlte sich aber endlos an. Dann richtete er den Kragen auf und schob die Hände in die Jackentaschen.
    »Weißt du schon, wohin die Reise geht?« Er versuchte, gelassen auszusehen.
    Ihre Schultern zuckten. »Noch nicht …«
    »Mhm, na jedenfalls, viel Glück, wo immer du auch landest …«
    »Danke …« Mehr fiel ihr nicht ein.
    Ohne ein weiteres Wort schritt er davon, so schnell es in dem Gedränge eben ging, als hätte er es eilig. Wahrscheinlich stand der Wagen ungünstig, und außerdem musste er zu seinen Kumpels oder was auch immer die für ihn waren. Ihr Blick hing ihm noch hinterher, bis sie wieder die Stimme der Lufthansa Angestellten wahrnahm.
    »Haben Sie sich für einen Zielort entschieden? Wie gesagt, ich habe Madrid im Last-Minute-Angebot, der Flug geht in drei Stunden?«
    Sie starrte das überschminkte Gesicht an. »Ich überlege noch …«
    »Sie können sich mit ihrer Entscheidung etwa eine halbe Stunde Zeit lassen«, lautete die letzte Information an diesem Schalter.

    An einer Snackbar bestellte sie sich Kaffee und ein Sandwich, bezahlte ein Vermögen, nahm ihr Tablett und suchte sich einen freien Tisch mit Fensterplatz. Der Hunger war wie mit einem Vorschlaghammer gekommen.
    Die Anspannung legte ihre Stirn in Falten und ließ ihren Blick in die Leere schweifen.
    Madrid erschien ihr auf einmal wie ein ferner Planet: zu weit weg, zu unbekannt, zu gefährlich … und sie so allein, ohne Raumanzug und Sauerstoffgerät.
    Sie schlürfte den Kaffee und verschlang das Sandwich in großen Happen. Während sie noch kaute, kramte sie ungeduldig nach dem Zettel in ihrer Handtasche, erspürte ihn endlich, zog ihn heraus, um ihn anzustarren. Es war ein Stück abgerissene Ecke irgendeines Blatt Papiers, hastig geopfert für eine Botschaft, die ihren Absender beinah nie verlassen hätte. Sie hielt sich an dem Zettel fest, als wäre er ihr Ticket.

    Als wäre er ihr Ticket! Schnell wieder rein mit