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RECKLESS HEARTS

RECKLESS HEARTS

Titel: RECKLESS HEARTS Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eileen Janket
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ihrem Haar nestelnd. »Meine Reise führte mich nach Irland. Ich wette, das hätten Sie nicht erraten, oder?«
    Selin schüttelte lächelnd den Kopf. Sie hatte die Knie angezogen und es sich auf der Couch bequem gemacht, während Sylvie wieder in ihrem Ohrensessel kauerte, die wohlig warme Wolldecke auf dem Schoß, und inzwischen sehr entschlossen ihrer Erkältung strotzte. Schon eine beachtliche Weile hatte sie nicht mehr gejammert. Ein Hauch von Zartrosa lag auf ihren Wangen und ihre Augen schienen offener, ihr ganzes Wesen wirkte mitunter belebter. Schwer zu sagen, ob es an der Heilkraft der warmen Suppe lag oder an Selins Gesellschaft, oder an Alex‘ Rückkehr nach so vielen Tagen und Nächten, oder am vielen Bargeld, das er mitgebracht hatte. Vermutlich spielte alles in seiner Summe eine Rolle.
    »Damals waren Spanien und Mexiko die absoluten Favoriten unter den Reisezielen.«
    Sylvie konnte sich noch sehr gut an die Pausengespräche der Kellnerinnen erinnern, mit denen sie zusammengearbeitet hatte.
    »Ich glaube, ich hätte auf Frankreich getippt«, sagte Selin. Irgendwie konnte sie sich Sylvie sehr gut in einem Pariser Bistro vorstellen, wo sie ein Buch lesend ihren Kaffee schlürfte und ab und an den Kopf hob, um durch die Fenster auf das Treiben auf der Straße zu blicken und dabei zu seufzen, weil eine der Figuren in ihrem Roman gerade tragische Momente durchleben musste. Von Irland wusste sie nicht viel, außer dass es dort angeblich viel regnete, kalt und windig war und viele Schafe auf den grünen Wiesen grasten. Ach ja, dann noch die ganzen Kobolde, die unter geheimen Hügeln hausten und die vielen Kleeblätter und Rothaarigen und Kilts und ... Okay, das reicht, Selin! Da sind ja ein Haufen Klischees in deinem Kopf ... Stell mal eine vernünftige Frage, wie wär‘s, hm?
    »Waren Sie so ganz allein unterwegs in einem fremden Land, Sylvie?«, fragte sie, die Augen groß und leuchtend vor Neugier, schließlich hatte sie sich ja ebenfalls eine Reise vorgenommen und konnte ein paar gute Tipps gebrauchen.
    Sylvie sah sie auf einmal sehr ernst an, und Selin wurde unsicher, ob an ihrer Frage etwas nicht gestimmt hatte. Sekunden vergingen, in denen Sylvies Miene einen betrübten Zug annahm. »Na ja, nein, ich war nicht allein ... Ich traf ... ähm, ganz zufällig, einen Bekannten in Dublin ... der hat mich ein wenig herumgeführt und mir Sehenswürdigkeiten gezeigt«, erzählte sie beklommen. Ihre Finger umwickelten einander und ihre Daumen kreisten unruhig.
    Was passierte gerade? Großer Gott, wer um Himmels willen war dieses Mädchen, das sie dazu brachte, über Irland zu reden ... und über ihn ... auch wenn sie ihn nur als einen Bekannten bezeichnet hatte? Was war mit ihr los? Sie musste aufpassen, was sie sagte, aber es war bemerkenswert, wie die Worte aus ihr herausgeschlüpft waren, und wie gut es sich anfühlte.
    »Oh, das ist ja ein Glück«, meinte Selin und dachte im selben Moment, ist es doch, oder etwa nicht? Denn Sylvies Miene hatte sich nicht wesentlich verändert, aber sie schien die Unterhaltung weder unterbrechen noch lenken zu wollen, also fragte Selin mutig weiter. »Und wie lange waren Sie in Irland?«
    Nach kurzem Zögern antwortete Sylvie, diesmal mit mehr Begeisterung in der Stimme: »Einen ganzen Monat lang, genau genommen den ganzen August 1980. In diesem Jahr war der irische Sommer traumhaft, müssen Sie wissen, kaum Regen, wunderschöner blauer Himmel und dieses satte Grün überall, herrlich ...« Ihr Blick versank gedankenverloren im Nirgendwo, ihre Stirn kräuselte sich wieder in tiefen Falten.
    »Sind Sie denn nie mehr wieder dort gewesen?«, fragte Selin, die Sylvies nostalgischen Moment sehr wohl wahrnahm.
    Mit einem kaum sichtbaren Kopfschütteln verneinte Sylvie und konnte einen tiefen Seufzer nicht zurückhalten. «Nein, nie wieder. Ich bekam ein Kind und musste, wie das so ist, hart arbeiten und Geld verdienen und, na ja, all diese Dinge eben. Alexander kam ja im April 1981 zur Welt und wir waren auf uns gestellt.«
    »Oh, verstehe, ich meine ...« Selin spähte vorsichtig zu ihrem Gegenüber. Diese Frau, Alex‘ Mutter, hatte etwas an sich, das auf eigenartige Weise ihr Interesse in seinen Bann gezogen hatte, es war sehr seltsam, denn schließlich war sie immer noch eine ihr fremde Person. Manchmal hatte Selin solche Gefühle bei Filmen, in denen die Hauptfiguren innerlich zerrissen waren. Sie glaubte zu spüren, dass ein tiefer Schmerz auch in Sylvie vergraben lag, der

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