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- Red Riding Hood - Unter dem Wolfsmond

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Titel: - Red Riding Hood - Unter dem Wolfsmond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Blakley-Cartwright , David Leslie Johnson
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Die Soldaten waren mit Waffen behangen und aßen, während sie Wache hielten. Sie bissen von dicken Brotlaiben ab und leerten ihre Bierkrüge mit großen Schlucken, aber sie ließen die Familie nicht aus den Augen.
    Die neu errichtete Barrikade war unheimlich. Sie bedeutete,
dass sich jetzt alles nur noch um eins drehte: das Dorf gegen den Wolf. Doch sie machte Valerie aus einem anderen Grund Angst, den sie sich nicht eingestehen wollte.
    Die Barrikade bedeutete, dass sie im Dorf eine Gefangene war.
    Wo der Wolf steckte, so wurde ihr in einem klaren Moment bewusst, war ihr gar nicht so wichtig. Ihr war nur wichtig, dass es ein Draußen gab und dass sie nicht zu diesem Draußen gehörte. Sie hatte das Gefühl, in einen tiefen Brunnen zu fallen und gleichzeitig zuzusehen, wie oben jemand den Deckel schloss.
    Ein ohrenbetäubender Lärm drang aus der Dunkelheit, und dann brach etwas aus dem Gebüsch hervor und stürzte sich auf die Familie, unwirklich und furchterregend.
    Ein Wolf mit Menschengesicht.

Kapitel 16
    D er Mann im Wolfskostüm hatte unnötig an Valeries ohnehin schon strapazierten Nerven gezerrt. Sie hatte fast vergessen, dass die »Feier« des Vogts trotz allem stattfand. Als sie mit überreizten Sinnen den Platz betrat, fühlte sie sich von Augen angestarrt. Ängstlich spähte sie nach links und sah, dass sie einem Wildschweinkopf gehörten, der auf einem Zinnteller vorbeigetragen wurde. Er hatte einen roten Apfel im Maul und Weintrauben statt Augen, die ihm einen seltsam entrückten Blick verliehen.
    Aus einer Pyramide von Wurzeln, angespitzten Stöcken und Abfällen war eine hoch aufragende Wolfspuppe errichtet worden. Sie brannte am anderen Ende des Platzes und spie Funken aus ihrem schwarz verkohlten Maul.
    Der Blutmond stand prall an einem leeren Himmel.
    Eine Bühne war zusammengezimmert worden, bestehend aus ein paar durchhängenden Brettern, auf denen der Ziegenhirte und ein paar Waldarbeiter auf Lauten klimperten und an Drehleiern kurbelten. Simon, der Schneider, dudelte auf einer Sackpfeife, die schrille, hohe Töne von sich gab wie ein verendendes Tier. Die Hornisten stießen mit aller Macht in ihre Instrumente, bis ihnen die Puste
ausging, genehmigten sich rasch noch einen Schluck und bliesen dann weiter.
    Trotz all der köstlich aussehenden Speisen, lag noch der Gestank nach fauligem Abfall und Männerschweiß über dem Platz. Valerie drehte sich der Magen um.
    Sie hielt nach Solomon und seinen Leuten Ausschau, konnte sie aber nirgends entdecken. Sie hatte gesehen, dass sie in der geräumigen Scheune hinter dem Getreidespeicher Quartier bezogen hatten, und vermutete, dass sie sich dort verkrochen hatten, um nicht an dem Treiben teilzunehmen.
    Alle schienen umso fester zu feiern, als sie sich einreden wollten, dass sie überhaupt einen Grund zum Feiern hatten. Sie tanzten wild und ausgelassen, um im Freudentaumel zu vergessen. Ein paar Männer, sonst anständige Leute, krochen auf allen vieren im Schnee und ruinierten sich die Hosen. Direkt vor Valerie geriet eine Frau ins Straucheln und fiel in den Matsch, doch bevor sie ihr aufhelfen konnte, wurde sie von einem Tänzer fortgezogen. Rotgesichtige Männer schwangen ihre Partnerinnen und bewunderten, sie an den erhobenen Händen fassend, ihre Rundungen. Mädchen tanzten mit ihren jüngeren Brüdern, schielten aber nach den Jungs auf der anderen Seite der Bühne. Stimmen hallten über den Platz und erweckten den Anschein, als wären Hunderte von Feiernden mehr da.
    Valerie war von lauter Menschen umgeben, die sie kannte, und dennoch fühlte sie sich ganz allein.
    Suzette schlug die Augen nieder und verschwand wortlos in der Menge. Valerie entdeckte den Vogt. Sein kahler Schädel glänzte vor Schweiß. An einer langen Festtafel, die man vor der Schenke aufgebaut hatte, führte er das große Wort. Er winkte sie zu sich. Sie beachtete ihn nicht. Doch
es fiel ihr schwer, ihre Verbitterung und Empörung beizubehalten. Hier waren zu viele Menschen, die sich dem Rausch des Festes hingaben, um einem Einzelnen die Schuld zu geben. Trübsal zu blasen, war kräftezehrend. Sie gab auf.
    Ihr Vater hing sorglos an einem Ast, blies kräftig in ein Ochsenhorn und signalisierte unsinnigerweise den Beginn eines Festes, das längst begonnen hatte. Das lange tiefe Tröten, das dem Horn entschlüpfte, klang wie das Schnäuzen einer Nase.
    »He! He, alle mal herhören!«
    Valerie und die Leute in ihrer Nähe blickten in die Richtung, aus der die schrille Stimme

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