Red Shark: Thriller (German Edition)
ausgezeichnetem Japanisch.
Eine warme Brise vom Land hob die Aufschläge von Tokugawas Anzugjackett und zerzauste ihm die Haare. Er atmete tief und lauschte genussvoll dem Zischen und Plätschern der Wellen am Rumpf der Dschunke. Im Westen sah er die Lichter von Chi-lung versinken, und im Osten die bunten Lichter bei Pitouchiao. Er wusste auch ohne Kompass, dass die White Dragon auf Nordostkurs fuhr und in zwei Stunden Matsu Shan erreicht haben würde.
Die Turbodiesel fielen in eine tiefere Tonart und legten an Schub zu. Das Deck vibrierte, und die White Dragon nahm Fahrt auf. Ein Steward servierte ihnen Flaschen mit Reiswein, eine Kanne dampfenden grünen Tee und taiwanesische Delikatessen. Tokugawa und sein Gastgeber prosteten sich mit Wein in papierdünnen Schalen aus der Tsin-Dynastie zu.
»Geht das Geschäft gut?«, erkundigte sich Tokugawa und sah Fat direkt an, dessen Gesicht von den sanft schwingenden Laternen in der Takelage beleuchtet wurde.
» Sehr gut, Iseda- san , sehr gut«, antwortete Fat.
Wenn er sprach oder sich bewegte, wackelte sein Fett wie frisch gekneteter Brotteig. Er floss mit seinem enormen Umfang über den Sessel hinaus, und die Nähte seines handgenähten, schwarz-roten Seidenanzugs drohten zu platzen. Man munkelte, dass Fat in seinen Speckrollen eine Pistole versteckt hatte, und Tokugawa überlegte, ob das wohl stimmte.
»Ich verdanke meinen Erfolg und meine guten Geschäfte Ihnen, Iseda- san.« Er rauchte seine Marlboro bis auf den Filter herunter und steckte sich an der Glut eine neue an. »Ich bin hocherfreut, Ihnen meine bescheidenen Dienste anbieten zu dürfen. Ich stehe Ihnen immer zu Diensten.«
Tokugawa ließ sich von Fats Unterwürfigkeit und seinen Beteuerungen nicht täuschen. Er wusste genau, dass sich ein Chinese niemals einem Ausländer fügen würde, und einem Japaner schon gar nicht. »Ich weiß Ihre Freundlichkeit zu schätzen, normal- san . Jetzt erlauben Sie mir, dass ich offen spreche.«
»Ja, bitte sprechen Sie, wie Sie wollen. Wir haben keine Geheimnisse voreinander.«
Das wusste Tokugawa besser. »Ich habe eine traurige Nachricht. Ojimas Schützling Naito ist tot. Ermordet. Was für ein Unglück.«
Fat rauchte wortlos weiter seine Marlboro, und der Rauch wurde von einer heftigen Bö weggeweht, die die Leinen sirren ließ.
»Offensichtlich wollte Naito selbstständig Geschäfte machen. Die Einzelheiten weiß ich nicht, aber angeblich soll er einen seiner Kunden beleidigt haben und wurde … entfernt. Vielleicht war Naito nicht klar, dass seine Verbindung zur Gegenwart eine Brücke zur Zukunft war. Er hat einfach nicht verstanden, dass Vertrauen, Respekt, Treue und Offenheit niemals aus der Mode kommen. Wenn er das nicht vergessen hätte, wäre er vielleicht noch am Leben.«
Fat spielte mit seiner Marlboro. Der Wind ließ den rot-schwarzen Anzug um seinen fetten Leib flattern, während er darüber nachdachte. »Eine unglückliche Entwicklung, Iseda- san. Ich selbst habe Naito nicht persönlich gekannt, aber seinen Namen kenne ich natürlich. Soweit ich gehört habe, hatte er Kontakt mit Leuten, die in Kabukicho investieren wollten. Vielleicht hat er einen von ihnen beleidigt.«
»Vielleicht.« Tokugawa zuckte die Achseln.
»Ich glaube nicht, dass sein Tod sich irgendwie auf unsere Beziehung auswirken muss, oder? Naito war lästig, wie Sie ja schon sagten, und jetzt ist er Vergangenheit. Wir haben eine wunderbare Vereinbarung, und daran wird sich nichts ändern. Wir sind schließlich Geschäftsleute und müssen unsere gegenseitigen Interessen im Auge behalten und wenn möglich fördern, ist es nicht so?«
Tokugawa sah auf das dunkle, bedrohliche Meer hinaus.
»Fehler passieren, und Fehler werden korrigiert«, sagte Fat. Er war offensichtlich bereit, auch zu kriechen, wenn das die Sache wieder zurechtrücken würde. »Die Dinge werden genau so weitergehen wie bisher.«
Endlich richtete Tokugawa seinen Blick auf Fat. »Ausgezeichnet.«
Sie tranken sich zu, und dann sagte Tokugawa weiter: »Marschall Jin. Was halten Sie von ihm?«
»Er ist sehr zuversichtlich. Er möchte sich unbedingt mit Ihnen treffen. Wie Ihre Vereinbarungen mit ihm auch sein mögen, ich wünsche Ihnen großen Erfolg damit. Wenn es sich um ein neues geschäftliches Unternehmen handelt, so möchte ich sagen, dass meine eigenen Geschäftsbeziehungen mit Nordkorea immer herzlich waren.«
»Und von gegenseitigem Nutzen.«
»Sie verfügen über Produkte, und wir haben Verteilerketten,
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