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Reflex

Reflex

Titel: Reflex Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dick Francis
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hinab, wo ein kleines rotes Auto auf einem asphaltierten Platz parkte. Ich stand herum, wartete darauf, daß das Mädchen wiederkam, und war mir sehr wohl bewußt, daß die alte Frau mich quer über die Straße wachsam im Auge behielt.
    Als ich mich umdrehte, ging die Tür hinter mir auf. Zwei Leute standen im Eingang, das Mädchen und eine etwas ältere Frau. Als ich einen Schritt auf sie zuging, machte die Frau eine schroffe Armbewegung, um mich auf Abstand zu halten. Mit erhobener Stimme sagte sie: »Was wollen Sie?«
    »Tja … ich suche nach einer gewissen Samantha.«
    »Das habe ich gehört. Warum?«
    »Sind Sie Samantha?« sagte ich langsam.
    Sie sah mich mißtrauisch von oben bis unten an, was ich inzwischen gewohnt war. Eine leicht füllige Dame, graubraunes, schulterlanges, gewelltes Haar.
    »Was wollen Sie?« wiederholte sie ohne ein Lächeln.
    Ich sagte: »Sagt Ihnen der Name Nore vielleicht etwas? Philip Nore oder Caroline Nore?«
    Das Mädchen konnte mit den Namen nichts anfangen, aber die Frau wurde schlagartig hellhörig.
    »Was genau wollen Sie?« wollte sie wissen.
    »Ich bin … Philip Nore.«
    Der angespannte Gesichtsausdruck verschwand, und sie sah ungläubig drein. Sie schien nicht direkt erfreut, aber sie wußte immerhin Bescheid. »Sie kommen wohl besser rein«, sagte sie. »Ich bin Samantha Bergen.«
    Ich ging die Stufen hinauf, trat durch die Eingangstür und hatte nicht das Gefühl, nach Hause zu kommen, wie ich es halb erwartet hatte.
    »Nach unten«, sagte sie und ging über die Schulter blickend voran, und ich folgte ihr durch die Diele und die Treppe hinunter die in all diesen Londoner Häusern zur Küche und zur Tür in den Hintergarten führte. Das Mädchen folgte mir mit verblüffter und immer noch wachsamer Miene.
    »Tut mir leid, daß ich Sie nicht freundlicher empfangen habe«, sagte Samantha, »aber Sie wissen ja, wie das heutzutage ist. So viele Einbrüche. Man muß vorsichtig sein. Und junge Männer, die vor der Haustür stehen und nach Samantha fragen …«
    »Ja«, sagte ich.
    Sie ging durch einen Türbogen in einen großen Raum, der weit mehr nach Landhausküche aussah als die meisten Küchen auf dem Land. Auf der rechten Seite eine Reihe Einbauschränke, mit Kiefernholz furniert. Ein großer Tisch mit Stühlen. Roter Fliesenboden. Glasflügeltüren in den Garten. Ein großer Korbsessel, der an einer Kette von der Decke hing. Balken. Kaminecke mit Gasfeuer. Hier und da glänzendes Kupfergeschirr.
    Ohne nachzudenken, ging ich über den roten Fußboden und setzte mich mit untergeschlagenen Beinen in den hängenden Korbsessel neben dem Kaminfeuer.
    Samantha Bergen sah mir staunend zu.
    »Sie sind es!« sagte sie. »Sie sind Philip. Der kleine Philip. Er hat immer so hier gesessen, mit untergeschlagenen Beinen. Ich hatte es vergessen. Aber wie ich Sie jetzt gesehen habe … Du lieber Himmel.«
    »Verzeihung«, sagte ich stotternd, stand wieder auf und hielt den schwingenden Sessel an. »Es kam … ganz von selbst.«
    »Aber mein Guter«, sagte sie. »Das ist doch ganz in Ordnung. Es ist nur so verblüffend, Sie wiederzusehen, das ist alles.«
    Sie drehte sich zu dem Mädchen um, sagte aber immer noch an mich gerichtet: »Das ist meine Tochter Clare. Sie war noch nicht auf der Welt, als Sie hier gewohnt haben.« Und zu ihrer Tochter sagte sie: »Ich habe ab und zu das Kind einer Freundin betreut. Herrgott … das muß jetzt mindestens zweiundzwanzig Jahre hersein. Ich glaube, ich habe dir nie davon erzählt.«
    Das Mädchen schüttelte den Kopf, sah aber nicht mehr so verblüfft und erheblich freundlicher drein. Sie waren beide auf natürliche Weise attraktiv, beide trugen Jeans, weite Pullover und ungeschminkte Dienstagnachmittagsgesichter. Das Mädchen war schlanker und hatte dunkleres, kürzeres Haar, aber beide hatten große graue Augen, eine gerade Nase und ein weiches Kinn. Beide wirkten selbstbewußt und auf unbestimmte Weise intelligent.
    Die Arbeit, bei der ich sie unterbrochen hatte, war auf dem Tisch ausgebreitet. Druckfahnen und Zeichnungen und Fotos, das Rohmaterial für ein Buch. Als ich einen Blick darauf warf, sagte Clare: »Mutters Kochbuch.« Und Samantha sagte: »Clare arbeitet in einem Verlag«, und sie forderten mich auf, mich wieder zu setzen.
    Wir setzten uns an den Tisch, und ich erzählte ihnen von meiner Suche nach Amanda und von der unbestimmten Hoffnung, die mich zu ihnen gebracht hatte. Samantha schüttelte bedauernd den Kopf. »Mehr als eine

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