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Reflex

Reflex

Titel: Reflex Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dick Francis
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nie wieder auf. Erst mit zwanzig war ich dann wieder mit Haschisch in Berührung gekommen. Damals schenkte mir jemand ein Stück roten Libanesen, den man wie einen Maggiwürfel über Tabak zerbröseln mußte.
    Ich hatte einen Teil davon geraucht und den Rest weitergegeben und nie wieder etwas damit zu tun gehabt. Die Wirkung lohnte die Mühe und die Kosten nicht. Wenn ich Asthma gehabt hätte, hätte es sich gelohnt, das erfuhr ich von einem mit mir befreundeten Arzt. Er hatte mir bekümmert erzählt, daß Cannabis bei Asthmatikern eine fantastische Wirkung habe. Zu dumm, daß man es nicht auf Kosten der Krankenversicherung verschreiben dürfe.
    Wir tranken den Tee, den Clare zubereitet hatte, und Samantha erkundigte sich, was ich beruflich machte.
    »Ich bin Jockey.«
    Sie wollten es nicht glauben. »Sie sind zu groß«, sagte Samantha, und Clare sagte: »Man ist nicht einfach Jockey.«
    »Ist man doch«, sagte ich. »Ich bin einer. Und Jockeys, die Hindernisrennen reiten, müssen nicht klein sein. Es gab schon welche, die waren über einsachtzig.«
    »Abartig, so was zu machen«, sagte Clare. »Ziemlich sinnlos, oder?«
    »Clare!« sagte Samantha vorwurfsvoll.
    »Wenn Sie meinen, daß ein Jockey keinen sinnvollen Beitrag zur Gesellschaft leistet«, sagte ich ungerührt, »bin ich mir da nicht so sicher.«
    »Nur weiter«, sagte Clare.
    »Entspannung dient der Gesundheit. Ich biete Entspannung.«
    »Und Wetten?« hielt sie mir entgegen. »Dient das auch der Gesundheit?«
    »Ersatzhandlung für das Eingehen von Risiken. Setz dein Geld aufs Spiel, nicht dein Leben. Stellen Sie sich mal die Rettungsaktionen vor, wenn jeder auf die Idee käme, den Mount Everest zu besteigen.«
    Sie setzte zu einem Lächeln an und machte eine kauende Lippenbewegung daraus. »Aber Sie persönlich … gehen das Risiko ein.«
    »Ich wette nicht.«
    »Clare will Sie nur aufs Glatteis führen«, sagte ihre Mutter. »Hören Sie nicht auf sie.«
    Clare aber schüttelte den Kopf. »Mir scheint, deinen kleinen Philip kann man nicht so leicht aufs Glatteis führen, der hat zu viele Widerhaken.«
    Samantha warf ihr einen überraschten Blick zu und fragte mich, wo ich wohnte.
    »In Lambourn. Das ist ein kleiner Ort in Berkshire. Draußen in den Downs.«
    Clare runzelte die Stirn und musterte mich genauer.
    »Lambourn … ist das nicht der Ort, wo mehrere Reitställe sind, so ähnlich wie in Newmarket?«
    »Genau.«
    »Hm.« Sie überlegte ein Weilchen. »Ich ruf mal eben meinen Chef an. Er macht gerade ein Buch über englische Dörfer und englisches Dorfleben. Heute morgen hat er gesagt, daß das Buch noch etwas dünn ist – hat mich gefragt, ob ich noch ein paar Ideen habe. Er hat so einen Schriftsteller damit beauftragt. Der geht auf die Dörfer, bleibt eine Woche und schreibt ein Kapitel. Er hat gerade eins über ein Dorf geschrieben, das selbst Opern produziert … Haben Sie was dagegen, wenn ich ihn mal anrufe?«
    »Keineswegs.«
    Bevor ich das Wort ausgesprochen hatte, war sie schon aufgestanden und zum Telefon hinübergegangen, das auf der Küchenanrichte stand. Samantha bedachte sie mit einem stolzen Mutterblick, und ich dachte, wie sonderbar es war, eine Samantha Ende vierzig – in meiner Vorstellung war sie ewig jung geblieben. Aber hinter dem nicht wiederzuerkennenden Äußeren war noch die altvertraute Wärme zu spüren, ihre Direktheit, ihre festen Prinzipien und ihre Großherzigkeit. Und es beruhigte mich, daß ich mir diese halbverschütteten Eindrücke nicht nur eingebildet hatte.
    »Clare macht mit einem, was sie will«, sagte sie. »Sie hat mich dazu gebracht, dieses Kochbuch zu machen. Sie hat mehr Energie als ein Elektrizitätswerk. Als sie gerade sechs Jahre alt war, hat sie mir mitgeteilt, daß sie Verlegerin werden will, und sie ist auf dem besten Wege dazu. Sie ist bereits die rechte Hand des Mannes, mit dem sie gerade telefoniert. Sie wird den ganzen Betrieb leiten, ehe die es richtig mitbekommen.« Sie stieß einen freudig resignierten Seufzer aus, dem man entnehmen konnte, was für ein hartes und beglückendes Schicksal es war, ein Wunderkind großzuziehen.
    Das Wunderkind selbst, das völlig normal aussah, beendete sein Telefongespräch und kam nickend zum Tisch zurück.
    »Er ist interessiert. Er will mit mir zusammen hinfahren und sich den Ort ansehen, und wenn alles o.k. ist, schickt er seinen Schriftsteller und einen Fotografen hin.«
    Ich sagte zaghaft: »Ich habe Aufnahmen von Lambourn gemacht … Falls Sie die

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