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Reflex

Reflex

Titel: Reflex Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dick Francis
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»Lebt er noch?«
    »Ich weiß es nicht. Ich habe seitdem nie mehr mit ihm gesprochen oder von ihm gehört.«
    »Und wie … wie hieß er?«
    Sie starrte mir ins Gesicht, nicht das geringste hatte sich an ihrem tiefsitzenden Haß geändert. »Das sage ich dir nicht. Ich will nicht, daß du ihn ausfindig machst. Er hat mein Leben zerstört. Er hat unter meinem eigenen Dach mit meiner siebzehnjährigen Tochter geschlafen, und er war hinter meinem Geld her. So ein Mensch war dein Vater. Seinen Namen sage ich dir nicht, das ist der einzige Gefallen, den ich dir tue. Also sei zufrieden.«
    Ich nickte. Ich machte eine unbestimmte Handbewegung und sagte verlegen: »Es tut mir leid.«
    Ihre Miene wurde nur noch finsterer.
    »Jetzt such Amanda für mich«, sagte sie. »Dieser Anwalt hat gesagt, du tust es, wenn ich dich aufkläre. Also geh und tu es.« Sie schloß die Augen und sah sofort kranker, verwundbarer aus. »Ich mag dich nicht«, sagte sie. »Also geh!«
     
    »Und?« sagte Jeremy unten.
    »Sie hat’s mir gesagt.«
    »Der Milchmann?«
    »So ungefähr.« Ich berichtete ihm das Wesentliche, und er reagierte genauso wie ich.
    »Arme alte Frau.«
    »Ich könnte einen Drink vertragen«, sagte ich.

13
    Wenn man Farbabzüge macht, geht es einem normalerweise darum, ein möglichst naturgetreues Ergebnis zu erzielen, und das ist bei weitem nicht so einfach, wie es klingt. Abgesehen von Kleinigkeiten wie Schärfe und optimaler Belichtungszeit und -stärke macht die Farbe selbst einem zu schaffen, da sie je nach Filmhersteller und Fotopapier, ja sogar auf Papier aus zwei verschiedenen Schachteln des gleichen Typs vom gleichen Hersteller unterschiedlich herauskommt. Das liegt daran, daß die vier hauchdünnen Emulsionsschichten des Farbfotopapiers von Serie zu Serie leicht variieren. Es ist ja auch kaum möglich, zwei Kleidungsstücke in verschiedenen Färbebädern so zu färben, daß man ein absolut identisches Ergebnis bekommt; bei lichtempfindlichen Emulsionen verhält es sich ebenso.
    Um das auszugleichen und zu bewirken, daß alle Farben möglichst natürlich aussehen, benutzt man Farbfilter – farbige Glasscheiben, die zwischen die helle Lichtquelle des Vergrößerungsapparates und das Negativ gesetzt werden. Bei richtiger Filtermischung werden dann auf dem fertigen Abzug blaue Augen wirklich blau und kirschrote Lippen wirklich kirschrot.
    Die drei Filter in meinem Vergrößerungsapparat hatten, wie fast überall auf der ganzen Welt, die gleichen Farben wie die Farbnegative: Gelb, Magenta und Zyan. Wenn man alle drei Filter gleichzeitig benutzt, ergibt das Grau, daher benutzt man jeweils nur zwei auf einmal, und bei Fotos meiner Art waren das immer Gelb und Magenta. Bei behutsam ausgewogenem Gebrauch konnten sie Hautfarben erzeugen, die für menschliche Gesichter weder zu gelb noch zu rosa waren, und beim Entwickeln orientierte man sich normalerweise an einer natürlich aussehenden Hautfarbe.
    Wenn man jedoch eine magentafarbige Glasscheibe über eine gelbe Glasscheibe schob und durch beide Licht fallen ließ, erhielt man Rot.
    Wenn man Licht durch Gelb und Zyan fallen ließ, bekam man Grün. Und durch Magenta und Zyan … ein reines Königsblau.
    Als Charlie mir das zum ersten Mal gezeigt hatte, war ich ganz verwirrt gewesen, da die Mischung von farbigem Licht zu völlig anderen Ergebnissen führt als die Mischung von Malfarben. Sogar die Primärfarben sind nicht gleich. Vergiß das Malen, hatte Charlie gesagt. Hier geht’s um Licht. Man kann durch die Mischung anderer Farben kein Blau erzeugen, aber mit Licht ist es möglich.
    »Zyan wie Zyanid?« sagte ich. »Hat das was mit Blausäure zu tun?«
    »Von Blausäure läuft man blau an«, sagte er. »Zyan ist ein griechisches Wort für blau. Kyanos. Vergiß das nicht. Zyan ist ein Grünblau, also ist es ganz logisch, daß man es durch Mischung von blauem mit grünem Licht erhält.«
    »Wirklich?« hatte ich zweifelnd gefragt, und er hatte mir die sechs Farben des Lichts gezeigt und sie vor meinen Augen gemischt, bis sich ihre Beziehung für immer in meinem Kopf festgesetzt hatte, bis sie in meinem Gehirn so fest verankert waren wie die Form der Buchstaben.
    Am Anfang waren Rot, Grün und Blau …
    Ich ging an diesem schicksalhaften Sonntagmorgen in meine Dunkelkammer und stellte die Filter am Kopf meines Vergrößerungsapparates auf eine für den normalen Farbabzug völlig unübliche Weise ein: das Licht fiel durch einen starken Zyan- und einen starken Magentafilter

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