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Regenbogen-Welt (German Edition)

Regenbogen-Welt (German Edition)

Titel: Regenbogen-Welt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alisha Bionda
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wollte den Spieß herumdrehen und sich wiederum mit den Fremden
verbünden. So beschenkte er die Neuankömmlinge reich.
    Claudius wiederum sah sich gezwungen, die Stadt nun doch zu
verlassen und seinen Feinden entgegenzureiten, um die Gefahr, die von ihnen
ausging, einzuschätzen. Seine Abwesenheit bewirkte den Zusammenbruch des mühsam
aufrechtgehaltenen Gleichgewichtes zwischen dem roten Volk und den Eroberern
innerhalb der Stadt.
    Endlich lehnten sich die Bewohner der Goldenen Stadt auf. Töteten
etliche Gegner. Darunter auch Jose Bolancer, dem im Tode wieder die Gefiederte
Schlange erschien. Dieses Mal war ihr Blick gütig und trostspendend.
    „Hab keine Angst”, wisperte sie, „ich nehme dich mit in das
Totenreich. Hab keine Angst.”
    Ihre Gestalt entfernte sich in rasanter Geschwindigkeit. Je
kleiner sie wurde, desto größer wurde das helle Licht, das Jose entgegen
strahlte, ihn erfasste und mitzog. Dann fiel er. Ins Bodenlose. Ins meilenweite
Dunkel. Immer schneller drehte er sich um die eigene Achse. Verlor die
Kontrolle. Doch der endlose Fall war zärtlich.
     

     
    Claudius verlor bei seiner Rückkehr, als er den Leichnam des
Freundes sah, völlig die Kontrolle über sich. Immer wieder hämmerten die Worte:
ES IST DEINE SCHULD ... ES IST DEINE SCHULD in seinem Kopf. Er hatte den Freund
überredet, die Suche nach der Goldenen Stadt mitzumachen. Diese Reise mit
anzutreten. Und nun war Jose tot. Niedergemeuchelt von diesen Wilden. Claudius
benötigte dieses Ventil. Die Hassgefühle, die er dem roten Volk
entgegenbrachte. Um seines Kummers Herr zu werden. Er schrie, lief in sein
Gemach, schleuderte dort Stühle gegen die Wand, riss das Laken vom Bett und
tobte wie ein Irrsinniger. Dann setzte er sich auf das Bett, verbarg das
Gesicht in den Händen und weinte. Wegen der drohenden Niederlage und um seinen
Freund.
    Lange hatte sich Claudius nicht von dem Bett erhoben. Dann sprang
er auf und lief zu Moctezuma. Als er den Herrscher des roten Volkes vor sich
stehen sah, verlor er endgültig die Fassung. Er stürzte sich auf ihn und
beschimpfte ihn.
    „Du willst mein Freund sein?”, schrie er völlig irrational. „Du
hast mich hintergangen, du Hurensohn!”
    Und noch einmal konnte Claudius seine Männer auf seine Seite
ziehen. Seine Wut ging auf sie über. Schürte auch in ihnen ein unglückseliges
Hassgefühl. Sie schleppten Moctezuma auf das Dach seiner Residenz, wo dieser
wieder einmal vermitteln sollte. Doch Moctezuma vermochte es nicht mehr, seine
roten Brüder und Schwestern zu besänftigen. Auch sie waren in ihrem Hass nicht
mehr zu zügeln und bewarfen Claudius und seine Männer mit Steinen. Der dritte
oder vierte verfehlte sein Ziel nicht. Doch er traf nicht die Eroberer, sondern
Moctezuma. Tödlich am Kopf verwundet, sank der Herrscher der Stadt in sich
zusammen.
    Und nun gab es für das rote Volk kein Halten mehr.
    Claudius und seine Männer hatten keine Chance. Sie versuchten bei
Nacht und Nebel zu fliehen. Doch diese überstürzte Flucht misslang. Das Gold,
das bisher schon so vielen das Leben gekostet hatte, behinderte sie. Über
achthundert von Claudius’ Männern und Tausende der übergelaufenen Indianer
kamen zu Tode. Und was Claudius am meisten schockierte, war die Tatsache, dass
er den größten Teil des Goldes verloren hatte. Seines Goldes!
    Claudius’ Männer waren nur noch ein jämmerlicher Haufen. Es war
nichts mehr übrig von dem einstigen Stolz und der Abenteuerlust, die sie an die
Küsten dieses Kontinentes gebracht hatten. Der Eroberer war verzweifelt. Er
erkannte, es gab nur einen Ausweg, er musste sich zu seinen Verbündeten in die
Nachbarstadt retten.
    Doch würden sie ihn aufnehmen?
    Noch einmal hatte er Glück. Die Bewohner der Stadt Tlaxcala
nahmen ihn auf. Zu groß war noch ihr Groll auf Moctezumas jahrelange
Unterdrückung. Genau zwanzig Tage gönnte Claudius seinen geschundenen Männern.
Dann konnte er seinen übertriebenen Stolz und die erlittene Demütigung nicht
mehr zügeln. Unerbittlich zog er mit seinen Verbündeten gegen die Region der
Goldenen Stadt vor.
    Die Insellage, die Claudius zum Verhängnis geworden war, sollte
nun auch die Bewohner Mexicos zu Fall bringen. Aber die Krieger der Goldenen
Stadt waren vorbereitet. Ein gnadenloser Kampf entbrannte. Dreiundneunzig Tage
lang.
    In der Goldenen Stadt wüteten die Pocken. Wasser und
Nahrungsmittel wurden knapp. Erst starben die Alten und Kranken und dann die
Kinder. Und eines Tages im August stand Moctezumas

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