Regenbogen-Welt (German Edition)
beachtete sie nicht. Sein
geballter Zorn richtete sich nun vollends auf Moon, die erschrocken
zurücksprang, als sie eine Feuerzunge, die der Drache gegen sie richtete, traf.
„Jetzt!”, schrie Moon und blickte zu Sunseray auf.
Der Sonnenball setzte sich augenblicklich in Bewegung, er kreiste
immer schneller über Deelgeed, wurde blutrot und nahm an Volumen zu. Eine
Hitzewelle traf den Drachen. Ließ ihn zurücktaumeln.
Und dann ging alles sehr schnell.
Feuerzungen rahmten den Sonnenball ein, der sich in ein einziges
Flammenmeer verwandelte. Ein dunkler Schatten versuchte sich aus dem
Drachenkörper zu lösen.
Sabia!
„Sunseray!”, schrie Moon, am Ende ihrer Kräfte. Sie hatte immer
noch nicht aufgehört, das Schwert in Deelgeeds Körper zu stoßen. Doch der
verlor erstaunlicherweise nicht an Kraft. Hob den Kopf, um der Gefahr, die ihm
von oben drohte, zu trotzen. Aber es war zu spät. Das Flammenmeer senkte sich
über ihn. Hüllte ihn und Sabias dunkle Seele ein. Verwandelte sie in eine
einzige Feuersäule.
Es roch nach verbranntem Fleisch. Schreie erfüllten die
Zauberhöhle: Deelgeeds waren schmerzlich, Sabias dagegen zornerfüllt und Moons
eindeutig erleichtert. Grelle Blitze fuhren durch die Luft. Deelgeeds Schreie
änderten sich. Todesangst schwang darin. Dann verwandelte sich sein mächtiger
Körper in eine undefinierbare Masse, die in sich zusammensank. Ein brennendes
Bündel, von dem ein grauenvoller Gestank ausging.
In dem Augenblick, als sowohl seine wie auch Sabias Seele
ausgelöscht wurden, fiel die Versteinerung von Saha, Barb und Maiitsoh ab.
Benommen sanken die beiden Frauen zu Boden und blieben dort sitzen. Sahen mit
aufgerissenen Augen, wie sich auch Moon in Materie verwandelte und Maiitsoh
einhüllte, eins mit ihm wurde. Für wenige Sekunden wurde ein muskulöser
Männerkörper sichtbar, bevor wieder die Gestalt des Großen Wolfes vor ihnen
stand.
Nach einer Weile verzog sich der Rauch. Saha blickte sich
vorsichtig um. Sunseray hatte sich nicht zurückgebildet. War als Feuerball
verschwunden. Saha robbte auf Knien zu Barb, die noch immer zusammengesunken
dasaß.
„Ist alles in Ordnung?”, rief sie besorgt.
Barb schlug die Augen auf und zog sich an der Felswand hoch.
„Ja”, stieß sie hervor. „Aber was war das gerade? Das mit Moon und ...”
Maiitsoh wollte sie sagen. Doch er war mit einem Satz bei ihr und
seufzte erleichtert: „Beim Großen Geist, du lebst!”
Stimmen wurden laut. Ishtar stürmte in die Zauberhöhle, gefolgt
von den Freunden. Er rannte auf Saha zu und wollte sie umarmen, aber sie stieß
ihn unsanft von sich.
„Hinter welchem Stein habt ihr euch die ganze Zeit verkrochen?”,
schrie sie und funkelte ihn wutentbrannt an. Ihr Blick schweifte umher, blieb
an dem Aschehaufen hängen, der einmal Deelgeed gewesen war und jetzt frei vor
ihnen lag. Die Gitterstäbe der Kältefrau waren verschwunden. Es gab keine
Gefahr mehr, die gebannt werden musste.
„Wir konnten euch nicht helfen.”
Ishtars sanfte Stimme brachte Saha noch mehr gegen ihn auf.
„Ach ja? Womit wart ihr beschäftigt? Habt ihr Pilze gesucht?”
„Saha!” Ishtar machte eine unwillige Handbewegung. „Kupfergesicht
ist tot.”
Saha gab einen dumpfen Laut des Entsetzens von sich. „Kupfergesicht
... aber wer ... wie?”
Ishtar legte den Arm um ihre Taille. Und nun wehrte sich Saha
nicht mehr, als er sie langsam an sich zog. „Sabia hat sie auf dem Gewissen.
Und uns ...”
„Das war der Grund, warum sie hier wie das blühende Leben
hereingeschwebt kam. Sie hatte Kupfergesichts Lebensenergie in sich
aufgenommen.” Saha stöhnte und verstand plötzlich.
Ishtar nickte. „Und uns hat sie ebenso in Stein verwandelt wie
euch. Wir konnten dir nicht helfen, Schatz!”, sagte er und strich ihr sanft
eine Haarsträhne aus dem Gesicht.
Binnen weniger Minuten brachen sie wieder auf. Ohne Kupfergesicht
und Sunseray kamen sie sich merkwürdig verloren vor. Aber sie mussten
weitergehen. Wollten endlich an das Ziel ihrer Reise gelangen. Sie
durchwanderten wieder die felsige Landschaft. Überall stießen sie auf kleine
Gruppierungen Heiliger Leute. Alles um sie herum ähnelte sich, glich sich aufs
Haar. Die Freunde hatten nicht das Gefühl, auch nur einen einzigen Meter
weiterzukommen. Allem Anschein nach liefen sie im Kreis.
Iman hatte ihnen von einem alten Schamanen erzählt. Ihn suchten
alle Ratsuchenden dieser Welt auf. Und die waren sie genau genommen auch. Sie
wussten nicht mehr
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