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Regina schafft es doch

Regina schafft es doch

Titel: Regina schafft es doch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berte Bratt
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gehemmt hat,- abgeschält – , und dann kann man wieder von neuem beginnen.“
    „Und da machten Sie sich an das, was Sie Handwerk nennen?“
    „Da machte ich mich an das Handwerk. Da konnte ich meine ganze Liebe zur Kunst anwenden und meine Ehrerbietung vor der Kunst. Weil ich endlich eingesehen hatte, daß ich selbst nicht die schöpferische Kraft besaß, da lernte ich, mich darüber zu freuen, daß andere sie hatten. Zuletzt war ich so weit gelangt, daß ich glücklich war, sobald ich gute Kunst entstehen sah. Das war ja im Grunde die Hauptsache – nicht, wer sie machte.“
    „Wissen Sie, Herr Reisinger…“, Reginas Stimme klang gedämpft und bewegt, „wissen Sie… wenn man es sich recht überlegt, dann glaube ich doch, Sie sind ein größerer Künstler als alle die Bildhauer, deren Werke Sie gießen.“
    Reisinger lächelte.
    „Wenn Sie gesagt hätten, Lebenskünstler, dann würde ich mich so einigermaßen mit Ihnen einverstanden erklären können.“
    „Ja, als Mensch sind Sie weit gekommen.“
    „Liebes Fräulein Regina, es hat keinen Sinn, Künstler und Mensch trennen zu wollen! Ein schlechter Mensch wird niemals ein guter Künstler – denn zu guter Kunst gehört Seele, gehört Herz und – Menschenliebe!“
    „Mir hat mal jemand erzählt, um gute Kunst zu machen, muß man auch gelitten und Kummer gehabt haben.“
    „Da ist was dran, Mädel. Es kommt ganz darauf an, ob man es versteht, das Leid richtig zu verarbeiten. Man darf es nicht in Bitterkeit verwandeln. Bitterkeit macht unfruchtbar, denken Sie immer daran. – So, nun lassen Sie mich mal Ihre Figur sehen. Schauen Sie, hier sieht man den Streifen von der Fuge, quer über den Kopf hinweg, das darf nicht sein. Hier muß nachgeholfen werden, ich will es Ihnen zeigen.“
    Und Reisingers Hände umfaßten die Figur mit jener zarten und großen Behutsamkeit, mit der sie immer ein Kunstwerk behandelten.
    „Sie können, Regina. Sie haben etwas zu geben. Sie können schaffen. Alles, was Sie machen, ist so rein, so richtig. Aber…“
    „Aber?“ wiederholte Regina.
    „Sie müssen mehr Leben hineinlegen. Wenn Sie eine Gestalt modellieren, dann machen Sie nicht nur das Strenge und Reine und – ja, was soll ich sagen, das Symbolische. Das rein Symbolische. Machen Sie unter allen Umständen auch mal eine Gestalt, die von Leid, von Sünde erzählt und von…“
    „… von Vergebung vielleicht?“
    „Ganz recht! Denn besteht das Leben nicht zum größten Teil aus Sünde und Vergebung?“
    Katrin hatte kaum Zeit, ihren Mantel auszuziehen, da fing sie auch schon an: „Nein, Regina, jetzt hör bloß mal. Jetzt mußt du zuhören! Also, stell dir bloß vor! Ich stehe heute bei Tausing, von oben bis unten mit Ton beschmiert, du weißt ja, wie ich mich immer einferkele, wenn ich modelliere. Da geht die Tür auf, und herein kommt ein Mann mit den interessantesten silbernen Schläfen der Welt. Nicht zu glauben, wie der Mann aussah. Und dann sagt er auch noch: ,Hallo, Onkel Franzi’, und entpuppt sich schließlich als ein Neffe von Tausing. Und nun fing er an, im Atelier herumzuwandern und sich von oben bis unten alles zu begucken, und kannst du erraten, bei welchen Sachen er ganz aus dem Häuschen geriet vor Begeisterung?“
    „Oh, du hattest ihm wohl einen erdbeerfarbenen Keramikschmuck gezeigt?“ sagte Regina und lachte leise auf.
    „Ich werd’ dir gleich helfen, sonst werd’ ich dafür sorgen, daß du hier und da erdbeerrot anläufst. Nein, mein Engel, dieser kluge und einsichtige und intelligente und kunstverständige Mann blieb mit deinem ,Bübchen’ in der einen Faust und meinem ,Schützen’ in der anderen stehen und rief quer durch das Atelier: ,Du Onkel, hör mal, weißt du zufällig, wer diese beiden hier gemacht hat?’ Und das wußte der Onkel zufällig, er zeigte auf mich mit einem Daumen, der voller Ton war, und nun machte sich der Doktor an mich heran…“
    „Welcher Doktor?“
    „Na ja, der mit den silbernen Schläfen ist Zahnarzt, wie findest du das? Höchstens fünfunddreißig Jahre alt – ja, allerhöchstem vielleicht siebenunddreißig, achtunddreißig, und er ist Dr. med. dent, oder wie es nun heißt – hört sich das nicht toll an? Er heißt übrigens Leo Bielec, na ja, also, er hielt die beiden Figuren vor sich hirt und kam zu mir und fragte, ob ich eine Lampe für ihn entwerfen wollte.“
    „Katrin, mach doch mal freundlichst eine Pause, laß mich wiederholen. Also: ein Neffe von Tausing, ein Zahnarzt, mit Namen

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