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Reich und tot

Reich und tot

Titel: Reich und tot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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Vorurteilen und dem Häppchenwissen in Mittelengland weiter Vorschub leisteten, etwas gewesen wäre, womit er gerne seinen Abend verbrachte. Er war nach einem besonders nervigen Tag einfach zu müde und abgespannt gewesen, um den Schwachsinn auszuschalten. Wobei er wahrscheinlich sowieso den Großteil der Sendung verschlafen hatte. Trayner musste etwa Mitte vierzig sein. Er war normal groß, hatte schütteres, feines Haar, aber eine gesunde Hautfarbe und eine Figur, wie man sie sich wohl am besten mit zahlreichen Besuchen in einem teuren Fitnessstudio erhielt.
    »Sie haben den Vorfall also nicht selbst beobachtet, Mr Trayner?«
    »Bitte, nennen Sie mich Geoffrey. Nein, das habe ich nicht. Leider. Auch meine Frau nicht. Ich glaube aber, Ihr Constable hat mit einigen Gästen gesprochen, die alles mitbekommen haben.«
    Trayner bat ihn ins Haus, was Jacobson trotz derHitze ablehnte. Stattdessen machte er eine Geste zu einer nahen Bank hin, die einladend von einer großen Linde überschattet wurde. Er wollte das ganze Theater nicht, hatte keine Zeit für eine Aufführung von ›Ein Inspector kommt‹ und würde sich auch nicht darauf einlassen, Trayner mit dessen Vornamen anzureden. Jacobson setzte sich als Erster, Trayner folgte ihm.
    »Wenn Sie mir vielleicht erzählen könnten, was Sie über Mr und Mrs Mortimer wissen, Mr Trayner. Das könnte mir bei einer äußerst ernsten Ermittlung weiterhelfen.«
    Trayner schüttelte den Kopf, bevor er antwortete.
    »Die beiden sind keine persönlichen Freunde, Chief Inspector. Das muss ich als Erstes sagen. Genauso wenig wie drei Viertel der Leute, die gestern Abend hier waren. Das Fest ist während der letzten Jahre zu so etwas wie einer Tradition geworden. Ein Zusammentreffen der wichtigen Menschen aus der Region. Um die Räder des Geschäfts zu ölen, wie man so schön sagt.«
    Da sollten Sie meinen neuen Freund Salter treffen, dachte Jacobson.
    »Aber Sie kannten   ... kennen die Mortimers?«
    »Ich kenne wahrscheinlich die gesamte geschäftliche Führungsspitze Crowbys, Chief Inspector. Auf die eine oder andere Weise, durch den Rotary Club, die, äh, Loge, die Handelskammer. Und Planet Avionics ist eine große Firma und ein bedeutender Arbeitgeber für die Region.«
    »Sie kennen die Mortimers also?«, wiederholte Jacobson, und es war ihm egal, ob er so gereizt klang, wie er sich fühlte.
    »Ich habe sie bei ein paar gesellschaftlichen Anlässen getroffen, ja. Gus Mortimer ist durch seine Stellungauch Mitglied der CEG, das ist die Crowby-in-Europa-Gruppe. Bestehend aus örtlichen Arbeitgebern, die für Europa sind und meine Arbeit in Straßburg unterstützen.«
    Jacobson suchte nach seinem Feuerzeug und ließ den Parteipolitiker noch etwas weiterleiern, während er sich eine ansteckte. Dann setzte er Trayner knapp über das Geschehene ins Bild und verfolgte, wie die Honigsüße aus dessen selbstgefälligem Gesicht wich.
    »Ich   ... verstehe. Könnte ich   ... nun, vielleicht eine von Ihren Zigaretten . . .?«
    Jacobson gab ihm die Schachtel und das Feuerzeug. Trayner steckte sich unbeholfen eine B&H an und zog zwei-, dreimal hastig daran, ohne wirklich zu inhalieren. Vielleicht tun Politiker das nicht, dachte Jacobson.
    »Ich, nun, ich glaube dennoch nicht, dass ich Ihnen wirklich weiterhelfen kann. Planet Avionics ist eine dynamische Firma und Gus Mortimer nach allem, was ich höre, ein fähiger Geschäftsführer. Bis gestern Abend war mir auch über ihn persönlich nichts Negatives bekannt . . .«
    Trayner paffte wieder hastig an der Zigarette.
    »Wobei ich eigentlich nichts über ihn persönlich weiß. Seine Frau war offenbar jünger, und ausgesprochen hübsch.«
    Jacobson sah, wie sich die Arbeiter mit dem letzten Teil des Zelts abmühten. Besser die als ich.
    »Keine Gerüchte, kein Tratsch?«
    »Nichts, was mir zu Ohren gekommen wäre, Chief Inspector.«
    Eine blonde Frau tauchte auf dem Pfad hinter dem Baum auf, mit einem hechelnden kleinen Pudel an der Leine. Trayner stellte sie ihm als seine Frau Elaine vor.
     
    Was hatte er gerade gesagt?
Seine Frau war offenbar jünger, und ausgesprochen hübsch:
Wenn Trayners Frau nicht Jenny Mortimers Zwilling war, dann war sie ihre jüngere Cousine. Jacobson schaffte es einen Moment lang nicht, die Augen von dem blauen Funkelstein in ihrem Bauchnabel abzuwenden.
    Elaine Trayner war so hilfreich und nichtssagend wie ihr Mann. Auch sie hatte die Mortimers nur bei ein paar offiziellen Anlässen getroffen und kaum mehr als

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