Reich und tot
Bevor seine Tochter zu Tode geprügelt und erwürgt worden war.
Jacobson erklärte ihnen, wer er war, und dass nichts, was er sagen könne, etwas besser zu machen vermöge.
»Alles, was ich Ihnen versprechen kann, ist, dass wir den Täter bekommen werden.«
Der alte Mann hielt im Laufen inne und blieb mit demRücken zum Kamin stehen. Draußen strahlte die Sonne, aber jemand hatte die Vorhänge zugezogen, wohl aus einer alten Angewohnheit heraus, der Jacobson schon oft begegnet war.
»Sie meinen, Sie haben ihn sich noch nicht gegriffen?«
Jacobson hatte einen Moment Mühe, sich an Mrs Mortimers Mädchennamen zu erinnern.
»Von wem genau sprechen Sie, Mr Swain?«
»Von ihm natürlich.«
Swain machte eine Geste zu einem der Fotos hinter sich, mit Jenny und Gus, Champagner spritzend, in einem wahren Konfettiregen.
»Nicht einmal eine richtige Hochzeit gab es«, schluchzte Mrs Swain. »Auf einem Kreuzfahrtschiff haben sie geheiratet, ganz für sich.«
»In Manila«, sagte Swain. »Ich wusste, dass er nicht der Richtige für sie ist. Hab’s die ganze Zeit gesagt.«
Die Polizistin machte noch einmal frischen Tee und einen löslichen Kaffee für Jacobson. Von Beech Park zum Haus der Mortimers waren es vielleicht gerade mal acht Kilometer, aber wie Jacobson erfuhr, hatten die Eltern ihre Tochter in den fünf Jahren seit der Hochzeit nicht öfter als ein halbes Dutzend Mal gesehen. Mrs Swain rieb sich wieder die Augen.
»Es war schon schlimm genug, als sie noch mit dem davor zusammen war, aber wenigstens haben wir sie da zu Weihnachten und an ihrem Geburtstag gesehen, und hin und wieder am Wochenende, wenn sie nichts Besseres zu tun hatte. Wenigstens hat sie sich da noch wie unsere Tochter benommen. Verheiratet waren die beiden nicht richtig, aber er war gut zu ihr, ich meine Eric. Eine Mutter spürt so etwas.«
Jacobson nippte an seinem viel zu milchigen Kaffee.Familienpsychologie, das war Teil seines Studiums an der Open University gewesen. Gelernt hatte er dabei vor allem, dass es immer so viele Geschichten einer Familie wie Familienmitglieder gab. Nach Mums und Dads Sicht war Jenny ein ruhiges, fleißiges Mädchen gewesen, eine gute Schülerin, die später studiert hatte und als Lehrerin zurück nach Crowby gekommen war. Eric Brown hatte an derselben Schule gearbeitet. Wenn sie ihre Tochter während der Zeit auch nicht so oft zu sehen bekamen, wie es ihnen gefallen hätte, schien Jenny doch ihren Platz gefunden zu haben. Ein paar Jahre lang. Doch dann geriet sie an Gus Mortimer.
Swain war längst wieder unterwegs, während er erzählte.
»Danach haben wir sie kaum noch gesehen. Auch, weil sie so viel im Ausland waren. In New York, Hongkong. Überall sind sie hingefahren. Dagegen hätte ich ja nichts gehabt. Freut mich für dich, hätte ich gesagt. Aber sie wollte von ihrer Mutter und mir auch dann nichts mehr wissen, wenn sie hier in Crowby war. Wir hatten ihnen immer geholfen. Eric und ihr. Ein bisschen hier was bauen, ein bisschen da was reparieren. Was auch immer. Interessiert haben wir uns füreinander. Aber mit Mortimer ... Praktisch rausgeschmissen hat sie uns das eine Mal, als wir bei ihnen waren. Wir wollten nur kurz vorbeischauen. Aber dann erklärte sie Elsie, was für eine miese Mutter sie gewesen sei. Dass wir sie völlig falsch großgezogen hätten und sie nicht wolle, dass wir ihr auf die Pelle rückten. Wenn du das denkst, kommen wir nicht wieder her, habe ich ihr darauf gesagt.«
Die Frau vergrub das Gesicht in ihren Händen. Jacobson trank den Kaffee aus, um den Geschmack aus dem Mund zu bekommen.
»Warum denken Sie, dass Mortimer Ihrer Tochter etwas angetan hat, Mr Swain?«
»Es sind doch immer die Ehemänner, oder? Erst sieht man sie im Fernsehen, wie sie Augenzeugen bitten, sich zu melden, und das Nächste, was man hört, ist, dass sie selbst verhaftet wurden. Und er hat sie
geschlagen.
«
Swain griff nach dem Hochzeitsbild seiner Tochter und wedelte damit hin und her, als wäre es der Beweis.
»Elsie hat sie zufällig in der Stadt getroffen. Vor sechs Monaten war das. Sie konnte nicht schnell genug wieder wegkommen, was, Liebes? Ein großes blaues Auge, mit Make-up übermalt. Woher soll sie das denn sonst gehabt haben?«
Elsie Swain nickte.
»Sie sagte, ich solle mich um meine eigenen Angelegenheiten kümmern. Ich möchte hier nicht wiederholen, wie sie sich ausgedrückt hat. Seit dem Tag habe ich kein Wort mehr mit ihr gewechselt. Mein Mann auch nicht.«
Sie brach wieder in
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