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Reich und tot

Reich und tot

Titel: Reich und tot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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nicht fluchend und spuckend in der Öffentlichkeit. Er schüttete den noch ungetrunkenen Kaffee in einen kleinen Topf und stellte ihn auf den Gasherd. Solange man aufpasste, dass der Kaffee nicht zu kochen anfing, konnte man ihn gut etwas aufwärmen. Montags bis freitags begnügte er sich mit löslichem Kaffee, samstags und sonntags jedoch bestand er auf dem Original, auch wenn er arbeiten musste. Seit einiger Zeit benutzte er dabei ganze Bohnen, die er im Kühlschrank aufbewahrte und mit einer schicken kleinen elektrischen Mühle brühfertig machte.
Gönn dir ruhig mal etwas, alter Junge, wenn es schon kein anderer tut.
Er breitete den ›Sunday Update‹ auf dem Küchentisch aus und nahm einen Schluck von Sainsbury’s feinstem Arabica. Er musste an einen Ausspruch denken, der so oder ähnlich Hegel zugeschrieben wurde: »Die Zeitung ist das Morgengebet des Ungläubigen.« Allerdings glaubte er nicht, dass der große Geist dabei an etwas wie den ›Sunday Update‹ gedacht hatte.
    Der Hinweis, dass Gus Mortimer ihnen bei den Ermittlungen half, war bis ganz hinten in den Bericht gerutscht, der, wenn auch unausgesprochen, auf plumpeste Weise unterstellte, Robert Johnson könne der Mördersein. Ansonsten war es die normale Boulevardkost. Johnsons »Terrorherrschaft« wurde lüstern immer wieder in den Vordergrund gespielt, ein mit Klischees gespickter Kommentar verlangte, ab sofort niemanden mehr »einfach so« freizulassen, und Linda Barnfield erzählte die Geschichte, die sie immer erzählte. Klar, die war immer gut für die Auflage, die Zeitung freute sich. Was Jacobson jedoch nicht verstand, war, was es den Barnfields half, die Geschichte immer neu zu erzählen, so traurig und tragisch sie war. Er betrachtete das Foto über der Schlagzeile »Meine Wut«: Es zeigte John und Linda Barnfield vor ihrem Haus, »im Gespräch mit der Top-Reporterin des ›Update‹, Maddy Taylor«. Einzig seine Entschlossenheit, den Kaffee im zweiten Anlauf endlich zu trinken und nicht zu verschütten, hielt ihn davon ab, mit der Faust auf den Tisch zu schlagen. Verdammt! Dem Licht nach zu urteilen, musste die Reporterin die Barnfields gestern Nachmittag besucht haben. Irgendwann, nachdem Chivers und Salter die Überwachung des Barnfield’schen Hauses für beendet erklärt hatten. Aber das war noch das kleinere Übel. Was ihm die Röte ins Gesicht trieb, war vielmehr, dass diese Maddy Taylor, diese Schmierenjournalistin, klar und eindeutig die Frau war, die er am Freitagmittag im »Brewer’s Rest« begafft hatte: die mit den Beinen.
    Auf der Fahrt zum Präsidium schaltete er die Acht-Uhr-dreißig-Nachrichten von Crowby FM ein. Der Fall Mortimer war die Topmeldung, jedoch nur in der offiziellen Version, dass die Frau erwürgt worden sei und ihr Mann bei der Aufklärung helfe. Robert Johnson wurde bislang nicht erwähnt. Nun, die Radioleute wohnten auch hier, dachte er, und waren auf ein vernünftiges Arbeitsverhältnis mit dem CID angewiesen.Die langbeinige Maddy dagegen konnte hier auftauchen, schreiben, was sie wollte, und wieder nach London verschwinden. Die Ampel an der Kreuzung Flowers Street schaltete auf Rot, als Jacobson sich ihr näherte. Das tat sie immer, werktags, wochenends, bei dichtem wie ruhigem Verkehr. Als gebe es in ihrem Schaltkreis einen ganzen speziellen Jacobson-nähert-sich-Modus.
    So schlimm waren die Nachrichten nun auch wieder nicht, überlegte er. Punkt eins: Die überregionale Presse war seit Freitag hier und hatte immer noch nicht spitzgekriegt, wo sich Johnson tatsächlich aufhielt. Es hieß nur, er befinde sich in der Gegend. Punkt zwei: Johnsons Visage war zwar überall im ›Update‹ zu finden, aber offenbar hatten sie keine neueren Fotos als die von seiner Verhaftung. Alle selbst ernannten Bürgerwehrler, die nach einem Irren mit Fußballerfrisur und Schnauzbart suchten, würden enttäuscht aufgeben müssen.
    Der Parkplatz für die im Präsidium Beschäftigten lag auf der Rückseite des Gebäudes, war von einer hohen Mauer umgeben und nur durch eine Sicherheitsschranke zugänglich. Jacobson hielt seinen Ausweis vor das elektronische Auge und wartete, dass sich die Schranke hob. Mauer und Schranke waren als Sicherheitsmaßnahmen nach der peinlichen Flucht eines in Polizeigewahrsam befindlichen Verdächtigen vor einiger Zeit errichtet worden. Das Problem war, dass das elektronische Auge recht launisch war. Mehrmals täglich erkannte es den Ausweis eines Zugangsberechtigten nicht. Etliche der

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