Reid 3 Ungezähmte Sehnsucht
Mädchen gar nicht, kann sich nicht einmal richtig mit ihnen unterhalten. Deshalb beachtet sie sie die meiste Zeit gar nicht und geht lieber ihren eigenen Interessen nach, kümmert sich um ihre Tochter und ihre Enkel. Sie bat mich lediglich darum, darauf zu achten, dass die Hofdamen nichts taten, was ein schlechtes Licht auf sie werfen könnte. «
Ungläubig fragte Rupert: »Aber Ihr habt dafür gesorgt, dass sie Unfug trieben? «
»Wo denkt Ihr hin! Ich habe die Mädchen lediglich für harmlose Botengänge eingesetzt - damit sie beschäftigt waren und eben nicht auf dumme Gedanken kamen. «
»Nigel behauptet, zu wissen, was hinter Euren Botengängen steckt, und meint, es sei alles andere als harmlos. «
»Für die Mädchen war es harmlos«, antwortete Sarah achselzuckend. »Außerdem ging es um nichts, was dem Hof schaden könnte. «
»Worum ging es denn dann? «
»Um einen fast vergessenen Groll, den ich einst hegte, und der mit dem Einzug der Herzogin in den Palast wieder an die Oberfläche gestiegen ist. Ich hätte nicht gedacht, dass ich ihnen je wieder nahe kommen würde, aber hier in London... «
»Von wem sprecht Ihr? «
»Von den Männern, die mich in jungen Jahren mit boshafter Verachtung straften. Jeder von ihnen stand auf meiner Liste potenzieller Ehemänner, als ich in die Gesellschaft eingeführt wurde«, erzählte Sarah verbittert. »Ich trat an jeden Einzelnen heran, brachte meine Absichten unmissverständlich zum Ausdruck. Die meisten von ihnen machten sich nicht einmal die Mühe, mich freundlich abzuweisen. Einer von ihnen lachte mir sogar offen ins Gesicht. Wer kann es mir da verdenken, dass sich irgendwann der Wunsch in mir regte, mich an ihnen zu rächen? Die Gelegenheit dazu bekam ich allerdings erst, als ich wieder in London war und mir plötzlich Mittel und Wege zur Verfügung standen, um die Herren auszuspionieren und unliebsame Details aus ihrer Vergangenheit auszugraben. «
»Ihr wolltet sie also zu Fall bringen? «
»Zumindest habe ich mit dem Gedanken gespielt. Das Wissen darum, sie stürzen zu können, wenn ich wollte, verlieh mir ein Gefühl der Zufriedenheit. Ich habe es regelrecht genossen. Aber irgendwann verlor die Vorstellung ihren Reiz und langweilte mich. «
»Ihr hattet also nie wirklich vor, ihnen zu schaden, verstehe ich das richtig? «
»Natürlich hatte ich das nicht ernsthaft vor! Zu wissen, dass ich es könnte, wenn ich wollte, und dass sie sich ebenfalls darüber im Klaren waren, reichte mir. Irgendwann tauchte dann Nigel Jennings mit seinen lächerlichen Verdächtigungen auf. Das lenkte mich ein wenig ab, und ich setzte alles daran, ihn glauben zu lassen, er läge mit seinen Vermutungen richtig. Das Katz-und-Maus-Spiel mit ihm hat mir ziemlich viel Spaß gemacht. Ein amüsanter Zeitvertreib. Ich glaube, er sieht das so ähnlich. Aber mehr als ein Jux war das Ganze nicht. «
»Und wie steht es damit, dass Ihr meine Gemahlin gezwungen habt, in sein Gemach zu schleichen? Geschah das auch nur aus Spaß an der Freude? «
Sarah musste ein Lachen unterdrücken. »Es war ja nicht geplant, dass sie erwischt wird. Das war beängstigend, ja. Aber wer auch immer sie auf frischer Tat ertappte, scheint Nigel nichts verraten zu haben. Vielleicht, weil er selbst nichts in seinem Gemach zu suchen hatte? Die Vorstellung, wie zwei Diebe zur selben Zeit in einem fremden Gemach aufeinandertreffen, ist köstlich, findet Ihr nicht auch? Mich überrascht allerdings, dass Rebecca Euch davon erzählt hat. Sie war wegen der Sache ziemlich aufgebracht und weigerte sich, je wieder einen Botengang für mich zu erledigen. Die Kleine hat es sogar gewagt, mir zu drohen! Ein anmaßendes Frauenzimmer, aber das wisst Ihr selbst sicherlich am besten. «
Rupert stöhnte innerlich. Da hatte er seinen Beweis! Alles, was Rebecca ihm erzählt hatte, stimmte. Am besten wäre es gewesen, sie hätte ihn an Ort und Stelle erschossen. So, wie er sie kannte, würde sie ihm niemals verzeihen. Vielleicht wäre es am besten, wenn er sich selbst erschoss.
»Ich habe Euch auf dem falschen Fuß erwischt«, holte Sarah ihn in die Gegenwart zurück. »Ihr könnt es ruhig zugeben. «
Der verblüffte Ausdruck auf Ruperts Antlitz rührte weniger von Sarahs Mätzchen her als von der Tatsache, dass sie sich etwas vormachte, wenn sie dachte, sie hätte die Mädchen zu keinem Zeitpunkt einer Gefahr ausgesetzt. Angesichts der Tatsache, dass sie so achtlos mit dem Leben der Hofdamen umgegangen war, hätte sie eine
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