Reid 3 Ungezähmte Sehnsucht
aufnehmen müsst, die nur ein Ziel verfolgt: dass Ihr schreiend nach Hause lauft, genau wie Eure Vorgängerin. «
»Dein Angebot wird keinen Unterschied machen«, warf Rebecca ein.
»Sollte mein Plan nicht aufgehen, höre ich eben wieder damit auf, ihr die Haare zu richten. Aber ich sehe keinen Grund, warum wir es nicht wenigstens versuchen sollten. «
Hora war von Natur aus optimistisch, genau wie Rebecca, auch wenn die Sache mit Elizabeth ihr schwer im Magen lag- ln diesem Fall überwog die Skepsis. Elizabeths Feindseligkeit schien angeboren, weshalb ein Friedensangebot zu keiner Verbesserung führen dürfte. Dennoch leuchteten Rebecca die Worte ihrer Magd ein. Sie sollten es wenigstens versuchen.
Als Rebecca das Gemach verließ, wartete John Keets bereits auf sie, um sie zu den Gemächern der Herzogin zu begleiten. Sie war ihm unendlich dankbar dafür. Sein Versuch, Rebecca auf dem Weg dorthin so unauffällig wie möglich über Flora auszuhorchen, quittierte sie mit einem innerlichen Schmunzeln.
Der Salon, in dem Rebecca und die anderen Hofdamen den Großteil ihrer Zeit verbringen würden, war von angenehmer Größe und elegant eingerichtet. Mary Louise Victoria, Herzogin von Kent, mochte fast mittellos in den Palast gezogen sein, hatte sich mit finanzieller Unterstützung ihrer Tochter aber gemausert.
Mit Ausnahme von Evelyn und einem anderen jungen Mädchen, mit dem Evelyn stickend an einem Tisch saß und das Rebecca als Lady Constance vorgestellt wurde, war der Salon leer.
Constance sah ein wenig älter als Rebecca aus, mochte eher an das Alter der Königin heranreichen, die bereits zweiundzwanzig Lenze zählte. Aus dem Umstand, dass Constance Hofdame war, ging klar hervor, dass sie noch nicht unter der Haube war. Da sie bezaubernd aussah, wunderte Rebecca sich, weshalb sie noch keinen geeigneten Gemahl gefunden haben mochte.
»Woran arbeitet Ihr da? «, erkundigte Rebecca sich, als sie neben den beiden Platz nahm.
Evelyn hielt ein rechteckiges Stück Satin in die Höhe, auf dem ein kompliziertes Muster aus Ranken und zarten Blüten entstand. »Die Herzogin hatte die Idee, eine Decke zu nähen. Wir besticken die kleinen Quadrate, während sie an dem Hauptstück in der Mitte arbeitet. Sobald die Decke fertig ist, will sie sie der Prinzessin als Geschenk überreichen. Wenn Ihr ein ruhiges Händchen habt, seid Ihr herzlich eingeladen, uns zu helfen. Dort drüben in der obersten Schublade findet Ihr alles, was Ihr braucht. «
Evelyn deutete mit dem Kinn auf eine Kommode in der Ecke des Raumes, neben der eine Reihe von Stühlen sowie eine Ansammlung verschiedener Instrumente standen. Rebecca hoffte inständig, dass sie nicht gebeten würde, je zu spielen. Um ihre Geschicklichkeit im Umgang mit Instrumenten war es nämlich nicht weit bestellt. Sie hatte sich an vier Instrumenten versucht, ehe Lilly sie allesamt aus dem Haus verbannt hatte. Als Ausgleich für die fehlende Fingerfertigkeit war Rebecca mit einer kristallklaren Stimme gesegnet und hatte schon so manchen mit ihren Sangeskünsten beeindruckt.
Rebecca, die für gewöhnlich gern stickte, merkte, dass ihre Finger am ersten offiziellen Tag am Hofe viel zu klamm und sie viel zu nervös war, um sich auf ein vertrackt anmutendes Muster zu konzentrieren.
»Weilt die Herzogin eigentlich wieder im Palast? «, fragte sie stattdessen.
»Wir warten auf sie. Wenn nichts dazwischenkommt, müsste sie im Laufe des Vormittags eintreffen. Aber seid unbesorgt, niemand wird von Euch erwarten, dass Ihr Euch mit Ihr unterhaltet. Die meiste Zeit verbringt sie ohnehin in ihrem Schlafgemach oder ihrem privaten Salon. Lady Sarah hält sich gerade in ihren Räumlichkeiten auf, um dafür zu sorgen, dass bei der Rückkehr der Herzogin alles zu ihrer Zufriedenheit ist. «
»Und um die Zimmermädchen zu terrorisieren«, fügte Constance hinzu.
»Papperlapapp! « Evelyn feixte. »Unsere gutmütige Sarah wäre doch nie dazu in der Lage. «
Rebecca legte die Stirn in Falten. »Gibt es etwas, das ich wissen sollte? «
»Eigentlich nicht. Sarah hat lediglich die Angewohnheit, ein wenig ruppig mit dem Personal umzuspringen. Auf der anderen Seite ist uns zu Ohren gekommen, wie faul das Gesinde anfangs war, als die Königin einzog. Gerüchten zufolge war alles verdreckt, überall Ruß und Asche. Aber Prinz Albert hat umgehend Umbaumaßnahmen veranlasst. Ich für meinen Teil finde nicht, dass das Hofpersonal faul ist. Außerdem ist Sarah eine Perfektionistin. «
»Da steckt noch
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