Reid 3 Ungezähmte Sehnsucht
aussehen mochte. Ein kolossaler Fehler! Kaum hatte er dem Ungeborenen ein Gesicht verliehen, befiel ihn ein Sog von Gefühlen, die er nicht in Worte fassen, geschweige denn wieder abschütteln konnte. Ihr gemeinsames Kind - nein, sein Kind. Nein, ihr beider Kind - wenn es denn wirklich existierte.
Um das Baby und Rebecca zu vergessen, hatte Rupert entschieden, um die Häuser zu ziehen und sich volllaufen zu lassen. Doch sein Plan war zum Scheitern verurteilt. Wieder und wieder kreiste ein Gedanke in seinem Kopf umher: Ich muss Rebecca nach London zurückholen. Rupert wollte sichergehen, dass sie keinen Blödsinn anstellte. Wusste sie eigentlich, welche Maßnahmen sie jetzt ergreifen musste? War ihr klar, dass es Dinge gab, die sie bisher getan hatte, die aber während der Schwangerschaft eine Gefahr für das Kind darstellten?
Als Rupert es nicht mehr länger aushielt, packte er einen kleinen Koffer und ritt im strömenden Regen gen Norford.
Mit ihr unter einem Dach zu leben würde alles andere als einfach werden, aber es war die einzige Möglichkeit, ein Auge auf sie zu haben. Die Frage war nur, wie sie seiner Mutter Rebeccas Anwesenheit erklären sollten? Im Grunde gab es nur eine Lösung: Sie würden vorgeben, Lilly, der Nachbarin ihres Bruders, einen Gefallen zu tun, indem sie das Mädchen für die Dauer der bevorstehenden Saison aufnahmen.
Rupert ritt, so schnell das Wetter es zuließ, und war selbst überrascht, wie zügig er sein Ziel erreichte. Wenn er mit Julie in der Kutsche fuhr, dauerte es immer eine halbe Ewigkeit.
Die Angst um sein Ungeborenes hatte nichts damit zu tun, dass er Rebecca Wiedersehen wollte. Zumindest redete er sich das ein, während er auf trockenen Abschnitten in gestrecktem Galopp über die Straße flog. Die Enttäuschung, die sich in ihm breitmachte, als er sie nicht antraf, schlug auf dem Rückweg schnell in Wut um.
Er hatte ihr doch befohlen, nach Norford zurückzukehren! Dachte sie allen Ernstes, dass sie noch immer tun konnte, wonach ihr der Sinn stand? Sie hatte ihn mit Absicht düpiert. Da sie gar nicht schwanger war, hatte sie vermutlich entschieden, ihre Stellung am Hofe nicht aufzugeben. Das Problem war nur, dass er sie im Palast unmöglich zur Rede stellen konnte -zu viele Lauscher an der Wand, die nach Klatsch und Tratsch gierten. Und eines war so sicher wie das Amen in der Kirche: Es würde ein lautes, hässliches Gespräch geben.
Als Rupert sein Haus betrat, verschlug es ihm fast die Sprache. Aus seinem Salon kam Rebecca herausspaziert. Er starrte sie an, als hätte er gerade eine Erscheinung. Auf der einen Seite war er erleichtert, dass sie wohlauf war, auf der anderen Seite wog die angestaute Wut, die durch seine Adern pulsierte. Binnen weniger Sekunden schlug sein Gesichtsausdruck von Verwunderung in Ungehaltenheit um. Was hatte es mit diesem Funkeln in ihren Augen auf sich? Konnte es sein, dass sie ebenfalls wütend war? Und das, wo sie doch in ihrem lavendelfarbenen Kleid noch bezaubernder als sonst aussah. Ihre Taille war rank und schlank wie eh und je...
»Gibt es einen Grund, warum Ihr hier seid? «, fragte er schließlich.
»Ich habe meine Kleidertruhen mitgebracht und wohne ab sofort hier. «
»Den Teufel werdet Ihr! «
»Wie galant von Euch, mich so flegelhaft willkommen zu heißen! « Mehr sagte Rebecca nicht.
Ein Muskel in Ruperts Kiefer zuckte. Vergessen war der Umstand, dass er eigens nach Norford geritten war, um sie zu holen. Das war seine Idee gewesen! Die Tatsache, dass sie augenscheinlich denselben Einfall gehabt und sogleich Nägel mit Köpfen gemacht hatte, weckte sein Misstrauen.
»Fangt nicht schon wieder mit Euren Machenschaften an! «, warnte Rupert sie. »Beantwortet gefälligst meine Frage! «
»Warum ich hier bin? Ist das nicht offensichtlich? Weil ich in anderen Umständen bin. Sobald man es mir auch ansieht, wird man mich nach meinem Ehemann fragen und mir wohl kaum glauben, wenn ich erwidere, dass ich mit Euch verheiratet bin. «
»Und was ist mit der weniger offensichtlichen Antwort? «
»Weil Ihr mich so fuchsteufelswild macht, dass ich mich dafür hasse, dass ich Euch hasse! «
»Ihr werdet mich nicht für Euch gewinnen, indem Ihr ungebeten hier auftaucht. Ich gebe zu, dass ich meine Haltung Euch gegenüber derzeit überdenke, kann es aber auf den Tod nicht ausstehen, wenn Ihr versucht, diese Ehe real werden zu lassen. Zumal ich noch immer nicht weiß, ob Ihr tatsächlich... «
»Dieses Thema hatten wir bereits
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