Reid 3 Ungezähmte Sehnsucht
sie zu einem neuen Menschen gemacht. Die Ophelia, die seinen Cousin geheiratet hatte, war durch und durch liebenswert.
»Ich hätte nicht gedacht, dass wir dich hier antreffen würden, alter Knabe«, sagte Raphael, als er Rupert erblickte.
Rupert feixte und nahm mit schnellen Schritten die letzten Stufen, um sich zu den Besuchern in der Eingangshalle zu gesellen. »Ich habe mir angewöhnt, nicht mehr als drei Frauen in der Woche zu verführen. Und heute ist einer meiner freien Tage. «
»Wenn ich ehrlich bin, habe ich gehofft, dir gar nicht zu begegnen«, schoss Raphael zurück. »Und da wir lediglich Tante Julie guten Tag sagen wollten, spricht nichts dagegen, wenn du dich jetzt verkrümelst. «
Raphaels Worte klangen wie ein Scherz, waren aber erst gemeint. Obwohl Raphael sich der Treue seiner Gemahlin sicher sein konnte, hatte Rupert in der Vergangenheit zu oft durchblicken lassen, wie begehrenswert er Ophelia fand. Er hatte während der ersten Monate nach ihrer Vermählung aus Spaß an der Freude mit Ophelia geflirtet, aber Rafe, der wusste, wie umtriebig Rupert war, hatte dem nichts Amüsantes abgewinnen können.
»Im Grunde will er damit nur sagen, dass wir dachten, du lägest um diese Zeit noch in den Federn«, mischte Ophelia sich ein, um die Worte ihres Gemahls ein wenig zu entkräften.
»Mach dir keine Sorgen, Liebes« - Rupert zwinkerte Ophelia zu - »ich habe mich mittlerweile an seine Verunsicherung gewöhnt. «
Raphael schnaubte und betrat laut rufend den Salon: »Wo steckst du, Tantchen Julie? Tu mir bitte den Gefallen, und schick deinen missratenen Sohn fort, solange wir zu Besuch sind. «
»Ich weiß, dass du es nicht ernst meinst«, wandte Ophelia sich an Rupert, »aber es ist an der Zeit, ihm endlich die Gewissheit zu geben, dass dem so ist. Deine Annäherungsversuche hast du ja immerhin eingestellt, wofür ich dir auch sehr dankbar bin. «
»Das war doch alles nur Spaß, meine Liebe. «
»Papperlapapp! Du hast das alles nur getan, um deine Mutter zur Weißglut zu bringen. «
»Zum Teil, ja. « Rupert feixte.
»Und um meinen Gemahl aufzuziehen. «
Rupert grinste. »Zum Teil, ja. «
»Meinst du nicht auch, du solltest dein provokantes Verhalten endlich an den Nagel hängen? Ich besuche deine Familie wirklich gern, aber es kostet mich im Vorfeld unendlich viel Kraft, um Rafe dazu zu bewegen, nach London zu reisen - deinetwegen. «
»Gütiger Gott! «, hörten sie Rafe aus dem Salon rufen. »Wann ist das denn passiert? «
Als Rupert einen Seufzer ausstieß, erkundigte Ophelia sich: »Stimmt etwas nicht? «
»Könnte man so sagen - auch wenn Mutter anderer Meinung ist. Sie freut sich wie eine Schneekönigin. Aber ich überlasse es ihr, dir von den neuesten Entwicklungen zu berichten. «
Rupert wies in Richtung Salon. Nachdem Ophelia ihn mit einem vernichtenden Blick gestraft hatte, weil er ihr nicht einmal seinen Arm anbot, setzte sie sich in Bewegung.
Rupert hatte gehofft, dass Julie nicht sofort mit der Wahrheit herausplatzen würde, aber er hätte es besser wissen müssen. Kaum hatten Ophelia und er den Salon betreten, verkündete sie: »Ophelia, auch du sollst es von mir erfahren: Rupert hat sich vermählt. Er hat sich eine wundervolle junge Frau ausgesucht. Und das Beste ist, dass sie mir bald ein Enkelchen schenken wird. «
Rupert lehnte sich mit dem Rücken gegen den Türrahmen und schlug einige Male mit seinem Hinterkopf gegen das Holz. Wieso musste seine Mutter gleich alles ausplaudern?
Ophelia warf ihm abermals einen vorwurfsvollen Blick zu und sagte mit leichter Verbitterung in der Stimme: »Ich liebe Hochzeiten! Wieso waren wir nicht eingeladen? «
Rupert schloss die Augen. »Vielleicht, weil ich gute Gründe habe, das Ganze vorerst nicht an die große Glocke zu hängen. «
»Selbst vor mir wollte er es verheimlichen«, ergänzte Julie. Ihr breites Lächeln ließ jedoch erkennen, dass sie ihm nicht grollte. »Aber ich habe ihm vergeben. Du müsstest sie eigentlich kennen, Rafe. Sie wohnt in deiner unmittelbaren Nachbarschaft. Stell dir nur vor, sie hat mir sogar erzählt, dass sie eine Weile ein Auge auf dich geworfen hatte. Aber sie war noch zu jung, um sich ernsthaft ins Gespräch zu bringen. «
»Hört, hört! «, bemerkte Ophelia mit hochgezogenen Augenbrauen, woraufhin Raphael die Röte in die Wangen kroch.
»Ich habe nicht den blassesten Schimmer, von wem Tante Julie spricht. «
Rupert riss die Augen auf. Jetzt ergab alles einen Sinn! Endlich hatte er
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