Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Reif für die Insel

Reif für die Insel

Titel: Reif für die Insel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bill Bryson
Vom Netzwerk:
dem Taxi hinfahren, wenn Sie keine Lust haben, bei dem Wetter zu laufen«, sagte der Mann.
    Ich schaute ihn an. Ein Taxi? Hatte er Taxi gesagt? Das war so wunderbar, daß ich es gar nicht sofort begriff. »In Blaenau gibt es Taxis?«
    »Aber ja«, sagte der Mann, als sei es eine der berühmteren Attraktionen der Stadt. »Soll ich Ihnen eins bestellen, damit es Sie zum Bergwerk bringt?«
    »Hm –« Ich suchte nach Worten, um gegenüber diesen freundlichen Menschen nicht undankbar zu klingen. Andererseits fand ich die Aussicht, einen Nachmittag lang in feuchten Klamotten ein Schieferbergwerk zu besichtigen, in etwa so reizvoll wie einen Besuch beim Proktologen. »Meinen Sie, das Taxi würde mich nach Porthmadog bringen?« Ich hatte keine Ahnung, wie weit das war, und wagte auch gar nicht zu hoffen, daß es mich dorthin fuhr.
    »Natürlich«, sagte der Mann. Er rief mir ein Taxi, und als nächstes weiß ich nur, daß ich mich unter einem Schwall guter Wünsche von den Besitzern verabschiedete und in ein Taxi stieg. Ich fühlte mich wie das Opfer eines Schiffbruchs, das mit der Seilwinde unverhofft in Sicherheit gebracht wird, und kann Ihnen gar nicht sagen, wie froh ich war, Blaenau hinter mir in der Ferne verschwinden zu sehen.
    Der Taxifahrer war ein freundlicher junger Zeitgenosse und vermittelte mir auf der Zwanzig-Minuten-Fahrt nach Porthmadog die wichtigsten sozioökonomischen Daten über Dwyfor. Am meisten beeindruckte mich, daß die Halbinsel sonntags trocken war. Zwischen Porthmadog und Aberdar hätten Sie nicht mal ein alkoholisches Getränk bekommen, wenn Ihr Überleben davon abgehangen hätte. Ich hatte nicht gewußt, daß es in Großbritannien noch solche Nischen der Recht-schaffenheit gab, aber ich war so froh, aus Blaenau wegzukommen, daß es mir schnurzepiepe war.
    Porthmadog duckte sich unter einem unbarmherzigen Wolkenbruch. Ein grauer Ort am Meer, den man vergessen konnte, überall Kieselrauhputz und dunkler Stein. Trotz des Regens überprüfte ich das karge Angebot an Hotels mit einiger Sorgfalt – nach der Nacht in der freudlosen Pension in Llandudno hatte ich ein Recht, fand ich, auf ein bißchen Komfort und Luxus – und entschied mich für ein Gasthaus namens Royal Sportsman. Mein Zimmer war, wenn auch nicht exzeptionell, so doch in Ordnung, sauber und zweckmäßig. Ich setzte mir Wasser auf, zog mir, während es zu kochen begann, saubere Sachen an und machte mir dann einen Kaffee. Damit setzte ich mich auf die Bettkante, verzehrte einen leckeren Butterkeks dazu und sah eine Soap-Opera im Fernsehen mit dem Titel Pobol Y Cwm , die mir sehr gefiel. Ich hatte natürlich null Ahnung, was da ablief, kann aber mit einiger Sicherheit sagen, daß die schauspielerischen Leistungen und allemal die Produktion besser waren als zum Beispiel alle schwedischen und norwegischen Serien zusammen – und australische sowieso. Wenigstens wackelten nicht die Wände, wenn jemand eine Tür schloß. Es war schon komisch, Menschen zuzuschauen, die in einem erkennbar britischen Milieu agierten – sie tranken Tee und trugen Marks & Spencer-Strickjacken –, aber wie Marsmenschen redeten. Gelegentlich, bemerkte ich fasziniert, ließen sie ein englisches Wort fallen – »right then«, »OK« –, weil vermutlich keine walisische Entsprechung existierte, und bei einer denkwürdigen Begegnung sagte eine Figur etwas wie:
    »Wlch ylch aargh ybsy cwm dirty weekend, look you.« Wahnsinn! Diese reizenden Waliser können einem richtig ans Herz wachsen, sie haben kein Wort für einen illegitimen Bums zwischen Freitag und Montag.
    Als ich meinen Kaffee ausgetrunken und auf die Straße zurückgekehrt war, hatte der Regen vorübergehend nachgelassen, aber dort, wo die Gullys die Wassermassen nicht mehr hatten aufnehmen können, waren riesige Pfützen auf der Fahrbahn. Korrigieren Sie mich, wenn ich unrecht habe, aber man sollte doch meinen, wenn eine Nation mittlerweile die Technik der Kanalisation gemeistert haben sollte, dann die britische. Egal, die Autos glitten tolldreist im Aquaplaning durch diese Seen und bespritzten die Häuser und Läden in der Nähe mit Wassermassen. Eingedenk meiner Erfahrung in Weston und im Bewußtsein dessen, daß dies ein Ort war, in dem es an einem Samstagabend wirklich nichts zu tun gab, bewegte ich mich mit der gebotenen Vorsicht über die High Street.
    Ich schnüffelte im Fremdenverkehrsbüro herum und nahm mir eine Broschüre mit, der ich entnahm, daß Porthmadog im frühen neunzehnten

Weitere Kostenlose Bücher