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Reif für die Insel

Reif für die Insel

Titel: Reif für die Insel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bill Bryson
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Morecambe sonst für eine Zukunft? Am Wochenende könnten die Leute kommen, in neuen Strandrestaurants gepflegt speisen und auf die Bucht hinausschauen und vielleicht in ein Theaterstück oder Konzert im Winter Gardens gehen. Yuppie-Bergwanderer könnten hier übernachten und so den Lake District entlasten. Es wäre alles ausgesprochen sinnvoll. Aber es wird natürlich nie passieren, und zum Teil deshalb, mit Verlaub gesagt, weil Sie grinsen.
     

Dreiundzwanzigstes Kapitel
     
    Manchmal habe ich einen kleinen, zerfledderten Zeitungsausschnitt dabei, den ich zum Zwecke heimlichen Vergnügens herausziehe und lese. Es ist eine Wettervorhersage aus der Western Daily Mail, und es steht nur darin: »Aussichten: Trocken und warm, aber kühler und etwas Regen.«
    Da haben Sie das englische Wetter mit ein paar dürren Worten perfekt auf den Punkt gebracht: trocken, aber regnerisch mit warmen/kühlen Abschnitten. Diese Vorhersage könnte die Western Daily Mail jeden Tag bringen – von mir aus, wirklich – und läge kaum je daneben.
    Für einen Fremden ist das eindrucksvollste am englischen Wetter, daß es so wenig zu bieten hat. Alle Phänomene, die der Natur anderswo einen Hauch Aufregung, Unvorhersagbarkeit und Bedrohlichkeit verleihen – Tornados, Monsune, wütende Blizzards, Hagelstürme, bei denen man um sein Leben rennen muß –, sind auf den britischen Inseln so gut wie unbekannt, und mir soll’s recht sein. Ich ziehe gern jeden Tag des Jahres die gleiche Art Kleidung an. Ich weiß es zu schätzen, daß ich weder eine Klimaanlage noch Fliegendraht vor den Fenstern brauche, der Insekten und anderes flatterndes Getier fernhält, das mir das Blut aussaugt oder das Gesicht anknabbert, während ich schlafe. Ich bin froh, daß ich weiß, solange ich nicht im Februar den Ben Nevis in Pantoffeln erklimme, werde ich mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit in diesem sanften, wohltemperierten Land nie den Elementen zum Opfer fallen.
    Ich erwähne das hier, weil ich zwei Tage, nachdem ich Morecambe verlassen hatte, im Speisesaal des Old England Hotel in Bowness-on-Windermere frühstückte und in der Times einen Artikel über einen für die Jahreszeit sehr ungewöhnlichen Schneesturm las – einen »Blizzard« –, der Teile East Anglias »in seiner Gewalt« gehabt hatte. Das Blatt berichtete, der Sturm habe der Region mancherorts »mehr als fünf Zentimeter Schnee« beschert, was zu »bis zu fünfzehn Zentimeter hohen Schneeverwehungen führte«. Daraufhin tat ich etwas, was ich noch nie getan habe: Ich zog mein Notizbuch heraus und entwarf einen Brief an die Redaktion, in dem ich, freundlich und hilfsbereit, wie ich bin, daraufhinwies, daß fünf Zentimeter Schnee beileibe keinen Schneesturm, fünfzehn Zentimeter Schnee keine Verwehung hergäben und man von einem Blizzard reden könne, wenn man die Haustür nicht mehr aufbekomme. In Schneeverwehungen verliere man bis zum nächsten Frühjahr sein Auto, und von Kälte könne man erst sprechen, wenn man ein Stück seines Fleisches an Türgriffen, Briefkästen und anderen Metallgegenständen einbüße. Dann zerknüllte ich den Brief, weil ich ernsthaft in Gefahr war, mich in Colonel Blimp zu verwandeln. Diese stockreaktionären Exemplare saßen nämlich in beträchtlicher Anzahl mit ihren blimpischen Gattinnen um mich herum und aßen Cornflakes oder Porridge. Ohne sie könnten Hotels wie das Old England nicht überleben.
    Ich war in Bowness, weil ich zwei Tage überbrücken mußte, bis zwei Freunde von mir aus London kamen, mit denen ich übers Wochenende wandern wollte. Darauf freute ich mich schon sehr; auf die Aussicht, noch einen langen, unnützen Tag in Bowness zu vertrödeln und zu versuchen, die leeren Stunden bis zum Abendessen zu füllen, allerdings weniger. Ich habe die Erfahrung gemacht, daß ich einfach nur eine bestimmte Anzahl Schaufenster voll Geschirrtüchern, Peter-Rabbit-Porzellan und Musterpullovern anschauen kann, bis mein Interesse am Einkaufen erlischt, und nun war ich mir nicht sicher, ob ich noch einen Tag Bummeln in diesem anstrengenden Urlaubsort überstehen würde.
    Ich war auch nur deshalb nach Bowness gekommen, weil dort der einzige Bahnhof im Lake District National Park ist. Von der Morecambe Bay aus war es mir zudem als ausgesprochen reizvoll erschienen, ein paar friedliche Tage die gelassene Schönheit des Windermere und den üppigen Komfort eines noblen (wenn auch teuren) alten Hotels zu genießen. Nachdem aber nun ein Tag vorüber war

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