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Reif für die Insel

Reif für die Insel

Titel: Reif für die Insel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bill Bryson
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High Street, einem dieser eigentümlich labyrinthischen Hotels, in denen man durch unzählige gewundene Korridore und Feuertüren schreiten und abenteuerliche Fußwege zurücklegen muß, bis man endlich sein Zimmer erreicht.
    Ich warf meinen Rucksack hin und hastete den Weg, den ich gekommen war, zurück, weil ich unbedingt noch ein wenig von Windsor sehen wollte, bevor die Läden schlossen. Ich kannte den Ort gut, weil wir immer dort eingekauft hatten, als wir, nicht weit weg, in Virginia Water, wohnten, und so schritt ich denn genüßlich einher und schaute, welche Läden sich in den Jahren geändert oder den Eigentümer gewechselt hatten. Fast alle. Neben dem schönen Rathaus stand Market Cross House, ein Gebäude, das so gefährlich Schlagseite hat, daß man sich einfach fragen muß, ob es nur deshalb so gebaut wurde, um japanische Besucher mit Kameras anzulocken. Es war nun eine Sandwich Bar, aber wie die meisten anderen Läden in dem hübschen Wirrwarr kopfsteingepflasterter Straßen darum herum hatte es schon eine Million – meist tourismusbezogener – Metamorphosen hinter sich. Als ich das letztemal hier war, verkauften fast alle Geschäfte Eierbecher mit Beinen; nun schienen sie sich auf putzige kleine Cottages und Burgen spezialisiert zu haben. Nur Woods of Windsor, eine Firma, die es schafft, aus Lavendel mehr kommerziellen Nutzen zu ziehen, als ich je für möglich gehalten hätte, verkauft immer noch Seife und Parfüm. Marks & Spencer in der Peascod Street hatte expandiert, Hammick’s und Laura Ashley waren umgezogen, während das Golden Egg und das Wimpy, nicht überraschend, ganz weg waren. (Ich bekenne ja eine gewisse Vorliebe für die altmodischen Wimpys mit ihrem »amerikanischen« Essen. Ob sie ihre Rezepte aus verstümmelten Telexen zusammenbasteln?) Und ich freute mich, daß Daniel’s, das interessanteste Kaufhaus Großbritanniens, noch existierte.
    Daniel’s ist phantastisch. Es hat alles, was man in einem Provinzkaufhaus erwartet – niedrige Decken, winzige, obskure Abteilungen, zerschlissene Teppiche, die mit Isolierband festgeklebt sind –, aber die komischste Auswahl an Dingen steht zum Verkauf: Gummiband für Unterhosen und Kragendruckknöpfe, Zickzackscheren und stangenweise Kleidung für sehr alte Menschen, ein paar bescheidene Rollen Teppich mit Mustern, die man sieht, wenn man sich die Augen zu fest reibt, Kommoden, an denen ein Schubladengriff fehlt, Schränke, deren eine Tür fünfzehn Sekunden, nachdem man sie geschlossen hat, lautlos aufschwingt. Bei Daniel’s muß ich immer daran denken, wie Großbritannien im Kommunismus gewesen wäre.
    Ich erachte es schon seit langem als unglücklichen Umstand – global betrachtet –, daß ein so wichtiges Experiment in der Organisation einer Gesellschaft den Russen überlassen wurde, wo es doch die Briten so viel besser gepackt hätten. Schließlich sind alle die Tugenden, die unerläßlich sind, um ein rigoroses sozialistisches System zu errichten, die zweite Natur der Briten. Vorab, sie verzichten gern. Sie halten zusammen, besonders in Zeiten der Not, wenn jeder einsieht, daß es um das Wohl aller geht. Sie stehen unbegrenzte Zeitspannen geduldig Schlange und nehmen mit seltener moralischer Stärke Rationierung, fades Essen und plötzliche Knappheit an Grundnahrungsmitteln hin, wie jeder weiß, der je an einem Samstagnachmittag in einem Supermarkt nach Brot gesucht hat. Sie finden anonyme Bürokratien durchaus in Ordnung und tolerieren Diktaturen, wie Mrs. Thatcher bewiesen hat. Sie warten ohne Murren jahrelang auf eine Operation oder die Lieferung von Haushaltsgeräten. Sie besitzen das natürliche Talent, exzellente Witze über die Obrigkeit zu machen, ohne sie ernsthaft in Frage zu stellen, und sehen allesamt mit Genugtuung zu, wenn die Reichen und Mächtigen zu Fall gebracht werden. Die meisten über Fünfundzwanzigjährigen kleiden sich eh wie früher die DDR-Bürger. In einem Satz, die Voraussetzungen sind da.
    Bitte, verstehen Sie mich richtig, ich behaupte nicht, daß Großbritannien unter dem Kommunismus ein glücklicheres, besseres Land geworden wäre, ich sage nur, daß die Briten es richtig angepackt hätten. Guten Mutes und ohne allzusehr zu betrügen, wären sie locker damit fertig geworden. Ja, im Grunde hätte es für das Leben der meisten Menschen bis ungefähr 1970 nicht den geringsten Unterschied bedeutet und uns zumindest Robert Maxwell erspart.
    Am nächsten Morgen stand ich früh auf und erledigte meine

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