Reif für die Insel
breit, als sei das hier ein Burger King), Stellflächen, die die Freiwilligenarbeit in Übersee detailliert in Wort und Bild dokumentierten. Was für ein Rummel! Und wie lange dauert es noch, überlegte ich, bis man in einen Elektrokarren klettert und durch die »Ereigniskathedrale Salisbury« gebeamt wird, mit allen Fisimatenten wie animatronischen Steinmetzen? Vermutlich nicht länger als fünf Jahre!
Ich holte bei dem liebenswürdigen Mann im Museum meinen Rucksack ab und trollte mich zum Fremdenverkehrsbüro, wo ich dem jungen Angestellten hinter der Theke meine geplante und nicht unkomplizierte Reiseroute durch Wiltshire und Dorset auseinander-klamüserte. Ich wollte von Stonehenge nach Avebury und weiter nach Lacock, Stourhead Gardens und vielleicht Sherborne, und fragte ihn, welche Busse ich nehmen müsse, um das alles in drei Tagen zu schaffen. Er schaute mich an, als sei ich nicht ganz bei Trost. »Sind Sie in Großbritannien eventuell schon einmal mit dem Bus gereist?« Ich versicherte ihm, daß das 1973 der Fall gewesen sei. »Hm, ich glaube, Sir, Sie werden feststellen, daß sich die Dinge ein wenig geändert haben.«
Er holte ein mageres Faltblatt mit den Fahrzeiten der Busse zwischen Salisbury und weiter westlich gelegenen Orten und half mir, den bescheidenen Abschnitt zu finden, der Fahrten nach Stonehenge verzeichnete. Meine Hoffnung, frühmorgens einen Bus nach Stonehenge zu nehmen und dann mittags nach Avebury weiterzufahren, wurde jäh zunichte gemacht. Der erste Bus nach Stonehenge fuhr erst um elf Uhr vormittags. Ich schnaubte ungläubig.
»Meines Wissens bringen Sie die hiesigen Taxifahrer für 20 Pfund nach Stonehenge und warten dort, bis Sie wieder zurückfahren wollen. Viele unserer amerikanischen Besucher nutzen dieses Angebot.«
Ich erklärte ihm, ich sei zwar formal Amerikaner, lebe aber lange genug in Großbritannien, um vorsichtig mit meinem Geld umzugehen. Jedenfalls würde ich mich nicht freiwillig von 20 Pfund für eine Dienstleistung oder Ware trennen, die ich nicht mit nach Hause nehmen könne, wo sie mir noch jahrelang treue Dienste leisten werde. Mit einem Stapel Busfahrplänen zog ich mich in ein nahegelegenes Café zurück, entnahm meinem Rucksack einen schwergewichtigen Fahrplan für Benutzer der britischen Eisenbahnen, den ich eigens für diesen Trip erworben hatte, und führte eine umfangreiche Kontrollstudie der diversen Fortbewegungsmöglichkeiten mit öffentlichen Verkehrsmitteln durch, die mir in Wessex zur Verfügung standen.
Ich war einigermaßen erstaunt, daß viele nicht unbedeutende Kommunen überhaupt keinen Anschluß an die Eisenbahn hatten – Marlborough, Devizes und Amesbury, um nur drei zu nennen. Die Busfahrpläne waren auch nicht etwa aufeinander abgestimmt. Man hatte die Wahl, entweder vierzehn Minuten oder sieben Stunden an einem Ort zu bleiben. Eine herbe Enttäuschung.
Mit düster umwölkter Stirn begab ich mich zum Sitz der Lokalzeitung, um den Schreibtisch eines gewissen Peter Blacklock aufzusuchen, eines alten Freundes von der Times, der nun in Salisbury arbeitete und leichtsinniger-weise einmal geäußert hatte, daß er und seine Gattin Joan mich mit Vergnügen unterbringen würden, falls ich je nach Salisbury käme. Ich hatte ihm ein paar Tage vorher eine Nachricht übermitteln lassen, daß ich an dem und dem Tag um sechzehn Uhr dreißig in seinem Büro vorbeischauen werde, und die Nachricht hatte ihn offensichtlich auch erreicht, denn als ich um sechzehn Uhr neunundzwanzig dort ankam, entfleuchte er gerade durch eine Hintertür. Kleiner Scherz am Rande!
Er erwartete mich freudestrahlend und machte ganz den Eindruck, daß er und die heilige Johanna es gar nicht abwarten konnten, daß ich ihr Essen aß, ihren Schnaps trank, ihr Gästebett zerwühlte und ihnen die Nacht mit einer lautstarken Siebenstundenversion meiner berühmten symphonie nasale zu versüßen. Sie waren die Gastfreundschaft in Person.
Als ich am nächsten Morgen mit Peter in die Stadt ging, zeigte er mir einige Sehenswürdigkeiten – den Ort, wo Wie es euch gefällt zum erstenmal aufgeführt wurde, eine Brücke, die in Trollopes Barchester-Romanen vorkommt – und schied vor seiner Arbeitsstätte von mir. Da ich nun zwei Stunden totschlagen mußte, bummelte ich ziellos umher, schaute in Läden und trank Unmengen Kaffee, bis ich mich am Busbahnhof einfand, wo eine Menge Leute bereits auf den 10.55 Uhr nach Stonehenge warteten. Der Bus kam erst nach elf, und dann brauchte der
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