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Reif für die Insel

Reif für die Insel

Titel: Reif für die Insel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bill Bryson
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Beispiel Portsmouth, und kapiert, daß man doch ein wenig auf Abwege geraten ist.
    So kam es, daß ich einen stillen, schweißtreibenden Nachmittag damit verbrachte, ratlos durch eine große, vergessene, aber sehr grüne, hübsche Ecke Dorsets zu trecken und den Landweg nach Swanage zu suchen. Je weiter ich taperte, desto weniger deutlich waren die Fußwege zu erkennen, und je mehr der Nachmittag voranschritt, desto häufiger kletterte ich unter Stacheldraht her, durchquerte, den Rucksack auf dem Haupte, Bäche, hangelte mein Bein aus Bärenfallen, legte mich auf die Nase und sehnte mich danach, woanders zu sein. Gelegentlich machte ich eine Pause, um mich auszuruhen und zu versuchen, einen kleinen Punkte zu finden, an dem meine Karte und die mich umgebende Landschaft übereinstimmten. Nur um mich dann zu erheben, einen Kuhfladen von meinem Hosenboden zu pellen, erneut die Lippen zu spitzen und in eine vollkommen andere Richtung aufzubrechen. Auf diese Weise erreichte ich am frühen Abend und irgendwie zu meiner Überraschung, fußlahm und völlig erschlagen, Corfe Castle.
    Um mein Glück zu feiern, ging ich ins beste Hotel am Platze, ein elisabethanisches Herrenhaus in der Hauptstraße: Mortons House. Es wirkte sehr einladend, und meine Stimmung hob sich gewaltig. Sie hatten sogar ein Zimmer für mich.
    »Kommen Sie von weit her?« fragte das Mädchen an der Rezeption, als ich die Meldekarte ausfüllte. Das erste Gebot des Wanderns ist natürlich, das Blaue vom Himmel herunter zu lügen.
    »Brockenhurst«, sagte ich mit bedeutungsvollem Nicken.
    »Du meine Güte, so weit!«
    Ich schniefte mannhaft. »Schon, aber ich habe eine gute Karte.«
    »Und wo soll’s morgen hingehen?«
    »Nach Cardiff.«
    »Himmel, zu Fuß?«
    »Aber immer!« Ich schulterte meinen Rucksack, nahm meinen Zimmerschlüssel und zwinkerte ihr, ganz der Mann von Welt, zu, so daß sie wahrscheinlich in Ohnmacht gesunken wäre, wenn ich zwanzig Jahre jünger gewesen wäre, erheblich besser ausgesehen und nicht einen großen Klatscher Kuhscheiße auf der Nasenspitze gehabt hätte.
    Ich verbrachte ein paar Minuten damit, ein großes weißes Handtuch schwarz zu färben, und eilte dann hinaus, um das Dorf zu besichtigen, bevor alles dichtmachte. Corfe ist ein beliebtes, hübsches Dorf, seine Steincottages werden von den hohen, zerborstenen Mauern der vielfotografierten, berühmten Burg dominiert – nach Prinzessin Margaret die zweitbeliebteste Ruine Großbritanniens. In dem freundlichen, gutbesuchten kleinen Tea Room des National Trust gönnte ich mir ein Kännchen Tee und ein Stück Kuchen und ging dann nach nebenan zur Burgpforte. Eintritt: 2,90 Pfund – was ich für einen Haufen Schutt ein bißchen dreist fand. Außerdem machte das Ding in zehn Minuten zu. Trotzdem erstand ich eine Karte, denn ich wußte nicht, wann mich mein Weg mal wieder hier vorbeiführen würde. Die Burg ist von Parlamentstruppen während des Bürgerkriegs ziemlich gründlich auseinandergenommen worden, und danach bedienten sich die Dörfler eines Großteils dessen, was übrig war. Man bekommt also nicht viel mehr zu sehen als ein paar zerklüftete Mauerfragmente. Aber der Blick auf das Tal war außerordentlich hübsch, das blasser werdende Sonnenlicht warf lange Schatten auf die Berghänge, und die ersten Abendnebelschleier krochen aus den Senken.
    Im Hotel nahm ich ein ausgiebiges, heißes Bad, fühlte mich angenehm zerschlagen und beschloß, mit den Zerstreuungen vorlieb zu nehmen, die Mortons House offerierte. Ich trank ein Schlückchen in der Bar und wurde dann in den Speiseraum gebeten. Acht weitere Gäste, alle weißhaarig, saßen dort. Und schwiegen. Warum sind die Engländer in Hotelspeisesälen immer so still? Hier war nichts zu hören als gleichmäßiges Besteckkratzen und Zwei-Sekunden-Gespräche im Murmelton.
    »Angeblich soll es morgen wieder schön werden.«
    »Oh? Schön.«
    »Hmm.«
    Schweigen.
    Oder:
    »Die Suppe ist lecker.«
    »Ja.«
    Schweigen.
    Angesichts des Charakters des Hotels hatte ich erwartet, daß die Küche mit Leckerbissen wie brauner Windsorsuppe und Roastbeef und Yorkshire-Pudding aufwartete, aber auch im Hotelwesen sind die Dinge nicht stehengeblieben. Diese Speisekarte strotzte vor Snob-worten, die man vor zehn Jahren noch nicht auf einer britischen Speisekarte gesichtet hätte – »noisette d’agneau«, »tartare«, »coulis«, »timbale« –, und befleißigte sich einer seltsam geschwollenen Diktion (in Schnörkelschrift). Ich entschied

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