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Reinen Herzens

Reinen Herzens

Titel: Reinen Herzens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helena Reich
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abergläubischen Gedanken, aber vielleicht hätte er heute Morgen nicht den Weg der schwarzen Katze seiner Nachbarin kreuzen und auch nicht unter der Leiter und dem Gerüst an seinem Wohnhaus hindurchgehen sollen. Dann hätte er allerdings seine Wohnung nicht verlassen können. Dann wäre das alles nicht passiert … Plan B, Junge, hör auf zu träumen! Seine Gedanken rasten. Er verharrte einen Augenblick in dem Hauseingang, überlegte fieberhaft. Die Zeit schien sich wie in Zeitlupe in die Länge zu ziehen. Ein Kollateralschaden war mehr als genug, eine dritte Leiche kam überhaupt nicht infrage – zumal er nur für eine bezahlt wurde. Die zweite ging ohnehin schon auf Kosten des Hauses. Plan B – mach schon! Denk nach!
    Mit einem Blick erfasste er die geparkten Autos an der Straße. Die Auswahl war sehr übersichtlich: ein nagelneuer Škoda Superb, der bestimmt eine Alarmanlage hatte, ein Toyota-Geländewagen mit deutschem Kennzeichen – das ging gar nicht, ein winziger Daewoo – das war kein Auto, sondern ein Spielzeug, völlig indiskutabel. Der Wagen schließlich, neben dem die tote Frau lag, war ein uralter Golf, eher rostig als dunkelblau. Den konnte er kurzschließen. Plan B – na also, ging doch. Er merkte, dass er nicht mehr zitterte. Dafür lief ihm der Schweiß in Bächen die Schläfen und den Rücken hinunter. Aber erst diese andere Frau. Er bewegte sich im Schutz der Hauswand auf sie zu. Sie war über den toten Mann gebeugt, den sie auf den Bürgersteig gezogen hatte, versuchte offenbar, ihn wiederzubeleben, jedenfalls stützte sie sich mit beiden Händen auf seinen Brustkorb, drückte ihn hinunter. O nein, dachte er, das wird nichts mehr, Schätzchen. Ein gezielter, kräftiger Schlag mit dem Griff seiner Waffe auf ihren Hinterkopf. Sie fiel vornüber auf den toten Mann. Problem erledigt. Er brauchte nur ein paar Schritte zurück zu dem alten Golf, Bruchteile von Sekunden, um das Schloss der Heckklappe zu knacken. Der untere Teil bestand mehr aus Rost als aus gesundem Blech. Hoffentlich fuhr das klapprige alte Ding überhaupt noch. Er hob die tote Frau auf, die aufsteigende Panik verlieh ihm die Kraft, die er brauchte, um sie in den Kofferraum zu hieven, er schlug die Heckklappe zu, warf einen Blick in Richtung der beiden zwischen den Autos liegenden Gestalten. Sollte er es riskieren, sie mitzunehmen? Bisher hatte er vergleichsweises Glück in seiner Pechsträhne gehabt. Er sollte dieses Missgeschick aufräumen … Von vorn hörte er einen Wagen den Hügel hinunter näher kommen. Grelles Licht flackerte die Straße entlang. Er hatte Fernlicht an. Seine Eingeweide rumorten. Scheiße, liegen lassen, dachte er und stürzte um das Auto herum zur Fahrertür, nichts wie weg von hier. Hauptsache, er hatte sein Zielobjekt dabei. Nichts liegen lassen, hatte sein Auftraggeber gesagt – nun, das Wichtigste hatte er eingepackt. Für die Kollateralschäden hatte er keine Zeit mehr. Er schloss den Wagen kurz – Gott sei gedankt für diese alten Mühlen! Das gleißende Licht näherte sich sehr schnell. Quietschende Reifen. Das Auto schlingerte auf der glatten Straße, kam weiter unten, fast an der Kreuzung, zum Stehen. Die Bullen konnten doch nicht schon davon wissen, dachte er entsetzt. Verdammte Scheiße, wer war ihm da auf den Fersen? Nicht hinsehen, bloß nicht hinsehen, nur raus aus dieser verdammten Parklücke. Er rammte das Auto hinter ihm. Blech knarzte, Glas splitterte. Fast hatte er es geschafft. Rennende Schritte in seine Richtung. Mach schneller! Ein Mann fast an seiner Fahrertür, den Arm ausgestreckt. Er drückte das Gaspedal durch. Quietschende Reifen, ein Aufschrei, der Mann fiel zu Boden. Der Golf schlingerte auf dem Eis, er brachte ihn unter Kontrolle, raste den Hügel hoch, bog ab in die nächste Querstraße. Raste weiter durch das nächtliche Prag in Richtung Stadtrand. Das Blut pochte in seinen Schläfen, er fühlte das Adrenalin durch seinen Körper rauschen. Erst als er die Stadt hinter sich gelassen hatte, schlug er mit der Hand auf das Lenkrad. Ja! Geschafft. Alles paletti. Mehr oder weniger.
    Der See lag jetzt still und ruhig vor ihm. Niemand würde hier, gute zweihundert Kilometer entfernt vom Tatort, nach der Leiche suchen. Er lachte auf. Es wusste ja überhaupt niemand von ihr. Und sie würde bis in alle Ewigkeit in ihrem blechernen Sarg auf dem Grund des Sees bleiben. Keine Leiche, kein Mord, keine Polizei – ja, so musste man das machen. Ein perfekter Mord. Er kicherte

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