Reinen Herzens
Textes, die ihr einfielen. Ihre Stimme war nichts Besonderes, aber immerhin traf sie die Noten. I am what I am … And what I am needs no excuses … I deal my own deck … Sometimes the aces sometimes the deuces … It’s one life and there’s no return and no deposit … One life so it’s time to open up your closet … Life’s not worth a dam till you can shout out … I am what I am … Als die letzten Töne verklungen waren, hörte sie die Gäste klatschen. Sie drehte sich um und lächelte verlegen.
»Mehr!«, rief eine ältere Frau auf Deutsch. »Spielen Sie weiter, bitte.« Andere stimmten mit ein. »Zugabe!«
Larissa tat ihnen – und sich selbst – den Gefallen. Sie spielte und sang »What a Wonderful World« und »Route 66« und noch ein paar andere Songs, trank währenddessen ihr Glas aus und bestellte ein neues. Die Gäste ermunterten sie immer weiter mit Klatschen und Zwischenrufen, der Typ mit der Sonnenbrille beobachtete sie offenbar immer noch, wie sie mit gelegentlichen Seitenblicken feststellte. Es amüsierte sie, und sie fühlte ein leichtes Kribbeln im Bauch. Noch ein letztes Lied, dachte sie, da ihr der Wein langsam, aber sicher zu Kopf stieg, irgendwas, das zu dieser komischen, abenteuerlichen, knisternden Situation passte. Natürlich, »I Only Have Eyes For You « . Ja, das war’s. Sie schlug die Tasten an, begann zu singen. My love must be a kind of blind love … I can’t see anyone but you … And dear, I wonder if you find love … an optical illusion, too? … Are the stars out tonight? … I don’t know if it’s cloudy or bright … cause I only have eyes for you … The moon may be high … but I can’t see a thing in the sky … cause I only have eyes for you … I don’t know if we’re in a garden …or on a crowded avenue … You are here, so am I … Maybe millions of people go by … but they all disappear from view, … and I only have eyes for you …
Während sie spielte, warf sie gelegentlich einen spitzbübischen Blick in seine Richtung. Offenbar hatte sie den richtigen Ton getroffen, er lächelte, wenn auch kaum merklich. Sie beendete das Lied, stand auf, verbeugte sich vor den begeistert klatschenden Gästen und ging mit ihrem inzwischen leeren Glas zu ihrem Tisch zurück. Sie fühlte sich fantastisch, als würde sie schweben, das glückliche Lächeln wie festgebacken in ihrem Gesicht.
»Entschuldigen Sie.«
Larissa wandte den Kopf. Die Kellnerin stand mit einem Glas Wein neben ihr.
»Der heiße Typ da drüben schickt Ihnen das hier. Wollen Sie es annehmen?« Sie grinste von einem Ohr zum anderen.
»Oh, äh … ach, warum nicht. Danke.« Larissa hob das Glas und prostete dem Sonnenbrillenmann zu. Na also, ging doch. Ein hübsches Spiel.
Er hob sein Glas, nickte ihr zu, stand auf und kam auf sie zu. Larissa konnte sich ein Lachen kaum verkneifen. Sie hatte noch nie versucht, auf diese, wie sie fand, ausgefallene Art zu flirten, hätte nicht gedacht, dass so was so gut funktionieren könnte. Sie hoffte, dass John Ketchum nicht ausgerechnet jetzt zur Tür hereinkäme. Wenn es nach ihr ging, könnte er heute Abend auch ganz wegbleiben. Sie hatte sich schon lange nicht mehr so amüsiert und wollte sich das nicht von dem Amerikaner verderben lassen. Als der Typ mit der Sonnenbrille am Klavier vorbeikam, zögerte er einen Moment, dann setzte er sich auf die Bank, stellte, wie Larissa zuvor, sein Glas ab, lächelte ihr zu und begann zu spielen. Die Gäste klatschten, Larissa stimmte mit ein. Sie erkannte das Lied sofort: »Do I Move You« von Nina Simone. Wow, dachte sie, das klappt ja weit besser als erwartet. Seine Stimme war kaum mehr als ein Flüstern, doch laut genug, dass sie die Worte verstand. Eine angenehme, samtige Stimme. … Do I move you, are you willin’ … Do I groove you, is it thrillin’ … Do I soothe you, tell the truth now … Do I move you, are you loose now … The answer better be (yes, yes) … That pleases me … Are you ready for this action … Does it give you satisfaction … Are you hip to what I’m sayin’ … If you are then let’s start swayin’ … The answer better be (yes, yes) … That pleases me … When I touch you do you quiver … From your head down to your liver … If you like it let me know it … Don’t be psychic or you’ll blow it … The answer better be (yes, yes) … That pleases me …
Seine Finger flogen über die Tasten, er hatte schon lange nicht mehr gespielt, doch mit dem Klavierspielen war es wie
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