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Reise in die arabische Haut

Reise in die arabische Haut

Titel: Reise in die arabische Haut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea M Ben Habibi
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Fragt sich nur, was ich lese? Vollidiot oder Charleston Girl?
    Nach dreimaligem Versuch die Stufen unbeschadet hinunterzusteigen, tapse ich mit Hilfe des Firmenbesitzers Sprosse für Sprosse in die Tiefe.
    »Elhamdulillah«, seufze ich, als ich festen Boden unter den Füßen verspüre.
    Daheim suche ich die Flyer und drapiere sie auf mein Bett. Ich lege Jadda einen Werbezettel auf ihren Nachttisch. Dreißig Banner schichte ich auf den runden Tisch in Waldas Wohnzimmer. Ihr Ladengeschäft bietet sich an, Flyer an vorbeiirrenden Kunden zu verteilen.
    Eine halbe Stunde später höre ich Jadda aufheulen. Sie veranstaltet einen Zirkus, als würde ihr jemand die Kehle durchsäbeln. Ständig legt sie eine bühnenreife Revolution hin, wenn ihr etwas nicht gefällt. Ihr Ärgernis muss sie gegenwärtig im Alleingang durchstehen, denn ich unterbreche mein Hofkehren ungern.
    Walda, die nach einem anstrengenden Arbeitsvormittag zurückkommt, lässt im Wohnzimmer das gleiche Getöse ertönen. Werden heute sämtliche Weiber abgestochen? Steht heute der Tod auf dem Programm?
    Ich will mich gerade nach der Sachlage erkundigen, als Jamila mir mit den Werbebannern entgegenkommt.
    »Why do you do this?«, fragt sie und zerfetzt meine teuren Handzettel.
    »Hey, hey«, zetere ich und versuche, ihr die Fetzen aus der Hand zu reißen.
    Jamila weist mich auf Englisch daraufhin, dass ich meine Familie arg gekränkt habe.
    »Du hast Blätter mit einem offenen Sarg verteilt. Darin liegt eine junge Frau, der aber nicht das Augenmerk gilt. Ausschlaggebend ist der schwarze Sarg. Jadda und Walda glauben, dass du ihnen den Tod wünscht, weil du diese Bilder in ihre Zimmer gelegt hast.«
    Klipp und klar erörtere ich Jamila, dass es ausschließlich Werbeflyer für mein geschriebenes Werk sind.
    Ich bin in ein arabisches Fettnäpfchen getreten, ohne einen Gedanken ans Sterben verschwendet zu haben. Es gibt eine lange Debatte zwischen Jadda, Walda, Jamila und mir, um die Gemüter zu besänftigen und die gemeinschaftliche Harmonie wiederherzustellen.

Typisch deutsch
     
    Heute sitze ich den ganzen Tag in der Sonne und pauke mit Jadda tunesische Zahlen. Das ist in etwa so spannend wie eine Hummel zu beobachten, die kontinuierlich um eine abgelutschte Orange ihre Runden abbrummt. Jadda zeigt einen Finger und sagt: »Un – wahed.« Während sie zwei Finger in die Luft hält, ruft sie: »Deux – ethnen.«
    Die stupide Zählerei verursacht Hungergefühle. Eine schmackhafte Suppe wäre jetzt das Nonplusultra. Zu meinem Bedauern finde ich nur undefinierbare Zutaten im Küchenbüfett. Schade, dass die arabischen Schriftzeichen so fremd sind. Ansonsten könnte ich lesen, was in den Plastikbeuteln eingeschweißt ist und wie man das Zeug verarbeitet.
    In der abgedeckten Holzkiste entdecke ich einige schrumpelige Kartoffeln. Im Küchenregal horten sie mehrere Fässer voll Olivenöl. Was liegt da näher, als Bratkartoffeln zu rösten. Somit kommt Jadda in den Genuss, typisch deutsches Fastfood zu probieren.
    Schweren Herzens muss ich auf Zwiebeln verzichten, weil ich keine finde. Jadda zweifelt an meiner Kochkunst, als sie ihren mäßig gefüllten Teller sieht. Die heiße Kartoffelscheibe, die sie sich mit den Fingern krallt, lässt sie sofort im Mund verschwinden und zieht eine schmerzvolle Grimasse. Typisch heiß, typisch deutsch, typisch ohne Gusto.
    Begeisterung sieht auch bei mir anders aus. Was gäbe ich jetzt für eine Flasche Ketchup? Muss auch nicht von Thomy sein.
    Jadda schiebt ihren Teller zu mir herüber. Notgedrungen verspeise ich die faden Bratkartoffeln. Kräftige Gewürze, wie sie hier in Tunesien beliebt sind, fehlen gänzlich in meinem deutschen Kartoffelgericht. 
    Abends bereitet Walda lecker gewürztes Chachouka vor. Jadda und ich schlingen ausgehungert das vorgesetzte Mahl in unsere Mägen. Hoffentlich verrät Jadda meine deutsche Kochkunst nicht.

Henna
     
    Shirin mixt Henna und Wasser zusammen bis eine grünbraune Pampe entsteht. Die Hennapflanze kommt aus Indien und wird in Tunesien zum natürlichen Färben der Haare und der Haut angewandt. Ich setze mich bereitwillig auf den Hocker und lasse mir die angerührten Kuhfladen auf die Haare schmieren. Zuerst protestiere ich, weil Shirin die Paste auf meinem trockenen Haarschopf verreibt. Ich hätte meine Haarpracht gern vorher gewaschen, aber Jamila gibt mir zu verstehen, dass alles seine Richtigkeit hat. Shirin stülpt mir eine Plastiktüte über den Kopf. Obwohl ich mich wehre, habe ich

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