Reise mit Hindernissen nach England und Schottland
Ausspracheschwierigkeiten herumschlägt
Tagsüber liess der Kapitän auf dem Kajütdeck Kissen auslegen, und seine beiden Gäste widmeten sich rauchend und plaudernd dem Dolcefarniente; sie hatten ihren Spaß daran, den breiten Schatten der Wolken nachzublicken, die sanft über die Wellen strichen, oder sie markierten die Schiffsroute auf den Bordkarten. Am Dienstagabend befand sich die
Hamburg
gerade auf der Höhe der Ile d’Ouessant, als sie plötzlich von einem unübersehbaren Schwarm Tümmler umgeben war. Diese in ihrem Element überaus anmutigen Tiere sind indes nur einfache Meerschweine, sie schwammen unglaublich schnell dahin, überholten die
Hamburg,
machten einen Bogen um sie und bespritzten sie sogar mit ihren kräftigen Schwanzflossen; dieses kuriose Schauspiel dauerte über eine Stunde. Dann brach die Nacht herein, der Wind wurde merklich kühler und der Kapitän ließ das Marssegel um ein Reff verkleinern; das Meer war aufgewühlt, stürmisch und schlug in kurzen, kleinen Wellen hoch, die ungewöhnlich hart waren; die starke Ärmelkanalströmung machte sich bemerkbar. Jonathan ertrug die Stampfbewegungen mit dem kampferprobten Magen eines alten Seebären.
In der Nacht herrschte tatsächlich schwerer Seegang, das Schiff knarrte unter dem Ansturm von Wind und Wellen. Jonathan schlief schon lange, als Jacques ihn gegen zwei Uhr morgens weckte, um ihn an Deck zu schleppen.
»Wir reisen«, sagte dieser, »um Eindrücke zu sammeln! Laß dich also beeindrucken«, und er zwang ihn mitzukommen.
Der Himmel war mit dicken schwarzen Wolken bedeckt, die Finsternis erlaubte einem kaum, den Bug oder das Heck des Schiffes zu erkennen; die Mastspitzen verloren sich im Nebel, und die schlaffen Segel schlugen an den Rahen; das Licht im Kompaßhäuschen, unsichtbar für jeden anderen als den Rudergänger, fiel direkt auf die Kupferbeschläge des Steuerrads. Dieser funkelnde Kreis in der tiefen Dunkelheit rief einen gespenstischen Eindruck hervor, das Schiff schien von einer übernatürlichen Hand gelenkt zu werden, durch dieses leuchtende Rad, dessen Speichen und Kranz aussahen, als stünden sie in Flammen.
»Ist das phantastisch genug?« sagte Jacques.
»Phantastisch«, antwortete Jonathan wortkarg und kehrte in sein Bett zurück.
Am nächsten Morgen holte ihn das Getrappel zahlreicher Füße aus dem Schlaf: Das Deck wurde gründlich gewaschen; von der Maschine in Gang gesetzte Spezialpumpen spritzten wahre Sturzbäche in alle Richtungen, und die Kraft ihrer Wasserstrahlen siegte schon bald über den Schmutz an Bord.
In technischer Hinsicht war die
Hamburg
wunderbar ausgerüstet, sie besaß eine zusätzliche Maschine, die einen auf dem Oberdeck montierten Drehkran antrieb. Das Laden und Entladen des Schiffes erfolgte durch Dampf, mit einer höchst englischen Schnelligkeit und Präzision.
Als der Kapitän an Deck kam, begrüßte Jacques ihn wieder mit einem
»good mourning«,
das diesen zusammenzucken ließ.
»Ist doch merkwürdig«, sagte sich Jacques, »es scheint ihm zu mißfallen, daß man ihm guten Tag sagt. Die Engländer haben zuweilen seltsame Schrullen! Na ja …«
Der Anblick der britischen Küste riß ihn aus seinen Überlegungen; das Land’s End oder Kap Finisterre ragte vor dem Bug des Schiffes empor, mit seinen Felsen, die durch ihr unwirtliches Aussehen noch höher wirkten, und die
Hamburg
fuhr nah genug an ihnen vorüber, daß man auch die kleinsten Unebenheiten erkennen konnte. Hier war die äußerste Grenze jenes alten Cornwall mit seinem ausgetrockneten und harten Boden, seinen dichten Nebeln und seinen von häufigen Unwettern heimgesuchten Küstenstreifen. Ein recht plump gebauter Leuchtturm ragte auf einer einzelnen kleinen Insel empor, und das ruhiger gewordene Meer lief zu seinen Füßen sanft aus; der Himmel saugte sich mit jenem Grauton voll, der dem feuchten England seine nebelverhangene Atmosphäre verleiht. Bald wurden die Scilly-Inseln leewärts zurückgelassen, und das Schiff nahm Kurs gen Norden, um die Einfahrt in den St.-Georgs-Kanal zu suchen.
Nachdem das Deck gewaschen und die morgendlichen Arbeiten verrichtet waren, hatte die Mannschaft nicht mehr viel zu tun; aber die Sauberkeit, um die all diese Matrosen bei ihrem Schiff so bemüht zu sein schienen, wandten sie nicht auf sich selbst an, und alle Pumpen der Welt hätten es nicht geschafft, sie vom gröbsten Schmutz zu befreien. Noch nie hat eine schmuddeligere, verdrecktere und teerstrotzendere Sippschaft die Planken eines
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