Reise nach Genf
mir herum. »Also, nicht was du denkst. Die haben uns hinter dir hergeschickt, weil sie wissen, daß du in Gefahr bist. Wenn du angegriffen wirst, sollen wir … wir sollen einschreiten und alles plattmachen.«
»Das isses«, nickte Karl-Heinz erfreut. »Zu deinem Schutz.«
»Dann kann ich ja beruhigt schlafen gehen«, sagte ich. Ich erhob mich, zündete die Pfeife erneut an und schlenderte hin und her. »Wie kommt ihr euch bei dieser Verarsche eigentlich vor? Wer soll die Frau und mich in Gefahr bringen?«
»Das haben sie uns nicht gesagt. Sie haben gesagt: Nehmt die Karre, hier ist Geld, und das war es dann.«
»Wie ist die Telefonnummer, die ihr anruft?«
»Das dürfen wir nicht sagen, das ist geheim«, sagte Karl-Heinz.
Er sah mich an und war aus irgendeinem Grund bedrückt.
»Das geht wirklich nicht. Sie sagen, das ist ein Betriebsgeheimnis.«
»Daß deine Auftraggeber uns schützen wollen, glaubst du doch selbst nicht. Sie wollen, daß wir uns aus Watermanns Angelegenheit heraushalten. Sie verarschen euch.«
»Ich werde bezahlt«, sagte Karl-Heinz mürrisch.
»Also Verfassungsschutz«, sagte ich.
Er schüttelte den Kopf.
»Na, dann eben der Bundesnachrichtendienst«, fuhr ich fort.
Er schüttelte nicht den Kopf.
»Ich soll dich von Minna grüßen«, sagte ich. »Ich wünsche euch einen schönen Abend. Übrigens: Wir starten nicht vor acht Uhr morgen früh, und unser Ziel ist München.« Ich sah sie ganz ernsthaft und freundlich an.
»So was haben wir uns schon gedacht«, murmelte der Kumpel.
»Na ja, ich will euch den Auftrag nicht vermasseln«, sagte ich.
»Bis morgen dann.« Ich hob die Hand und ging fort.
Minna saß im Restaurant vor einem großen Eisbecher und sah frisch und munter aus. Ich berichtete ihr, was vorgefallen war, und sie kommentierte: »Es kann sein, daß sie sich einbilden, zu unserem Schutz da zu sein. Was machen wir jetzt?«
»Du holst sie nachts raus, und wir legen sie ein bißchen lahm«, sagte ich. »Wenn sie uns in Oberammergau erwischen und das ihren Auftraggebern erzählen, werden die ganz schnell wissen, wen wir dort suchen.«
»Wie machen wir das?«
»Du wirst schon sehen.« Ich bestellte auch eine Portion Eis und bezahlte beide Zimmer mit dem Hinweis, daß wir das Haus sehr früh verlassen würden. Nach dem Eis verdrückten wir beide Rösti mit Spiegeleiern auf Speck und entschlossen uns dann, sehr müde zu sein.
»Um drei ist die Nacht zu Ende.«
»Das ist aufregend mit dir«, sagte sie. »Aber eines macht mir Sorgen. Wir kennen ziemlich viele Kreuz- und Querverbindungen, aber ob sie irgend etwas mit Watermanns Tod zu tun haben, werden wir nie beweisen können.«
»Das ist das Problem«, gab ich zu.
»Na ja, dann schlaf gut.«
»Du auch«, sagte ich. Ich hätte ihr gern etwas mehr Hoffnungen gemacht, aber das paßte nicht. Hoffnung und Watermann reimten sich nicht.
Ich setzte hinzu: »Die beiden sind perfekt ausgerüstet. Ich konnte in das Wohnmobil hineinschauen. Hintendrin stehen zwei schwere Hondas. Was immer auch passiert wäre, wir wären ihnen nicht entkommen.«
»Aber du willst nichts tun, was … was ihr Leben gefährdet?«
»Auf keinen Fall«, versprach ich.
Um drei Uhr piepte mein elektronischer Wecker, und wie immer kam es mir unerträglich laut vor. Als ich zwanzig Minuten später auf den Flur ging, hockte sie schon in einem Sessel und sah mir entgegen.
»Ich habe kein Auge zumachen können«, seufzte sie.
Wir fuhren den Jeep in eine Seitenstraße unmittelbar vor dem Campingplatz.
»Paß auf, du klopfst an ihr Wohnmobil und sagst aufgeregt, ich sei in Gefahr, du brauchst Hilfe, sie sollen in das Hotel kommen. Dann läufst du weg. Der Wagen bleibt hier. Du steigst ein und wartest auf mich.«
Sie überlegte einen Moment und nickte dann. »Das klingt ungefährlich, das geht.«
Ich lief zwischen den Campingwagen hindurch und legte mich unter das Wohnmobil aus Hamburg. Dann kam Minna, klopfte sehr hart und wütend gegen die Tür und sagte laut: »Verdammt noch mal, Karl-Heinz, wir brauchen eure Hilfe! Verdammt, wacht auf!«
»Was ist denn?« fragte Karl-Heinz.
»Ich brauche Hilfe«, sagte Minna drängend. »Baumeister im Hotel ist in Gefahr!«
»O Scheiße!« schrie der Kumpel. »Los, komm hoch, Mann! Da ist irgendwas faul.«
Das Wohnmobil geriet ins Schwanken, ich spürte schmerzhaft, wie sie herumtrampelten, wie Karl-Heinz die Tür aufdrückte und hinaussprang. Minna war schon oben an der Straße, drehte sich herum und winkte
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