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Reise nach Ixtlan.

Reise nach Ixtlan.

Titel: Reise nach Ixtlan. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carlos Castaneda
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jetzt über die Stimmung eines Kriegers zu sprechen.«
    Fast eine Stunde verging in völligem Schweigen. Dann fragte er mich unvermittelt, ob es mir gelungen sei, die Techniken des „Träumens" zu erlernen, die er mich gelehrt hatte. Ich hatte mich fleißig darin geübt, und nach ungeheuren Anstrengungen war es mir gelungen, ein gewisses Maß an Kontrolle über meine Träume zu erlangen. Don Juan hatte ganz recht, als er sagte, man könne solche Übungen als Unterhaltung auffassen. Zum erstenmal im Leben hatte ich mich auf das Einschlafen gefreut. Ich gab ihm einen genauen Bericht über meine Fortschritte. Es war mit relativ leicht gefallen, das Bild meiner Hände anzuhalten, nachdem ich gelernt hatte, mich zu zwingen, sie anzusehen. Meine Traumbilder, auch wenn sie nicht immer meine Hände zeigten, hielten offenbar lange an, bis ich schließlich die Kontrolle verlor und mich in normale, unvorhersehbare Träume verlor. Es hing nicht von meinem Willen oder dergleichen ab, wenn ich mir den Befehl gab, meine Hände oder ein anderes Detail des Traumes anzusehen. Es geschah ganz einfach. Irgendwann fiel mir ein, daß ich auf meine Hände und dann auf die Umgebung schauen mußte. Es gab aber auch Nächte, nach denen ich mich nicht erinnern konnte, daß mir das gelungen war. Er schien zufrieden und wollte wissen, was ich denn normalerweise in meinen Traumbildern gesehen hatte. Es fiel mir nichts Besonderes ein, und so fing ich an, ausführlich einen Alptraum zu erzählen, den ich in der vergangenen Nacht gehabt hatte. »Sei nicht so weitschweifig«, sagte er trocken. Ich sagte ihm, daß ich meine Träume in allen Einzelheiten aufgeschrieben hatte. - Seit ich begonnen hatte, meine Hände anzusehen, waren meine Träume sehr lebhaft geworden, und meine Fähigkeit, mich zu erinnern, hatte so stark zugenommen, daß ich mich auf die kleinsten Details besinnen konnte. Don Juan sagte, es sei Zeitverschwendung, darauf zu achten, denn Einzelheiten und Lebhaftigkeit der Träume seien überhaupt nicht wichtig.
    »Die normalen Träume werden sehr lebhaft, sobald man anfängt, das Träumen zu arrangieren«, sagte er. »Diese Lebhaftigkeit und Klarheit ist eine furchtbare Barriere, und bei dir ist es schlimmer als bei irgendeinem, den ich im Leben getroffen habe. Du hast die schlimmste Manie. Du schreibst alles auf.« Ich hielt das, was ich tat, für richtig. Indem ich peinlich genau über meine Träume Buch führte, erhielt ich ein hohes Maß an Klarheit über das Wesen der Traumbilder, die ich im Schlaf hatte. »Hör auf damit«, herrschte er mich an. »Das nützt gar nichts. Du tust nichts anderes, als dich vom eigentlichen Zweck des Träumens ablenken, und der ist: Kontrolle und Kraft.« Er lehnte sich zurück, bedeckte seine Augen mit dem Hut und sprach, ohne mich anzusehen.
    »Ich will dir alle Techniken ins Gedächtnis rufen, die du üben mußt«, sagte er. »Zunächst mußt du den Blick auf deine Hände richten, das ist der Ausgangspunkt. Dann richte den Blick auf andere Gegenstände und schau sie kurz an. Richte den Blick auf so viele Dinge wie möglich. Denk daran, daß die Bilder, wenn du nur kurz hinschaust, sich nicht verändern. Dann kehre wieder zu deinen Händen zurück. Jedesmal, wenn du die Hände ansiehst, erneuerst du die Kraft, die zum Träumen nötig ist, daher schau anfangs nicht zu viele Dinge an. Vier Gegenstände auf einmal sind genug. Später magst du den Gesichtskreis erweitern, bis du mit dem Blick erfassen kannst so viel du willst; aber sobald die Bilder anfangen, sich zu verändern, und du spürst, daß du die Kontrolle verlierst, kehr zu deinen Händen zurück. Wenn du meinst, daß du die Dinge unbegrenzt lange ansehen kannst, dann bist du für eine neue Technik bereit. Ich werde dich diese Technik jetzt lehren, aber ich erwarte, daß du sie erst dann anwendest, wenn du bereit bist.«
    Er schwieg etwa eine Viertelstunde. Dann setzte er sich auf und sah mich an. »Der nächste Schritt beim Arrangieren der Träume besteht darin, daß man lernt zu reisen«, sagte er. »Genau wie du gelernt hast, deine Hände anzusehen, kannst du dich zwingen, dich fortzubewegen, dich an bestimmte Orte zu begeben. Als erstes mußt du einen Platz bestimmen, an dem du sein willst. Wähle einen dir gut bekannten Ort - vielleicht deine Schule oder einen Park oder das Haus eines Freundes - und dann zwinge dich, dich dorthin zu begeben.
    Diese Technik ist sehr schwierig. Du mußt dabei zwei Dinge tun. Du mußt dich einmal zwingen,

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