Reise ohne Ende
bezogen ihre Energie für den Betrieb schließlich aus dem Gewebe des Weltraums selbst, aus der Materie, die frei zwischen den Sonnensystemen schwebte. Er kannte den Grund dafür nicht; er wußte auch nicht, ob die anderen Späher es ebenfalls spürten oder ob das Phänomen von allen bemerkt wurde, die den Transmitter benutzten.
Er wußte nur, daß immer in dem Augenblick, in dem die Kabine dunkel wurde, in der kurzen Verzögerung, die eine genaue Gleichzeitigkeit verhinderte…
Die Kabine wurde dunkel. Ein scharfes Schwindelgefühl stach ihm in die Nasenwurzel, in seinem Gehirn leuchtete kurz ein buntes Gewirr von Farben auf, hinter seinen Augen blitzte ein Lichtstrudel auf seiner Netzhaut auf, das den Nebeneffekten der Droge nicht unähnlich war, die dafür sorgte, daß sie während der Zeitverschiebung ihre geistige Gesundheit behielten; und wieder das seltsame Gefühl, als stünde er zwischen umherschwirrenden Atomen – oder Galaxien…
Ein kurzer Ruck wie ein momentaner, nicht unangenehmer Elektroschock; dann kam er wieder zur Ruhe (hatte er sich überhaupt bewegt?) und wußte, daß eine Dreiviertelsekunde vergangen war. Er stand in einer anderen Transmitterkabine, in der ihn die gleichen Bestimmungen ermahnten, nur daß sie dieses Mal mit elektrisch-blauem Notlicht beleuchtet war, die Wände aus grünem statt aus blauem Glas bestanden und er vier Lichtjahre von dem Planeten entfernt war, den er gerade verlassen hatte. Er schüttelte leicht den Kopf, sah zu Gilramie hinüber – sah auch sie ein wenig benommen aus? – und auf den Computerdruck, um die Koordinaten für das nächste Stück ihrer Route herauszufinden. Genaugenommen war die Länge der Transmittersprünge nicht beschränkt, aber die meisten Leute empfanden es als unangenehm, mehr als vier Lichtjahre auf einmal zu springen, und aus irgendeinem unbekannten Grund steigerte sich der Energieverbrauch jenseits dieser Grenze exponential, so daß Sprünge, die über diese Entfernung hinausgingen, nicht empfohlen wurden, wenn es sich nicht um besonders wichtige Personen handelte. Sprünge, die zu lang waren, wirkten aus einem psychologischen Grund, den noch niemand hatte ergründen können. Aus diesem Grund wurden lange Reisen in Sprünge von vier Lichtjahren aufgeteilt, soweit dies möglich war. Vielleicht, dachte Gildoran, ist der menschliche Geist nicht in der Lage, mit der Vorstellung von Sprüngen fertig zu werden, die viel weiter als vier Lichtjahre reichen.
Nach vier weiteren Sprüngen und den mit ihnen verbundenen kurzen Perioden von Dunkelheit erreichten sie den Planeten Antares Vier, auf dem sich die Brutstation befand. Eine Karte des Planeten und ein Sprung mit einem
Kurzstreckentransmitter brachte sie an eine Stelle, die nur einige Straßen davon entfernt lag.
Sie war ein großes Gebäude aus Glas und Metall. Fließende Werbesprüche schwebten in der Luft um sie herum, und dreidimensionale Projektionen von Babys waren inzwischen zu sehen. Es waren scheinbar Hunderte von niedlichen kleinen Kindern, die in jeder Größe, Farbe und in jedem menschlichen Phänotyp auf sie herablächelten. Ramie lächelte über die körperlosen Kinder und sagte: „Ich möchte bloß wissen, ob sie alle so süß sind wie diese da. Haben sie eigentlich keine, die unfreundlich sind, oder welche, die brüllen?“ Gildoran lächelte. „Auf jeden Fall nicht in der Reklame.“ Ein neutraler Servomech bat sie herein und sagte mit einer sanften, kultivierten Stimme: „Willkommen, verehrte Wesen und zukünftige Eltern. Würden Sie bitte in diesem Bereich warten?
Eines von unseren Handelswesen wird sich in Kürze um Sie kümmern. In der Zwischenzeit könnten Sie sich diese Broschüren ansehen, in denen wir Sie über neueste Leistungen aufklären.“ Die biegsamen Metallarme des Servos reichten ihnen einige Blätter, und der Servo glitt davon. Gildoran sah sich eines davon an:
HEUTE bietet Ihnen Ihre beliebteste BRUTSTATION eine VÖLLIG NEUE LEISTUNG an! Haben Sie es satt, sechs Monate lang auf das Kind Ihrer Bestellung zu warten? Frauen, Sie können neun Monaten verpaßter Vergnügen, lästigen Geburten und selbstmörderischen und gefährlichen Depressionen nach der Geburt aus dem Weg gehen! Sie haben sich entschlossen, lieber nicht zu adoptieren. Was machen Sie also jetzt? JETZT können Sie sich zu einem einfachen, problemlosen und schmerzfreien Besuch entschließen und uns Ihren von einer bis vier Wochen alten Fötus überlassen. Für eine bescheidene Gebühr
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