Reise til helvete
an. Der klammerte sich regelrecht an sein Stück Seife. Sein Selbstbewusstsein war verloren gegangen, das war Thor schon am Abend zuvor aufgefallen. Da war plötzlich keine Schminke mehr, hinter der sich Dylan verstecken konnte. Es gab kein Haarspray, das sein wildes Haar verlockend bändigte. Stattdessen gab es dreckige Kleidung und einen Dreitagebart. Ein offensichtliches NO GO und er konnte sich nicht einmal dagegen wehren.
„Weißt du, wie das ist, wenn man sich schäbig fühlt?“ Bei der folgenden Erzählung sah er in die Ferne. „Als Kind, da habe ich oft alte Kleidung tragen müssen.“ Er atmete tief durch. „Als meine Mutter uns verließ, blieb der Haushalt an meinem Vater hängen. Ich muss wohl nicht erläutern, was das bedeutete …“ Er machte eine kleine Pause. Sollte er weiter berichten? Thor unterbrach ihn nicht und er machte auch keine Scherze mehr, sondern sah ihn nur wissbegierig an. „Ich musste oft in die Schule mit Flecken auf den Klamotten, mit Löchern im Pulli … wurde deswegen gehänselt, verprügelt.“
Dylan presste die Lippen fest aufeinander. Wen hatte es damals interessiert? Interessierte es jetzt jemanden? „Bis ich älter wurde und mich gewehrt habe …“ Er lächelte müde. „Als Dank haben sie mich in ein Heim gesteckt.“
Seine Hand glitt bedächtig über das Stück Seife.
„Ich will so etwas einfach nicht mehr erleben, verstehst du?“
Er sah Thor an. „Ich bin weg aus der Gosse und will nicht zurück!“
Mit der freien Hand bedeckte er die Lider. Er war den Tränen nahe, doch ebenso wollte er nicht die Fassung verlieren. War es nicht schlimm genug, wie er sich hier vor Thor präsentieren musste? Konnte es noch unangenehmer, noch entwürdigender sein?
„Hey, alles wird gut …“
Fahlstrøm nahm ihn in die Arme, woraufhin Dylan Seife und Lappen fallen ließ. Fest krallte er sich an Thors Körper.
Sie versanken in einem Kuss, der nach Kaugummi schmeckte.
„Ich weiß, du willst es nicht hören, aber ich liebe dich … so sehr.“ Dylans Griff wurde noch fester. Er wollte sich kaum lösen. „Und ich möchte dir gefallen, in jeder Situation.“
Er schluchzte leise und genoss die Berührungen auf seinem nackten Rücken.
„Ist gut …“
Thors Lippen liebkosten seinen Hals. Dylan spürte seine Hände an seinem Gesäß, wo sie ihn sanft streichelten. Zu gerne hätte Dylan diese Berührungen weiter genossen, doch Thor befreite sich aus der Umarmung.
„Wir sollten zurück. Die anderen warten sicher schon.“
„Und ich dachte …“ Dylans Stimme kippte enttäuscht.
„Nee, Perk, nicht hier und nicht jetzt, wo du voller Seife bist.“
*
Wie eine kostbare Beute reihten sie ihre Errungenschaften nebeneinander: Kaugummis, Sonnencreme, Wasser, Reisetabletten, von denen Erik direkt eine einnehmen musste. Die natürlichen Dinge stiegen in ihrer Bedeutung. Nur den Lappen und die Seife ließ Dylan unbemerkt verschwinden. Anschließend setzten sie sich zusammen. Gemeinsam entfernten sie den Verband an Dylans Arm. Thor musterte die Naht gründlich. Als er sie mit Wasser reinigte, unterdrückte Dylan ein Stöhnen.
„Es tut weh?“ Thor zog die Hand mit dem Tupfer zurück.
Dylan schüttelte den Kopf. „Nur etwas unangenehm.“ War das die Wahrheit? Er wagte einen schnellen Blick und verfluchte sich. Wieso hatte er nur wieder die Beherrschung verloren? Er hätte das Tattoo beinahe zerstört. War das wirklich seine Absicht gewesen?
Thor umwickelte den Arm mit einer frischen Binde.
„Oh Mann, Perk! Wieso hast du dir das bloß angetan?“
Dylan lächelte beschämt. „Wenn ich es wüsste?“
Sein Partner konnte darüber weniger lachen.
„Sieht gereizt aus. Du solltest die Wunde weiterhin schonen.“
„Leicht gesagt.“ Dylan zog den Arm zurück an seinen Körper. „Es ist langweilig hier. Irgendetwas muss man doch tun …“
„Wir alle wollten einen ruhigen Urlaub“, erinnerte Thor. „Nun haben wir ihn …“
Er klappte den Verbandskoffer zu. Still sahen sie sich an.
Es war Abend geworden. Im Hintergrund loderte das Feuer. Tony schnitt das Abendessen zurecht: Mangos und eine Kokosnuss. Thor hatte am Nachmittag nichts fangen können.
Jetzt war es Dylan egal. Als er in Thors blaue Augen sah, seinen von der Sonne gebräunten Körper betrachtete, war er einfach froh, dass sie zusammen hier waren. Einen Urlaub, allein, ohne störende Reporter und Fans; den erlebten sie tatsächlich. Ironie des Schicksals?
Er beugte sich vor und ihre Lippen trafen sich
Weitere Kostenlose Bücher