Reise til helvete
kurbelten ihre Verdauung an, sodass auch Dylan gezwungen war, ihr „Stilles Örtchen“ öfter aufzusuchen, als ihm lieb war. Doch er beklagte sich nicht mehr. Darüber zu sprechen erschien ihm noch entwürdigender. Und den anderen erging es nicht anders.
„Würde dir gerne mehr anbieten, aber allmählich …“ Thor zögerte. Er sprach nicht weiter. Es war offensichtlich, was er dachte. Morgens, mittags, abends … das war bereits kein Thema mehr. Die gegenwärtige Aktion hatte ihn ebenfalls entkräftet. Er kam auf die Beine. Doch hörte er nicht auf, Dylan anzusehen.
„Wie geht es dir heute?“
Dylan zuckte mit den Schultern. „Weiß nicht …“ Er überlegte. „Ich bin hungrig, müde … Habe Kopfschmerzen.“
„Du musst mehr trinken, Perk.“
„Ja.“
Dylan sah zur Seite, ebenso angenervt wie gequält. Kaum war ihre innige Vereinigung vorüber, kamen die dunklen Gedanken. Ein weiterer Tag lag vor ihnen, von dem sie nicht wussten, wie er enden würde. Vielleicht hier, zwischen Sand und Felsen zusammen auf eine Matratze gedrängt? Oder vielleicht doch auf dem Schiff, gerettet, vielleicht mit einem Lachen im Gesicht, bei dem Gedanken an ihre verrückte Geschichte? Gegenwärtig lachte keiner von ihnen. Dylan zog sich an. Seine engen Shorts waren völlig versandet, kratzten auf der Haut und spannten sich nicht mehr aufreizend an seinem Gesäß. Er stieß einen leisen Seufzer aus. Als ob er nicht schon dünn genug wäre!
Das ärmellose Shirt zog er lediglich an, um seinen geröteten Oberkörper vor weiterer Sonneneinstrahlung zu schützen. Noch nie hatte Thor ihn so planlos erlebt. Mit gespreizten Fingern versuchte er, seine Haare zu bändigen. Inzwischen waren ihre Spitzen filzig geworden. Dennoch schob sie Dylan zurück, um sie anschließend zu einem Zopf zusammenzubinden. Vorsichtig berührte er sein von der Sonne verbranntes Gesicht. Seine Lippen waren aufgesprungen und die Mundwinkel durch die Trockenheit eingerissen.
Als Dylans Hände seinen Bart berührten, der sich mehr und mehr im Gesicht abzeichnete, glitten die Finger ganz schnell an seinem Hals hinab.
„Perk?“
„Ja?“ Dylan sah sofort auf, unsicher, ein wenig ängstlich.
„Ich kann dir nicht versprechen, dass es gut wird“, begann Thor. „Aber ich könnte versuchen, dich mit meinem Messer zu rasieren.“
„Das würdest du tun?“ Dylan strahlte. „Echt?“
Thor deutete ein Nicken an.
Dylan ging das erste Mal seit ihrer Strandung nicht direkt zum Lagerfeuer, sondern marschierte erst zum Strand. In weiter Ferne sah er ein Frachtschiff. Viel zu weit weg. Er kniff die Augen zusammen. Sah er ebenfalls ein Segelboot? Oder war es nur ein tänzelnder Punkt am Horizont?
Er konnte sich nicht konzentrieren. Überhaupt kamen ihm die meisten Situationen inzwischen ganz irreal vor. Passierte das wirklich, was er erlebte? Oder war alles bloß eine Illusion? Immer mehr spürte er, wie Hunger und Durst ihm seine Energien raubten.
Er musste mehr trinken, das hatte Thor ausdrücklich befohlen.
Als er zurückging, gruben sich seine Füße tief in den Sand. Inzwischen gab er sich keine Mühe mehr, die Fußsohlen oder Fingernägel sauber zu halten. Nach wenigen Aktivitäten sammelte sich stetig neuer Sand an ihnen. Das Leben in der Wildnis war alles andere als romantisch, wie er inzwischen erkannt hatte.
Er hoffte inbrünstig, dass Angus mittlerweile etwas unternommen hatte.
„Sollten wir nicht endlich die Leuchtrakete abfeuern?“ Er deutete hinter sich. „Ich bin mir ganz sicher, dass es jemand sehen wird. Hier fahren Schiffe lang; zwar ziemlich weit draußen, aber …“
Tony reckte seinen Hals. „Ich weiß nicht, ob es Sinn macht.“ Unsicher blickte er Thor an, der sich dazu nicht äußerte. „Vielleicht sollten wir warten. Wir haben nur eine Rakete. Die sollten wir nicht unbedacht abschießen.“
Eine Antwort, die Dylan nicht hören wollte.
„Aber wir müssen doch etwas unternehmen! Mann!“ Er kickte seinen Fuß in den Sand, der dadurch aufgewirbelt wurde. Einige Sandkörner flogen durch die Luft. Er wurde nervös. Jede Stunde, in der sich nichts tat, quälte ihn merklich.
„Wir müssen bestimmt nicht mehr lange warten. Ich denke, Angus hat nötige Schritte eingeleitet.“ Tony zwinkerte ihm zu. Keine tröstende Geste.
Dylan sah ihm hinterher, wie er mit frischem Wasser im Zelt verschwand.
Thor hatte derweilen sein Messer an einem kleinen Stein gewetzt. Ihm entging nicht, wie nervös Dylan war, wie ungeduldig er ums Lager
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