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Reisestipendien

Reisestipendien

Titel: Reisestipendien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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weit draußen auf der Fahrt nach Bristol, und es war nicht die geringste Aussicht, mit ihr bei der weiteren Rundreise durch die Antillen noch einmal zusammenzutreffen.
    Als Harry Markel den Obersteuermann und Corty von der Sache unterrichtet hatte, konnten diese ihre Besorgnis wegen eines ähnlichen Zwischenfalles nicht verhehlen.
    »Da sind wir aber mit einem blauen Auge davongekommen, sagte John Carpenter.
    – Sprecht nur den anderen nicht davon, warnte Harry Markel. Es ist ja nutzlos, sie zu erschrecken, mögen sie nur noch mehr vorsichtig sein als bisher.
    – Sapperment, ich möchte aber, daß diese verteufelte Geschichte mit den Antillen zu Ende wäre! rief Corty. Hier kommts mir immer vor, als ob an jedem Baumaste schon ein Strick hinge!«
    Corty hatte ja ganz recht. Hätte die Brigg »Fire, Fly« noch an dem Tage, wo der »Alert« ankam, im Hafen von Marigot gelegen, so wäre es um Harry Markel und seine Spießgesellen geschehen gewesen.
    Das Bankett, das ebenso trefflich veranstaltet war, wie die Einladung dazu mit Freuden angenommen worden war, fand also am Abend statt. Dabei wurden auch Trinksprüche zu Ehren des Kapitäns Paxton ausgebracht, und man unterhielt sich von dem ersten Teile der Reise, der unter so günstigen Verhältnissen verlaufen war. Die jungen Antilianer brachten, nachdem sie ein wenig Luft der Heimat geatmet hatten, gewiß die unvergeßlichsten Eindrücke von ihrem Besuche Westindiens mit nach Europa zurück.
    Beim Nachtisch erhob sich Louis Clodion und widmete in gewandter Rede Anselme Guillon und den Vertretern der Kolonie warme Worte dankbarer Anerkennung für die so freundliche Aufnahme, wobei er noch Frankreichs, Englands, Dänemarks, Hollands und Schwedens, die ja alle an der Tafel vertreten waren, in brüderlicher Eintracht gedachte.
    Hierauf kam die Reihe an Horatio Patterson, der sichs doch nie hätte nehmen lassen, auf die mehr als zu vielen Toaste zu antworten, die man hier nach jedem Gerichte zu hören bekam. Der Mentor erhob sich also mit dem Glas in der Hand und ergriff nun das Wort.
    Was sich nur an lateinischen Citaten seinen wohlgesetzten Worten einverleiben ließ, das strömte aus dem Munde des Redners. Er sprach von den Erinnerungen, die dieses lukullische Fest dauernder als Erz –
aere perennius,
wie Horaz sagte – in ihm hinterlassen würde, von dem Glücke, das dem Kühnen hold sei –
audentes Fortuna juvat,
um mit Virgil zu reden. Er fühle sich beglückt, seinen Dank öffentlich –
coram publico
– aussprechen zu können. Immerhin müsse er daneben auch seines Vaterlandes, von dem ihn jetzt ein weites Weltmeer trenne, eingedenk sein, er werde aber trotzdem niemals die Befriedigung seiner Eigenliebe vergessen, die er hier auf den Antillen gefunden habe, und noch in seinem letzten Stündlein werde er begeistert rufen:
Et in Arcadia ego!
… denn die Antillen wären ein Stück jenes Arkadiens, wo Unschuld und Glück ihre Heimat hatten. Endlich habe er von jeher den Wunsch gehegt, diesen herrlichen Archipel zu besuchen –
hoc erat in votis,
mit dem schon citierten Horaz zu reden – auf den er,
si parva licet componere magnis
– wie Virgil sagt – er, der Verwalter der Antilian School, erst vierhundert Jahre nach Christoph Columbus seinen Fuß gesetzt habe.
    Ungeheurer Erfolg! Laut ertönten noch die Bravos der Tafelrunde, als Horatio Patterson sich schon wieder gesetzt hatte. Dann füllten noch einmal alle ihre Gläser zu Ehren der Mistreß Kathlen Seymour, man drückte einander zur Guten Nacht warm die Hände und die Stipendiaten machten sich wieder auf den Weg nach dem Hafen.
    Als sie am Abend gegen zehn Uhr an Bord zurückgekehrt waren, schien es Patterson, obgleich das Meer so ruhig wie ein Binnensee dalag, doch so, als ob der »Alert« von einer Dünung geschaukelt würde. Überzeugt, daß er das in wagrechter Lage weniger spüren werde, verschwand er sofort in seiner Kabine, entkleidete sich hier mit Hilfe des gefälligen Wagah und fiel bald in tiefen Schlummer. Der ganze nächste Tag wurde dann Spaziergängen durch die Stadt und deren Umgebung gewidmet.
    Zwei Wagen erwarteten die Touristen, zu deren Führung sich Anselme Guillon eingefunden hatte. Vor allem wünschten die jungen Reisenden die Stelle zu besuchen, wo 1648 die Teilung der Insel zwischen Frankreich und Holland vollzogen worden war.
    Dazu mußten sie einen östlich von Marigot gelegenen Hügel ersteigen, der den bezeichnenden Namen »Berg der Verträge« hat.
    An dessen Fuße angelangt,

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