Reiterferien auf Ponyhof Muehlental - Band 1-3
Flügeln und plusterte sich auf.
„Das würd ich mir gut überlegen“, sagte Anna grinsend zu dem eindrucksvollen Vogel. „Ich würd jetzt an deiner Stelle nicht mehr krähen. Roberts Socken sind echt nicht ohne.“
Es gab zwei Dinge, die Annas Bruder überhaupt nicht ausstehen konnte: Wenn man ihm seine geliebte Gitarre wegnahm. Und ... wenn man ihn in den Ferien nicht ausschlafen ließ.
Anna war da anders. Sie liebte es, in aller Frühe über den Hof zu stromern und mit den Tieren den Tag zu beginnen, wenn der Morgendunst noch wie eine Schicht Watte über den Weiden hing.
Gab es etwas Schöneres, als morgens in den Stall zu kommen und von den Pferden mit leisem Wiehern begrüßt zu werden? Gab es etwas Angenehmeres als die vertrauten Geräusche im Stall, das Scharren der Hufe und das Schnauben, wenn die Pferde ihre Mäuler tief in die Futterraufen tauchten? Wenn sie fraßen, klang es so, als kauten sie auf einer Portion Knäckebrot herum.
Außerdem war es ein schönes Gefühl, den Tag mit Stallarbeit zu beginnen und dann hungrig zum Frühstückstisch zu eilen, wo bereits eine Tasse mit heißem Kakao wartete. Das machte Anna glücklich.
Heute war ein besonders schöner Tag. Die Sonne brach gerade durch den Hochnebel und tauchte den Hof in orangefarbenes Licht. Anna lachte, als Justus empört sein buntes Gefieder aufplusterte und laut schimpfend seinen Unmut über Roberts Drohungen an seinem Hühnervolk ausließ. Heftig flatternd drehte er eine Runde über den Hof, dass die Hühner zu allen Seiten davonstoben. Kaum hatte Anna ihm den Rücken zugedreht, ließ er sich wieder auf dem Zaun nieder und krähte erneut aus vollem Halse.
„Armer Robert“, kicherte Anna.
Auf dem Weg zum Stall lief sie am alten Speicher vorbei, in dem ihre Freundin Luisa wohnte. Anna hob ein Steinchen auf und warf es gegen ihr Fenster. Adelheid, Luisas Mutter, die in dem alten Haus eine Tierarztpraxis betrieb, sah das gar nicht gern, denn einmal hatte Anna ein scharfkantiges Steinchen erwischt, das auf der Fensterscheibe prompt einen Kratzer hinterlassen hatte. Also machte sich Anna lieber sofort wieder aus dem Staub, um nicht erwischt zu werden, und setzte ihren Weg zum Stall fröhlich von einem Bein aufs andere hüpfend fort.
Luisa war nicht direkt ein Morgenmuffel, aber sie brauchte morgens immer ein bisschen länger. Meist hatte Anna dann schon die Pferde begrüßt und beim Füttern und Fegen geholfen, ehe Luisa im Stall auftauchte.
„Guten Morgen, meine Schöne!“, grüßte Anna ihre Ponystute Fee und drückte ihr einen Kuss auf das weiche Maul. „Hier, ein kleiner Morgengruß“, flüsterte sie und hielt Fee eine Möhre vors Maul, die sie aus der Speisekammer gemopst hatte. Knurpsend verspeiste das Pony das knackige Gemüse.
„Bei dir möchte ich auch gern Pony sein“, sagte plötzlich eine warme, dunkle Stimme. Rolf, Annas Vater, lehnte sich über die Boxenwand und lachte seine Tochter an.
Da hatte Anna eine Idee. Kurz entschlossen griff sie noch einmal in ihre Tasche und klaubte eine weitere Möhre heraus, die sie ihrem Vater auf der flachen Hand vor den Mund hielt. „Recht so?“
„Pft!“, machte Rolf und zeigte Anna lachend einen Vogel. In diesem Moment tauchte Luisa neben ihm auf. Die Haare standen ihr wüst vom Kopf ab, als hätte sie in eine Steckdose gefasst. „Ah, da kommt ja Hilfe. Sehr schön. Die hinteren beiden Boxen müssen nämlich noch komplett ausgemistet und mit neuer Einstreu versehen werden. Helft ihr mir?“
„Geht klar“, antwortete Anna. Luisa nickte ihr zu. Natürlich waren sie dabei! Das Ausmisten war eine anstrengende Arbeit, die den Mädchen aber viel Spaß machte.
Luisa hielt Anna die Hand hin. Die schlug ein und sagte: „Moin, erst mal, du verschlafene Amazone.“
„Kommen heute etwa zwei neue Pensionspferde?“, fragte Luisa, als Rolf durch die Stallgasse verschwunden war.
„Ja und nein“, antwortete Anna und machte sich auf den Weg zu einer der leer stehenden Boxen, in der sie Schubkarren, Besen, Mistforken und Strohballen aufbewahrten. „Wenn ich Paps richtig verstanden habe, kommt gegen Mittag das Voltigierpferd, das Mama ausgesucht hat, und heute Nachmittag zieht ein weiteres Pensionspferd bei uns ein.“
Annas Mutter Isabel gab auf dem Ponyhof im Mühlental Reitunterricht. Obwohl sie den Hof mit ihrer Familie erst vor einem halben Jahr übernommen hatte, genossen sie bereits einen guten Ruf und ihre Reitkurse waren besonders bei den Kindern beliebt.
Luisa lehnte
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