Rembrandts Vermächtnis (German Edition)
Erst hatte der Kamin gerußt, dann war die Milch sauer geworden, und zu guter Letzt war ihr ein Becher aus der Hand gerutscht und auf den Küchenfliesen zersprungen.
Der Meister überlegte kurz.
„Nein, diesen Namen kenne ich nicht. Aber wenn einer etwas kaufen möchte, soll er nur hereinkommen. Schick ihn hoch, Rebekka.“
Der Mann war klein, schmächtig und hatte einen Buckel. Seine altmodischen, schmutzigen Kleider rochen nach vermodertem Gras. Er lispelte durch eine breite, faulige Zahnlücke.
„Meister Rembrandt, ich habe schon viel von Euch gehört. Es ist mir eine besondere Ehre, den berühmten Maler endlich einmal persönlich kennen zu lernen. Mein Name ist Pieter van Brederode, ich sammle Bilder, Antiquitäten und Raritäten.“
„Sehr erfreut, Mijnheer. Dann wollen wir sehen, ob Ihr etwas bei mir findet, das Euren Vorstellungen entspricht.“
„Ausgezeichnet, diese vielen Gemälde überall an den Wänden, Meister Rembrandt. Ihr müsst Tag und Nacht daran gearbeitet haben.“
„Nicht alle Bilder, die Ihr hier seht, sind verkäuflich, nur diejenigen, die von meiner Hand stammen. Die anderen gehören zu meiner Kunstsammlung, die ich fortlaufend ergänze.“
Der Meister zog die Staubvorhänge zur Seite und zeigte dem Buckligen zuerst seine Bilder mit Philosophen, Orientalen und Historien aus der Bibel. Danach holte er die Folianten mit den Handzeichnungen und Radierungen aus der Truhe hervor. Der Händler begutachtete alles sorgfältig mit einem Vergrößerungsglas und machte sich eifrig Notizen in ein dickes Heft mit fleckigen Seiten.
„So weit ganz schön. Aber könnt Ihr mir nicht noch mehr zeigen? Am liebsten würde ich alle Eure Werke sehen.“
Der Meister wurde zusehends ungeduldig. Er hasste es, wenn man ihn von der Arbeit abhielt. Dennoch zwang er sich zu einem Lächeln und führte den Händler die Stiege hinauf in die Dachkammer. Nach einer Weile hörten wir ein lautes Poltern. Die beiden Männer kamen wieder herunter.
„Ich habe es bereits mehrmals gesagt, Mijnheer“, hörte ich die erregte Stimme des Meisters. „Ich verkaufe nichts aus meiner Sammlung. Wenn Euch keins meiner Bilder gefallen hat, dann muss ich Euch ersuchen, wieder zu gehen.“
Der Händler scharrte mit den Füßen und machte seinen Buckel noch runder. Sein Tonfall wurde ganz unterwürfig.
„Verehrter Meister Rembrandt, was bedeutet schon so ein einzelnes Objekt angesichts der vielen anderen hervorragenden Stücke, die Ihr in Eurer Sammlung habt? Ich bin mir ganz sicher, dass der Helm einmal Gerard van Velsen, dem furchtlosen Ritter des Mittelalters, gehört hat. Ich habe es gleich an dem Wappen über der Stirn erkannt. Seit mehr als drei Jahren bin ich auf der Suche nach diesem Schatz. Vor einigen Monaten hatte ich seine Fährte plötzlich verloren. Und genau zu diesem Zeitpunkt seid Ihr mir bedauerlicherweise zuvorgekommen. Jetzt, wo ich ihn endlich gefunden habe, werde ich darum kämpfen, ihn auch zu besitzen.“
“Mir ist es einerlei, wem der Helm irgendwann einmal gehört hat. Jetzt gehört er mir, und ich werde ihn auch behalten. Er dient mir als Inspiration für meine Malerei.“
“Und wenn ich Euch das Doppelte dessen zahlen würde, was er wert ist? Ihr könntet Euch einen ähnlichen Helm kaufen und noch so mancherlei anderes dazu. Überlegt es Euch gut, verehrter Meister, aber entscheidet Euch schnell. Nein, wartet, ich zahle sogar das Dreifache.“
Abrupt drehte der Meister dem Händler den Rücken zu und trat vor die Leinwand. Er nahm den Pinsel zur Hand und setzte seine Arbeit an der Stelle fort, an der er durch den ungebetenen Besucher vorhin unterbrochen worden war.
“Samuel, Mijnheer van Brederode möchte gehen“, sagte er eisig. “Bitte begleite ihn hinaus.“
Die Enttäuschung war dem Händler deutlich anzumerken. Während er hinter mir die Treppe hinab stieg, murmelte er unverständliche Worte in sich hinein. Ich hatte die Haustür beinahe schon hinter ihm geschlossen, als er sich noch einmal umdrehte und seine Augenlider nervös zuckten.
“Guter Junge, du siehst aus wie einer, der sich ein paar Stuiver verdienen will. Wenn du deinen Lehrer dazu überreden kannst, dass er mir doch noch den Helm verkauft, dann soll das nicht zu deinem Nachteil sein. Ich zahle dir den zehnten Teil dessen, was der Meister von mir verlangt.“
Ich machte mich so lang wie möglich und streckte das Kinn vor. Dann warf ich lautstark die Tür ins Schloss und ging ins Atelier zurück. Der Mann hatte sich
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