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Remember

Remember

Titel: Remember Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roland Jungbluth
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aufgegeben. Kommt nur , dachte Annabel zuversichtlich. Das hier wird euch gefallen.
    Während sie kreuz und quer durch dicht bewachsene Gärten liefen, wunderte Annabel sich darüber, dass sie trotz ihrer Angst gleichzeitig daran dachte, wie schön es hier war und wie sich der Geruch des Flusses mit dem Duft der Gärten mischte. Vielleicht, weil es der Geruch der Freiheit war.
    Hin und wieder hörte Annabel die drei Männer fluchen und sie stellte sich vor, wie sie stolperten oder ein Ast ihnen mitten ins Gesicht schlug. Das gefiel ihr. Dass sie trotzdem ein paarmal vom Schein einer Taschenlampe getroffen wurde, weniger.
    Über eine niedrige Mauer gelangten sie schließlich wieder auf die Straße, direkt gegenüber einer großen Bushaltestelle. »Wohin jetzt?«, fragte Michael und musste sich anscheinend erst mal orientieren.
    »St. Mary«, sagte Annabel und schon rannte sie wieder los.
    St. Mary Magdalene, eine große anglikanische Kirche, lag gleich hinter der nächsten Kreuzung. Sie war von einem kleinen Park umgeben und bot genug Möglichkeiten, sich zu verstecken.
    »Sollen wir um Asyl bitten?« Annabel meinte den Vorschlag selbst nicht ganz ernst, trotzdem rüttelte sie an der großen hölzernen Eingangstür, die sich am Fuß des quadratischen Turms befand. Sie war verschlossen.
    »Gott wird uns nicht helfen«, sagte Michael. »Er hat Besseres zu tun. Das hat er immer.«
    Annabel hörte die Verachtung in seiner Stimme. Aber für Fragen war keine Zeit. Und bevor er wieder aus unerklärlichen Gründen zur Salzsäule erstarren konnte, drängte sie ihn weiterzugehen. »Dort hinten ist ein guter Platz.«
    In einem kleinen versiegten Springbrunnen, verborgen hinter üppigen Eiben und Wacholder, fanden sie endlich ein Versteck. Keine Minute zu früh, dachte Annabel, die spürte, dass sie langsam an ihre Grenzen stieß. Ihre Beine schmerzten und ein paarmal hätte sie sich beinahe den Knöchel verknackst.
    »Vielleicht haben wir sie abgehängt«, flüsterte Michael.
    »Ja, vielleicht.« Annabel fühlte den rauen Stein unter ihren Händen und dachte an die Kirche, die hinter ihr aufragte. Sie kramte in ihren Erinnerungen, schloss die Augen und wanderte im Geiste durch das Innere der Kirche. Sie musste mit ihren Eltern hier gewesen sein, zu einem Gottesdienst oder einem Konzert. Sie stellte sich vor, wie sie auf einer der Eichenbänke saß, das dunkle, fast schwarze Holzdach über sich und das große Spitzbogenfenster über dem Altar. All das und noch mehr konnte sie sehen. Doch als sie im Geiste neben sich schaute, war der Platz leer.
    Wo seid ihr?
    Ein schriller Schrei, wie von einem Kind, ließ Annabel zusammenzucken und holte sie zurück ins Jetzt.
    »Katzen«, sagte Michael kaum hörbar. Diesmal klang es, als würde er lächeln. »Mistviecher!«
    Dann durchschnitt der umherwandernde Schein einer Taschenlampe die Dunkelheit. Nur flüchtig streifte er ihr Versteck, verharrte zwei Sekunden in ihrer Nähe, glitt weiter hin und her, auf und ab, ziellos suchend und erlosch kurz darauf ganz. Jetzt waren auch deutliche Schritte zu hören.
    »Das war’s«, hörten sie eine raue Männerstimme sagen. Sie klang erschöpft und genervt. »Die sind weg. Sollen sich doch die Bullen mit ihnen rumärgern.«
    »Genau. Ich hab die Schnauze voll«, sagte eine zweite Stimme. »Scheiße, das sind doch nur ein paar harmlose Jugendliche und keine psychopathischen Killer, verdammt. Ich versteh den ganzen Zirkus nicht.«
    Annabel und Michael lauschten, während die Schritte und Stimmen der Männer immer leiser wurden und schließlich ganz verstummten. Doch erst als sie ganz sicher waren, nichts weiter zu hören als das Rauschen der Bäume, glitten sie aus dem Brunnen und schlichen davon.
    19
    »Du musst nicht bei mir bleiben.«
    »Ich weiß, dass ich das nicht muss, George. Aber wenn das deine Art ist, Danke zu sagen, dann – gern geschehen.«
    Eric war sich nicht sicher, ob George zu stolz war, um seine Hilfe anzuerkennen, oder ob er einfach nur ein Arsch war. Vor allem aber fragte er sich, warum er freiwillig bei ihm geblieben war. Das war weiß Gott nicht seine beste Entscheidung gewesen. Vielleicht hatte er Mitleid mit George, weil er sich mit der Rolle des Außenseiters besser auskannte als jeder andere. Oder die Leute in der Anstalt hatten recht und er war einfach nur verrückt.
    »Was wollen wir eigentlich hier?«
    »Wir suchen uns ein Versteck?«
    »Ein Versteck. Hier?«
    »Warum nicht? Wir haben doch darüber gesprochen, dass die

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