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Remember

Remember

Titel: Remember Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roland Jungbluth
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Ereignis mit großem Interesse verfolgt. Und was wir sahen, war nichts weniger als ein Plädoyer für Menschlichkeit und Liebe. Wir sind der Ansicht, einen schöneren Beweis für die Existenz der menschlichen Seele kann man sich nicht wünschen.
    Gezeichnet Papst Alexander IX. «
    FINNAGAN: »Nicholas, ich gestehe, dass ich mit so einer Antwort nicht gerechnet habe. Und dem Stimmengewirr in meinem Kopfhörer nach zu urteilen, hat das niemand. Wieso haben wir nicht bereits auf der Pressekonferenz davon erfahren?«
    HILL: »Sie kennen doch die Bilder. Ihre Kollegen waren kaum zu bändigen. Ich hielt es für besser, auf einen ruhigeren Moment zu warten.«
    FINNAGAN: »Nun, ich schätze, daran haben Ihre religiösen Kritiker erst einmal zu knabbern. – Kommen wir zu einem ganz anderen Thema.«

Abschied von Willowsend
    35
    Das hübsche kleine Haus in der Morgensonne, der strahlend blaue Himmel, das leuchtende Grün der Baumkronen rings um den See, das funkelnde Wasser – Annabel prägte sich alles ganz genau ein und legte das Bild in ihr Schatzkästchen. So nannte sie den Ort, versteckt in den Tiefen ihrer Erinnerungen, an dem sie alles aufbewahrte, was ihr lieb und teuer war. Anblicke wie dieser, der Sonnenaufgang in Kew Gardens oder ein riesiges Stück Schokoladenkuchen. Auch Menschen waren darin. Menschen, die sie in ihr Herz geschlossen hatte, wie Eric, der sie immer Süße und Rotlöckchen nannte und der ihr das Tanzen beibringen wollte, wenn alles vorbei war. Und Michael, der sie manchmal ansah, als ob er… ja, Michael hatte einen ganz besonderen Platz in ihrem Schatzkästchen.
    Sie fragte sich, ob es dieses Kästchen schon immer gegeben hatte, sie wusste es nicht. Denn wenn es so wäre, hätten doch auch ihre Eltern dort sein müssen, aber das waren sie nicht.
    »Können wir?«, fragte Michael und betätigte die Klingel an seinem Rad.
    Annabel seufzte leise, dann lachte sie ihn an und schwang sich in den Sattel. »Kann losgehen!«
    »George ist ein Idiot.« Michael lachte. »Das hier ist eine tolle Idee. Ich komme mir schon vor wie ein Tier, das sich tagelang in seinem Bau verkrochen und ängstlich darauf gewartet hat, herausgescheucht zu werden. Das ist jetzt genau das, was ich brauche.« Michael klingelte noch einmal.
    »Ich weiß, was du meinst«, sagte Annabel und wollte in das Klingelkonzert mit einsteigen. Aber das rostige, kleine Ding an ihrem Lenker brachte nur ein heiseres metallisches Gekrächze zustande, das sie beide zum Lachen brachte.
    Annabel sah Michael an und da war es wieder. Als sie ihm beim Frühstück gegenübergesessen hatte, war es ihr zum ersten Mal aufgefallen, dieses Leuchten in seinen Augen. Irgendwie hatte er sich seit gestern Abend verändert. Und später dann, als sie ihre Sachen zusammengepackt hatten, da hatte er sie so liebevoll und neugierig angeschaut, als sehe er sie zum ersten Mal, als hätte es die Anstalt, ihre Flucht und die mysteriösen Ereignisse nie gegeben – als wäre dies ein ganz normaler Sommertag. Und genau in diesem Moment war ihr etwas klar geworden: Wenn sie das hier überstehen wollte, musste sie sich ein Stück Normalität bewahren, damit sie aus den wenigen Dingen, die ihr noch geblieben waren, wieder Kraft schöpfen konnte. Also beschloss sie, den Abschied von Willowsend noch etwas hinauszuzögern, bevor sie wieder in die Geisterbahn stieg, zu der ihr Leben geworden war.
    »Du willst mit dem Fahrrad zurück ins Dorf fahren?«, hatte George sie ungläubig gefragt. »So ein sentimentaler Quatsch! Ich nehme auf jeden Fall den Bus.«
    Annabel hatte gehofft, dass er das sagen würde. Doch als Eric sich ihm anschließen wollte, war sie ein wenig enttäuscht gewesen. Sie hätte ihn so gern dabeigehabt.
    Eric hatte ihr zugeflüstert, er würde das nur tun, um George zu ärgern. Aber als er ihr zum Abschied zugezwinkert und sie und Michael angeschaut hatte, war ihr klar geworden, dass er es in Wahrheit ihretwegen getan hatte. Er wollte ihr Zeit mit Michael geben.
    Sie fuhren ein Stück den Waldweg entlang, der zurück zur Straße führte, bis Michael anhielt und in einen unscheinbaren Pfad einbog. Hier kamen sie nur schiebend voran.
    Michael deutete auf eine Stelle oben in den Bäumen. »Siehst du das Baumhaus?«
    Annabel blickte nach oben und sah ein paar zusammengenagelte Bretter, die nur in Kinderaugen Ähnlichkeit mit einem Haus haben konnten.
    »Hier habe ich meinen ersten Kuss bekommen. Von einem Mädchen aus dem Dorf. Sie war zwei Jahre älter als ich.«

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