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Remember

Remember

Titel: Remember Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roland Jungbluth
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Spiegelbild an und erschrak angesichts der dunklen Ränder unter seinen Augen. Er hatte sich nie Illusionen über sein Aussehen gemacht, sich auch nie sonderlich dafür interessiert. Aber mit diesen Schatten, den geröteten Augen und seiner ohnehin blassen Haut kam er sich vor wie ein drogensüchtiger Penner.
    Die letzte Nacht war die Hölle gewesen und sein Traum so realistisch und Furcht einflößend wie nie zuvor. Zu allem Überfluss begann er, jetzt auch tagsüber Dinge zu sehen, die Beschimpfungen seiner Mutter zu hören.
    George hatte keine Erklärung dafür oder für die Situation, in der sie sich befanden. Und natürlich hatte er Angst. Trotzdem war er inzwischen der festen Überzeugung, dass er als Einziger eine reelle Chance hatte, das Geheimnis zu lüften. Weil nur er offenbar bereit war, sich den unangenehmen Fragen zu stellen, Fragen, vor denen sich die anderen wie kleine Kinder fürchteten. Besonders Annabel, die ja alle für so tapfer und stark hielten. Dabei flippte sie schon aus, wenn man ihr nur das Prinzip von Katz und Maus erklärte. Wie armselig.
    Aber es ist ja auch viel leichter, anderen das Denken zu überlassen und dem selbst ernannten Anführer Michael hinterherzulaufen. Dabei war der doch den ganzen Tag nur mit sich selbst und dem Tod seiner Schwester beschäftigt. Jeder Trottel kapierte, dass es ein Unfall und nicht seine Schuld gewesen war, außer Michael natürlich, dem ach so cleveren Rätselspezialisten. Und seinem Urteil vertrauten sie?
    George musste zugeben, dass ihm das kleine Duell mit Michael gestern Spaß gemacht hatte. Er war sogar ein wenig überrascht gewesen, als der ihn am Schluss aufs Kreuz gelegt hatte. Aber so was würde ihm ganz sicher kein zweites Mal gelingen, dafür würde er sorgen.
    Michael hatte quasi im Alleingang entschieden, heute zurück nach London zu fahren. Angeblich, weil sie keine andere Wahl hatten. Schließlich müssten sie herausfinden, was in diesem Schließfach auf sie wartete. Und die anderen hatten sich wie Schafe seiner Entscheidung angeschlossen. Waren sie wirklich zu dämlich, um aus ihren Fehlern zu lernen?
    George kämmte sich die Haare und erkannte, dass es auch Vorteile hatte, ein Außenseiter zu sein. Außenseiter folgten nicht so leicht der Herde wie die anderen dummen Schafe. Schafe haben keine Wahl, da hatte Michael wohl recht. Aber er, George, war kein Schaf.
    Er schaute ein letztes Mal in den Spiegel und setzte ein zurückhaltendes Lächeln auf. Er hatte es extra geübt.

Vierter Teil des Interviews
    Finnagan: »Lassen Sie uns doch noch einmal über Ihre Kritiker sprechen. Interessant dabei ist, dass sie sich in zwei Lager spalten. Da sind zunächst diejenigen, die mit sachlichen Argumenten vor einem Missbrauch Ihrer Technologie warnen. Vornehmlich Wissenschaftler und Intellektuelle. Und wie wir hörten, teilen Sie sogar deren Befürchtungen. Es gibt aber noch eine zweite Gruppe, deren Argumente etwas… na ja…«
    HILL: »Etwas esoterisch anmuten?«
    FINNAGAN: »Ja, so könnte man es nennen. Die Rede ist von den religiösen Kritikern.«
    HILL: »Ein sensibles Thema.«
    FINNAGAN: »Sie möchten nicht darüber sprechen?«
    HILL: »Doch, doch. Nur zu.«
    FINNAGAN: »Also dann… was sagen Sie zu der Kritik religiöser Gruppen an Ihrer Forschung? Ist sie gerechtfertigt? Und wenn wir schon dabei sind, gibt es eine unsterbliche Seele?«
    HILL: »Es geht in unserer Forschung nicht darum zu beweisen, ob es eine unsterbliche Seele gibt oder nicht. Aber ich kann die Sorge gläubiger Menschen verstehen. Für viele von ihnen stellt die immer weiter fortschreitende Erforschung des menschlichen Gehirns eine Bedrohung dar. Diese Sorge ist in unserem Fall aber unbegründet. Es wird Sie interessieren zu hören, dass die Mitglieder unseres wissenschaftlichen Teams selbst einer Vielzahl unterschiedlicher Religionen angehören. Und niemand sieht sich durch seine Arbeit in seinem Glauben bedroht. Ich kann Ihnen daher versichern, wir sind keineswegs jener blasphemische Haufen krimineller Atheisten, wie einige Glaubenseiferer uns immer wieder vorwerfen. Aber wenn Sie meine Worte noch nicht überzeugt haben, dann können es vielleicht die eines anderen. – Was ich Ihnen nun vorlesen möchte, ist der Auszug aus einer E-Mail, die ich heute Mittag erhalten habe:
    Die katholische Kirche sieht sich durch die erstaunlichen Ergebnisse Ihrer Forschung weder bedroht noch teilt sie die gegen Sie erhobenen Vorwürfe. Im Gegenteil. Ich habe mit meinen Kardinälen das

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