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Remes, Ilkka - 2 - Hochzeitsflug

Remes, Ilkka - 2 - Hochzeitsflug

Titel: Remes, Ilkka - 2 - Hochzeitsflug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ilkka Remes
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Christian begab sich zur Tür; er war sicher, dass eine Frau wie Sylvia nicht verheiratet sein konnte. Zwar glitzerten an ihren Fingern Ringe, aber am wichtigsten Finger fehlte einer. »Entschuldige die Störung.«
    »Wir kommen auf das Thema zurück, bald werde ich schlauer sein«, sagte Sylvia, während er die Tür hinter sich schloss.
    Christian ging ein Stockwerk höher und klopfte bei Rebecca an. Es dauerte lange, bis sie öffnete. Ihre Augen waren gerötet.
    »Daniel hat vor Enttäuschung geweint, weil sein Vater heute nicht nach Haus kommt und morgen vielleicht auch nicht.«
    Christian nickte schweigend. Er konnte ihr keinen Rat geben.
    »Wir müssen los«, sagte Rebecca und gab sich einen Ruck. »Es macht nichts, wenn wir etwas früher vor der Bank stehen. In diesem Land sollte man nicht länger als unbedingt nötig ohne Pass sein.«
    Draußen berichtete Christian von seinem Besuch bei Sylvia. »Entweder sie weiß nichts von der Organisationsstruktur, oder sie will uns nicht helfen.«
    »Journalisten sind kaum daran interessiert, die Informationen, die sie mühsam beschafft haben, mit anderen zu teilen. Man muss ihnen einen Gegendienst erweisen.« »Ich sollte besser Abstand von dieser Frau halten.«
    Hinter den Bergen wurde der bewölkte Himmel langsam hell. Das Meer wogte in unruhigem Rhythmus. Auf dem Weg zur Stadtmitte sog Christian die frische Luft ein. »Ich weiß nicht, ob ich das überhaupt erzählen will«, fing Rebecca zögernd an. »Bevor du zu mir kamst, bin ich kurz eingenickt... Im Traum saß ich neben Mark im Flugzeug. Ich schaute ihn an und sah seine leblosen Augen. Entsetzt stand ich auf und sah dann auch die anderen Passagiere leblos auf ihren Plätzen sitzen ...«
    Rebecca blieb stehen, legte die Hände vors Gesicht und schüttelte den Kopf. »Es war so schrecklich ...«
    Christian nahm sie in den Arm. Die kleine Frau zitterte am ganzen Leib. »Das ist der wahnsinnige Stress ...«
    »Hast du als Gehirnforscher eine sinnvolle Erklärung für so etwas? Etwas, mit dem du mich trösten könntest?«, fragte Rebecca und drückte das Gesicht an Christians Schulter.
    »Im Traum geraten Sinnvolles und Sinnloses oft durcheinander«, sagte Christian sanft. »Die Gehirnrinde versucht mit mehr oder weniger großem Erfolg aus den sinnlosen Splittern einen sinnvollen Zusammenhang zu bilden. Ein bisschen wie beim Rohrschachtest. Wir haben es mit einem Mysterium zu tun, das unser Fassungsvermögen völlig übersteigt.«
    Rebecca wischte sich die Augen, dann löste sie sich aus Christians Umarmung und zwang sich, weiterzugehen.
    »Ich will mit Marks Chef sprechen«, sagte sie entschlossen.
    »Er schien vorhin nicht gerade versessen darauf zu sein, mit dir zu reden.« »Er hatte keine Zeit. Ich werde ihn suchen.«
    Verstohlen blickte Christian wieder auf die mit schwarzer Farbe auf die Wände gesprühten Zeichen. Auf den ersten Blick sahen sie aus wie Graffiti von Jugendlichen. Im ersten Morgenlicht erkannte Christian aber, woran ihn eines davon erinnerte: an ein Pentagramm, das Kennzeichen der Satanisten, das auch auf einem Gemälde von Tina vorkam. Christian erschrak über seine Beobachtung. Er schaute erneut auf das Zeichen. Jetzt sah es nach dem aus, was es tatsächlich war, nämlich ein ungenau hingeschmierter kyrillischer Buchstabe.
    Wenig später hatten sie die Filiale der Jugobank erreicht, und Rebecca hob ohne Probleme tausendfünfhundert D-Mark ab.
    »Kannst du deinen Pass alleine holen?«, fragte sie. »Dann könnte ich inzwischen zum Rathaus gehen und mich erkundigen, wo ich Jack Lawrence finde.«
    »Wir treffen uns spätestens um neun in der Straße mit den Kiosken.« Christian eilte mit dem Geld in der Tasche zu der Wohnung des jungen Mannes in der Lovcenska-Straße. Dessen Geschäfte auf Kosten der Angehörigen widerten ihn an, aber gefährlich schien ihm der Junge nicht zu sein. In den stillen Gassen schepperten die Deckel einzelner Mülltonnen.
    Christian blieb vor dem Haus stehen, das er angesteuert hatte. Erst als er schon angeklopft hatte, bemerkte er, dass die Tür offen war. Er wartete einige Sekunden, dann trat er vorsichtig ein.
    »Hallo«, sagte er leise im engen Flur. Aus dem Wohnzimmer drang gedämpftes Fernsehspektakel. Das Rauschen war von lebendigen Stimmen abgelöst worden. Christian wartete einen Moment.
    Keine Reaktion.
    Die Tür zum Wohnzimmer stand einen Spaltbreit offen. Er klopfte höflich an, aber in der Bewegung seiner Hand lag bereits ein Zögern.
    Niemand rührte

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