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Remes, Ilkka - 2 - Hochzeitsflug

Remes, Ilkka - 2 - Hochzeitsflug

Titel: Remes, Ilkka - 2 - Hochzeitsflug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ilkka Remes
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sehen, die er kannte. Christian hob das Buch an und fand seinen Pass.
    Erleichtert steckte er ihn ein. Im selben Moment hörte er die Haustür aufgehen, jemanden den Flur betreten und wegen des Rauchs lautstark schnuppern. Im Bruchteil einer Sekunde wog Christian die Lage ab, soweit es sein Schock zuließ. Die Polizei würde so jedenfalls nicht das Haus betreten.
    Er eilte in die Küche, die gekachelte Wände und einen Steinfußboden hatte. Dort machte er die Hintertür aus Milchglas auf, sah, dass die Luft rein war, und huschte in den Hof, von dem eine Pforte zu dem gemeinsamen Gartengrundstück der umliegenden Häuser führte.
    Im Haus hörte man den Aufschrei einer alten Frau.
    Christian rannte durch die Pforte und stellte fest, dass er in einem eingezäunten Gartenlabyrinth gelandet war. Jenseits des Zauns wurde Abfall verbrannt. Der Rauchgeruch war von dort gekommen, nicht aus dem Haus. Durch die Ritzen im Bretterzaun sah er eine graue Mütze schimmern. Auf der anderen Seite des Gartens war das energische Kratzen eines Rechens zu vernehmen. Somit war der Fluchtweg in beide Richtungen blockiert.
    Christian hörte das schwere Keuchen des Mannes, der den Abfall verbrannte, unmittelbar hinter dem wackligen Zaun und suchte mit den Augen fieberhaft nach einem Ausweg. Der Rauch reizte seine Lunge, aber Christian gab sich Mühe, nicht zu husten.
    Sein Blick flog in alle Richtungen: Eine niedrige, kümmerliche Buschreihe setzte sich jenseits des Zauns bis zur verwitterten Wand des Nachbarhauses fort. Ein lehmiger Pfad führte zu einer offenen Bretterpforte und in die schmale Gasse dahinter. In der entgegengesetzten Richtung stand nur ein Holzschuppen mit eingesunkenem Dach, da neben lagen verrostete Schrottteile, ein paar zerfetzte Autoreifen - vor allem aber schnitt dort ein grauer Bretterzaun den Weg ab.
    Das heulende Geschrei der alten Frau hielt an. Der Mann im Garten ließ seinen Abfall alleine weiter brennen und eilte zum Haus. Christian begriff, dass er sich zum Verdächtigen Nummer eins machte, wenn man ihn hier bemerkte.
    Er richtete den Blick wieder nach vorne, auf die Pforte. Er hatte keine andere Wahl. Also ging er auf alle viere, um nicht gesehen zu werden, und kroch hastig auf die Pforte und die sich dahinter anschließende enge Gasse zu.
    Christian drückte die Pforte ganz auf und schlüpfte in den Schatten des Gässchens hinaus, in wenigstens vorübergehende Freiheit. Kurz darauf traute er sich bereits, im Laufschritt durch das Gewirr der engen Gassen zu eilen, bis er glaubte, weit genug vom Tatort entfernt zu sein.
    Die Straßen wurden breiter, und er ging langsamer, um weniger aufzufallen. Er merkte, dass er den Blicken der entgegenkommenden Passanten auswich. Hatte man ihn bereits unter Verdacht ? Außer Atem ging er unter Pappeln in Richtung Innenstadt und verfluchte innerlich seine Tollkühnheit. Was, wenn ihn jemand in der Nähe des Tatorts gesehen hatte?
    Allmählich wuchs jedoch das Gefühl, vernünftig gehandelt zu haben. Denn jetzt hatte er sowohl seinen Pass als auch die Kassette. Ob Rebecca den Mann von der Nato schon gefunden hatte? Christian wollte lieber einem der Flugunfallermittler oder einem Vertreter der Nato über die Vorfälle bei dem jungen Mann berichten als der lokalen Polizei.
    Ein alter Fiat fuhr an ihm vorbei, und etwas weiter weg jammerte ein Moped. Die obdachlose Zigeunerfrau, die an der Hausecke lag, drehte sich ächzend auf die andere Seite und zog ihre Decke aus Karton zurecht. Christian steuerte den Marktplatz und das Rathaus an. Es war nicht mehr weit bis dorthin, ein paar Häuserblocks noch. Er hoffte inständig, dass Rebecca den Vorgesetzten ihres Mannes gefunden hatte. Christians Atem beruhigte sich allmählich, auch das Zittern der Hände wurde schwächer.
    Weit weg hörte man die Sirene eines Einsatzfahrzeugs. Christian beschleunigte seine Schritte. Zum Glück nahm das Menschengewimmel rund um den Marktplatz zu. Unentwegt gingen Christian dieselben Fragen durch den Kopf, sie ließen ihm einfach keine Ruhe. Hatte der Mord mit der Kassette zu tun? Wusste jemand davon, dass der junge Mann die Kamera gefunden hatte? Jemand, der die Kassette unbedingt haben wollte?
20
    Das Laub der Bäume entlang der Avenue de la Croix des Gardes in Cannes rauschte im Morgenwind. Über den blauen Himmel segelten Wolken wie Wattebäusche. Ein Motorroller wimmerte die ansteigende Straße hinauf und überholte eine blonde Frau in Minirock und mit Sonnenbrille, die auf dem Bürgersteig

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