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Remes, Ilkka - 2 - Hochzeitsflug

Remes, Ilkka - 2 - Hochzeitsflug

Titel: Remes, Ilkka - 2 - Hochzeitsflug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ilkka Remes
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Fenster und spähte hinaus. Es war nichts Ungewöhnliches zu sehen, nur ein herrenloser Hund lief über den sonnenbeschienenen Asphalt.
    Es klingelte erneut.
    Sara schlich zur Wohnungstür. Ihre Neugier siegte über die Angst. Mit der Fingerspitze schob sie den Metallschutz des Türspions zur Seite, dann bewegte sie ihr Gesicht an die Linse heran, konnte aber nichts sehen. Stand der Ankömmling absichtlich im Dunkeln, oder war das Licht im Treppenhaus bereits wieder erloschen ?
    Es klingelte zum dritten Mal. Sara legte die Sicherheitskette vor, drückte den Rücken durch und öffnete die Tür. Davor stand der Mann, der ihr von Weinstaubs Wohnung aus gefolgt war. Sara wollte die Tür schon wieder zuschlagen, aber der Mann konnte rechtzeitig eine braune Schuhspitze in den Türspalt schieben.
    »Excusez-moi, Madame.« Sein Tonfall war sachlich, nicht aggressiv. Sara musterte das pockennarbige Gesicht mit dem Dreitagebart und den braunen Mandelaugen.
    »Was wollen Sie?«
    »Mich einen Moment mit Ihnen unterhalten.«
    »Worüber?«
    »Darf ich eintreten?«
    Das Gesicht des Mannes machte im Lichtschein, der aus der Wohnung drang, einen harten Eindruck, strahlte aber nichts Bedrohliches aus.
    »Worum geht es?«
    Der Mann reichte Sara seine Visitenkarte. »Ich bin Luc Cresson. Psychologe.« Die eine Seite der Karte war englisch, die andere französisch bedruckt. Sara las sorgfältig: Luc Cresson, Psychologist-Exit counselor, 49 avenue des Ternes, 75017 Paris.
    Sara entfernte die Sicherheitskette und machte die Tür ganz auf. Der Mann trat in die Diele; er wirkte nicht bedrohlich, eher dankbar. Er hatte etwas von dem jungen Gérard Depardieu an sich: längere Haare, ausgeprägte Nase, hohe Wangenknochen. »Wissen Sie, was ein exit counselor tut?«, fragte er in verbindlichem Tonfall. »Müsste ich das wissen?«
    »Ich helfe den Opfern von Sekten und Kulten beim Ausstieg aus ihrer Gemeinschaft.« »Ich habe darüber in der Zeitung gelesen. Sie retten die Kinder reicher Eltern.« Der Blick des Mannes wurde schärfer. »Es geht nicht um den Reichtum. Ich scheffle kein Geld, indem ich Menschen in Not helfe«, sagte er ruhig, aber es lag etwas von gekränktem Stolz in seiner Stimme.
    »Warum sind Sie mir gefolgt?«
    »Ich habe gemerkt, dass Sie sich für Jacob Weinstaub interessieren.«
    Sara sah Luc Cresson abschätzig an. Er glich einer Mischung aus Akademiker und ehemaligem Boxer.
    »Nehmen Sie Platz.« Sie bedeutete dem Mann, ins Wohnzimmer zu gehen, und folgte ihm. »Wissen Sie etwas über Weinstaub?« »Ich habe einen Klienten in Lyon, dessen zweiundzwanzigjährige Tochter Mitglied eines Kults namens Der Neue Morgen ist.« Luc schob den >Nice-Matin< auf der Couch zur Seite und setzte sich. »Die junge Frau kennt Weinstaub, der mit in der Unglücksmaschine saß. Er gehörte zu den Führungspersonen des Neuen Morgens in Cannes. Und in seiner Wohnung hielt sich heute früh ein Haufen Amerikaner auf, von denen der Teufel weiß, was sie dort suchten.«
    Luc machte einen aufrichtigen Eindruck. Dennoch blieb Sara auf der Hut, als sie im Sessel ihm gegenüber Platz nahm. »Mir kam es so vor, als wären es Polizisten.« »Haben Sie die Männer auch gesehen?«
    »Ich bin am Haus vorbeigefahren.«
    »Darf ich fragen, warum Sie sich für Weinstaub interessieren?«
    »Wer sagt, dass ich mich für Weinstaub interessiere?«, fragte Sara ruhig. »Ich sah zwei fremde Männer aus der Wohnung einer ehemaligen Freundin kommen und bin ihnen gefolgt, bis zu dem Haus in der Rue Paschke.«
    »Hat Ihre Freundin etwas mit dem Neuen Morgen zu tun?«
    »Meine ehemalige Freundin«, korrigierte Sara und überlegte kurz. »Das ist das erste Mal, dass ich vom Neuen Morgen höre. Aber ich habe meine ehemalige Freundin auf der Straße in Begleitung eines Sektenmitglieds, das Flugblätter verteilte, gesehen. Das war irgendwie ... überraschend.«
    Sara änderte verlegen die Sitzhaltung. Es gefiel ihr nicht, mit einem wildfremden Menschen über Tina zu sprechen. »Sie sind also nach Cannes gekommen, um etwas über diese Sekte zu erfahren?«
    »Ich bin vor einer Woche angekommen und habe bei meiner Klientin mit der Intervention angefangen. Zunächst war es schwierig. Ich fand keinen rechten Kontakt zu Béa. Der Neue Morgen verfügt über einen ausgesprochen starken und konkreten Zugriff auf seine Mitglieder.«
    Sara hörte interessiert zu und fragte sich unwillkürlich, wie Christian wohl Cressons Aussagen kommentieren würde.
    »Bei meiner Arbeit kann der

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